Gewitter der Liebe
war seine Ausbeute noch geringer. Mit nur einem Drittel kleiner Goldkiesel war der Lederbeutel gefüllt, den er heimbrachte.
»Drei Wochen hab ich dafür gebraucht«, murrte er. »Es wird immer schwieriger, etwas zu finden, weil immer mehr Männer kommen. Kaum hundert Dollar bekomme ich dafür.«
Julia versuchte ihn zu trösten, doch er war schlechter Laune und gab vor, müde zu sein und schlafen zu wollen. Sie sah es ihm nach, denn immerhin hatte er schwere Arbeit geleistet – aber glücklich war sie darüber nicht, dass Ross so unzufrieden geworden war.
Er blieb zwei Wochen und mit ihm seine schlechte Laune. Während Julia in der Pension arbeitete, zog es Ross oft in einen Saloon; Julia gefiel das nicht, aber sie wagte nicht aufzubegehren.
Das neue Haus war nun fast fertig, sodass es im Sommer, wie Ross versprochen hatte, einzugsbereit sein würde. Allerdings fehlte noch das Geld für Möbel, Gardinen und Haushaltsgeräte – Ross hatte nicht genug Gold gefunden, um all das anzuschaffen, was er Julia versprochen hatte. Mit dem Geld vom letzten Goldfund mussten erst einmal die Chinesen bezahlt werden, sodass kaum etwas übrig blieb – vom Heiraten war derzeit keine Rede mehr.
»Er hat so ein schweres Leben«, sagte sie zu Nathan, der Julia darauf ansprach, dass Ross immer öfter im Vergnügungsviertel gesehen wurde. »Ich mag es nicht, wenn er betrunken nach Hause kommt, aber ich kann ihn verstehen.«
»Ross ist nicht der Einzige, der ein schweres Leben hat.« Nathan schüttelte den Kopf. »Alle, die da draußen nach ein paar Goldkieseln suchen, sind mit der Vorstellung hergekommen, reich zu werden. Einige mögen es auch heute noch schaffen, aber die meisten werden früher oder später einsehen müssen, dass sich die Goldsuche nicht mehr lohnt. Es nützt nichts, seinen Kummer darüber im Alkohol zu ertränken – vor allem nicht, wenn man eine hübsche Frau hat, die zu Hause auf einen wartet.«
Wortlos hörte Julia sich die anklagenden Worte an. Nathan hatte ja recht, doch er war ein anderer Mensch als Ross – bodenständig und nüchtern denkend. Aber liebte sie nicht gerade das Abenteuerliche an Ross, seinen umwerfenden Charme und seine Begeisterung für das Neue?
»Wo ist er gerade?«, fragte Nathan in ihre Gedanken hinein. Als Julia zur Pension gegangen war, hatte er auf der Wohnzimmercouch herumgelümmelt und in der Tageszeitung geblättert.
Eigentlich hatte Julia nach der Arbeit gleich nach Hause eilen wollen, doch dann hatte sie Nathan spontan einen Besuch im Geschäft abgestattet, weil es auf dem Weg lag. Es tat gut, einen Freund zu haben, dem man all seine Sorgen anvertrauen konnte.
»Ich sollte jetzt gehen«, sagte sie. »Vielleicht bleibt Ross heute Abend zu Hause und hat Hunger. Morgen will er wieder aufbrechen, da soll er nicht mit leerem Magen gehen.«
Nachdenklich blickte Nathan ihr durch die Schaufensterscheibe hinterher. Warum hatte sie sich nur für diesen Taugenichts entschieden, fragte er sich mit grimmiger Miene. Doch bevor er sich selbst eine Antwort geben konnte, bimmelte die Türglocke, und ein paar Neuankömmlinge traten ein, um sich für die Goldsuche auszurüsten.
Julia fand Ross schlafend auf der Couch vor, die einzelnen Blätter der Zeitung rings um ihn auf dem Fußboden verteilt. Liebevoll betrachtete Julia ihn, dann schlich sie auf Zehenspitzen in die Küche, um eine kräftige Mahlzeit für ihren Liebsten zuzubereiten.
Er wurde wach, als Julia die Töpfe vom Herd nahm. Seine Laune hatte sich sichtlich gebessert, denn während des Essens war er wieder der gutgelaunte Mann mit den tausend Ideen, in den sie sich einst verliebt hatte. Aller Pessimismus schien verflogen zu sein, und er wirkte so aufgedreht wie vor seinem ersten Gang zu den Goldfeldern.
»Einige Männer behaupten, dass es zehn Meilen weiter östlich einen Flussarm gibt, an dem noch niemand war, weil er zu abgelegen ist. Ich werde Josh und Gerald überreden, mit mir dorthin zu gehen.«
Von Ross wusste Julia, dass auch die Brüder nur mäßige Erfolge bei der Goldsuche vorweisen konnten, doch er behauptete, dass die beiden viel zu schnell aufgaben, weil sie zu wenig Ehrgeiz besaßen.
»Dann wirst du diesmal also noch länger fortbleiben?«, fragte Julia zaghaft und starrte auf ihren Teller.
»Nicht unbedingt, Liebling. Wenn es stimmt, was die Männer behaupten, dann kann ich das Gold direkt aus dem Wasser klauben. Und beim nächsten Mal habe ich genug gefunden, um unser Haus einrichten zu
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