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Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Titel: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marshall B. Rosenberg
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möchtest?“ Wenn sich jemand so einschaltet, kann das die Verschwendung wertvoller Gruppenzeit verhindern.
    In einer Gruppe wird viel Zeit dadurch vertan, daß die Sprecher nicht genau wissen, welche Resonanz sie auf ihre Worte haben möchten.
    Unterhaltungen schleppen sich oft dahin, ohne daß dabei Bedürfnisse erfüllt werden, weil unklar ist, ob der Initiator des Gesprächs das bekommen hat, was er oder sie haben wollte. Wenn man in Indien die Resonanz, die man wollte, in einem Gespräch, das von einem selbst initiiert wurde, bekommen hat, sagt man „bas“ (sprich: bus). Das heißt: „Du brauchst nichts mehr zu sagen. Ich bin zufrieden und jetzt bereit, mich etwas anderem zuzuwenden.“ Auch wenn ein solches Wort in unserer eigenen Sprache fehlt, können wir von der Weiterentwicklung und Förderung eines „bas-Bewußtseins“ in all unseren Interaktionen profitieren.

Bitten kontra Forderungen
    Bitten werden als Forderungen aufgefaßt, wenn der andere davon ausgeht, daß er beschuldigt oder bestraft wird, wenn er nicht zustimmt. Wenn jemand eine Forderung von uns hört, dann sieht er nur zwei Möglichkeiten: Unterwerfung oder Rebellion. In beiden Fällen wird die bittende Person als jemand wahrgenommen, der Zwang ausübt, und so läßt die Bereitschaft des Zuhörers, einfühlsam auf die Bitte einzugehen, rapide nach.
    Wenn jemand eine Forderung von uns hört, dann sieht er zwei Möglichkeiten: Unterwerfung oder Rebellion.
    Je mehr wir in der Vergangenheit anderen Vorwürfe gemacht, sie verdächtigt, bestraft oder ihnen Schuldgefühle aufgeladen haben, weil sie auf unsere Bitten nicht wunschgemäß reagierten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß unsere Bitten jetzt als Forderungen wahrgenommen werden. Wir bezahlen auch dafür, wenn sich andere solcher Taktiken bedienen. Je massiver den Menschen in unserem Leben Vorwürfe gemacht, sie bestraft oder dazu gedrängt wurden, sich schuldig zu fühlen, weil sie nicht das getan haben, was andere von ihnen wollten, desto wahrscheinlicher werden sie diese Last in ihre weiteren Beziehungen hineintragen und in jeder Bitte eine Forderung hören.
    So findet man heraus, ob es sich um eine Forderung oder eine Bitte handelt: Beobachten, wie sich der Sprecher verhält, wenn seine Bitte nicht erfüllt wird.
    Schauen wir uns zwei Varianten einer Situation an. Jack sagt zu seiner Freundin Jane: „Ich fühle mich einsam und hätte gerne, daß du den Abend mit mir verbringst.“ Ist das eine Bitte oder eine Forderung? Die Antwort lautet, daß wir es solange nicht wissen, bis wir sehen, wie Jack auf Jane reagiert, wenn sie nicht einwilligt. Angenommen sie erwidert: „Jack, ich bin sehr müde. Wenn du gerne Gesellschaft hättest, warum schaust du nicht nach jemand anderem, mit dem du den heutigen Abend verbringen kannst?“ Wenn Jack dann sagt: „Das ist typisch, daß du so selbstsüchtig bist!“, dann war seine Bitte in der Tat eine Forderung. Statt sich auf ihr Bedürfnis nach Ruhe einzustimmen, hat er ihr Vorwürfe gemacht.
    Es ist eine Forderung, wenn der Sprecher daraufhin kritisiert oder verurteilt.
    Es ist eine Forderung, wenn der Sprecher daraufhin Schuldgefühle „macht“.
    Sehen wir uns ein zweites Szenario an:
    Jack: „Ich fühle mich einsam und möchte gerne, daß du den Abend mit mir verbringst.“
    Jane: „Jack, ich bin sehr müde. Wenn du gerne Gesellschaft hättest, warum schaust du nicht nach jemand anderem, mit dem du den heutigen Abend verbringen kannst?“
    Jack dreht sich wortlos weg.
    Jane merkt, daß er gekränkt ist: „Gibt es etwas, das dir Kummer macht?“ 
    Jack: „Nein.“
    Jane: „Komm, Jack, ich merke doch, daß dich was bewegt. Was ist los?“ 
    Jack: „Du weißt, wie alleine ich mich fühle. Wenn du mich wirklich liebst, dann würdest du den Abend mit mir verbringen.“
    Anstatt sich in sie einzufühlen, interpretiert Jack erneut das Verhalten von Jane, diesmal als Beweis dafür, daß sie ihn nicht liebt und daß sie ihn zurückgewiesen hat. Je öfter wir eine Nicht-Zustimmung als persönliche Ablehnung interpretieren, desto häufiger werden unsere Bitten in Zukunft als Forderungen wahrgenommen. Das führt zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, denn je mehr die Leute Forderungen hören, desto weniger gerne sind sie in unserer Nähe.
    Wenn Jacks Bitte eine echte Bitte und keine Forderung wäre, hätte seine Reaktion auf Jane eine respektierende Anerkennung ihrer Gefühle und Bedürfnisse ausgedrückt, z. B: „Ja, bist

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