Gezaehmt im Bett einer Lady
schwöre, der Mann fleht geradezu darum, dass ihm der besoffene Schädel von den Schultern getrennt wird.“ „Ainswood?“ Sie reckte den Hals, konnte jedoch in dem Gewühl keine Gesichter wiedererkennen.
„Du musst nicht zu ihm zurückgucken“, sagte Dain. „Er ist so ein Idiot, er wird das nur als Ermutigung werten. Oh, wunderbar, jetzt ist Tolliver auch noch dabei. Und Vawtry ebenso.“
„Ich bin sicher, dass sie dich anschauen“, sagte Jessica beschwichtigend, während ihre Stimmung stieg. Der Grobian schien wirklich eifersüchtig zu sein. „Sie hatten vermutlich Wetten darauf abgeschlossen, ob du kommst, und Ainswood starrt mich nicht lüstern an, sondern triumphierend, weil er gewonnen hat.“
„Dann wünschte ich, ich wäre zu Hause geblieben, im Bett.“ Dain sah sie unter zusammengezogenen Brauen an. „Aber nein, das Leben meiner Frau wird bedeutungslos sein, wenn sie diesen einen Ringkampf nicht ansehen kann, und daher ...“
„Und daher hast du deine Bequemlichkeit geopfert, um mir nachzugeben. Dann, nach all der Mühe, stellt sich heraus, dass es gar kein richtiger Kampf ist. Du bist verärgert, weil du wolltest, dass es ein echtes Erlebnis für mich wird, und du denkst, es wäre verdorben.“
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Jessica, du redest mir nach dem Mund. Ich bin kein Kind. Ich hege eine heftige Abneigung dagegen, dass man mir nach dem Mund redet.“
„Wenn du das nicht willst, dann solltest du aufhören, wegen allem und jedem zu quengeln, und offen heraus sagen, was los ist.“ Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Ringkämpfer. „Ich bin kein Gedankenleser.“
„Quengeln?“, wiederholte er, und seine Hand rutschte von ihrer Schulter. „Quengeln?“
„Wie ein Zweijähriger, der um sein Mittagsschläfchen gebracht wurde“, teilte sie ihm mit.
„Ein Zweijähriger ?“
Sie nickte; zwar blieb ihr Blick auf den Kampf gerichtet, ihre Aufmerksamkeit galt aber wieder dem empörten Mann neben ihr.
Er nahm einen ... zwei... drei... wütende Atemzüge. „Wir gehen“, sagte er knapp. „Zurück zur Kutsche. Jetzt sofort .“
Dain schaffte es nicht zur Kutsche. Er schaffte es gerade so zum äußeren Rand der Zuschauer, und die Kutsche stand noch ein ganzes Stück entfernt, dank ihrer späten Ankunft und wegen der Unmengen Gefährte und Wagen, die vor ihnen hier gewesen waren. Wappengeschmückte hochherrschaftliche Kutschen standen dicht neben einfachen Bauernkarren, und die schlecht gelaunten Geschöpfe, die mit der Aufgabe zurückgelassen worden waren, auf die Tiere zu achten, machten ihrem Ärger Luft, indem sie sich lauthals miteinander stritten.
Da er selbst seinem Ärger Luft machen musste und zudem der Überzeugung war, dass er explodieren würde, lange bevor er ihre Kutsche fand, brachte Dain seine Ehefrau in aller Eile zu dem ersten menschenleeren Platz in der Nähe, den er erspähte.
Es war ein Friedhof, zu dem eine kleine baufällige Kapelle gehörte, von der Dain bezweifelte, dass dort seit der Armada irgendwelche Gottesdienste stattgefunden hatten. Die Grabsteine, deren Inschriften längst in der salzigen Luft verwittert waren, neigten sich trunken in alle möglichen Richtungen, nur nicht aufrecht nach oben. Die wenigstens, die den Anschein erwecken wollten, überhaupt zu stehen. Beinahe die Hälfte von ihnen hatte den Versuch offenbar schon vor Urzeiten aufgegeben und lag, wo sie hingefallen waren, umstanden von hohem Unkraut - wie Taschendiebe, die sich um einen betrunkenen Seemann scharten.
„Es ist fast so, als existiere dieser Ort hier gar nicht“, sagte Jessica und schaute sich um, schien die große Hand gar nicht zu bemerken, die ihren Arm umklammerte, während Dain sie mit sich weiterzog. „Als ob niemand wüsste oder sich dafür interessierte, dass es den Friedhof hier überhaupt gibt. Wie merkwürdig.“
„Du wirst es in einem Moment nicht mehr so merkwürdig finden“, teilte er ihr mit. „Dann wirst du dir wünschen, dass du nicht existiertest.“
„Wohin gehen wir eigentlich, Dain?“, fragte sie. „Ich bin mir sicher, dass das hier keine Abkürzung zur Kutsche ist.“
„Du kannst dich glücklich schätzen, wenn es keine Abkürzung zu deiner Beerdigung wird.“
„Oh, sieh nur“, rief sie. „Was für ein herrlicher Rhododendron!“
Dain musste ihrem ausgestreckten Finger nicht folgen. Er hatte den riesigen Strauch mit den Unmengen weißer, rosa und lila Blüten bereits gesehen. Ebenso hatte er den säulengerahmten
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