Gezähmt von sanfter Hand
einmal durch den Raum schweifen, ohne sich jedoch wieder hinzusetzen. Nach einem kurzen Augenblick, als sich die Aufmerksamkeit wieder auf ihn konzentrierte, auf seine eindrucksvolle, dominierende Gestalt, sagte er mit gedämpfter, jedoch klarer Stimme: »Ich gebe euch und dem Tal nun das gleiche Versprechen, das ich auch schon eurer Herrin gegeben habe.« Ein kurzer Blick von Richard lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf Catriona, dann wandte Richard sich wieder der Tischrunde zu und hob abermals sein Glas. »Als Gemahl eurer Herrin werde ich die Sitten und Gebräuche des Tales ehren und achten und euch und das Tal vor allen Gefahren beschützen.«
Richard trank den Wein in einem Zug aus und setzte das Glas wieder ab, während plötzlich von allen Seiten frenetischer Applaus ertönte. Währenddessen setzte sich Richard wieder – und instinktiv legte Catriona ihm eine Hand auf den Arm. Er schaute sie an – sie lächelte kurz, blickte dann aber rasch wieder zur Seite.
Und grübelte im Stillen darüber nach, was Richard sie da gerade hatte spüren lassen – sie alle hatte spüren lassen –, in diesen wenigen kurzen Augenblicken, mit diesen wenigen, schlichten Worten. Beschwörenden Worten – denn auch Catriona hatte den Sog verspürt, die Wirkung erlebt, die diese Worte auf ihre Dienerschaft gehabt hatten – ihre Leute waren bereits auch die seinen geworden. Und das, obwohl Richard doch erst vor wenigen Stunden die Türschwelle überschritten hatte.
Den Rest der Mahlzeit hindurch dachte Catriona über diese Tatsache nach. Und vermied es kategorisch, Algaria anzusehen, obgleich sie deren finsteren Blick nur allzu deutlich auf sich spürte. Und ihre Gedanken nur allzu leicht erraten konnte.
Doch wie auch immer … Catriona wusste tief in ihrem Innersten, dass nun alles genauso war, wie es sein sollte. Welchen Verlauf ihre Ehe nehmen würde, konnte sie im Augenblick noch nicht sehen. Dass Richard eine sehr dominierende Kraft innewohnte, hatte sie bereits gewusst, bevor sie ihm begegnet war; was letztendlich ja auch der Grund dafür gewesen war, weshalb sie Richard zunächst nicht für einen geeigneten Ehemann gehalten hatte. Die Herrin aber war da ganz offensichtlich anderer Ansicht gewesen.
Was ja auch alles gut und schön war; sie war es jedoch, die mit seiner beunruhigenden Gegenwart fertig werden musste.
Völlig aus dem Gleichgewicht und von dem dringenden Bedürfnis erfüllt, etwas Ruhe und Entspannung zu finden, wartete Catriona, bis das Dessert abgeräumt wurde, und legte ihre Serviette beiseite. »Ich fürchte, dass mich die Reise stärker strapaziert hat, als ich zunächst angenommen hatte.« Sie schenkte McArdle ein Lächeln. »Ich muss jetzt einfach ins Bett.«
»Aber natürlich, natürlich.« McArdle erhob sich, um Catrionas Stuhl zurückzuziehen, lächelte dann kurz über ihren Kopf hinweg und setzte sich wieder.
Catriona spürte, wie sich ihr Stuhl bewegte, und blickte sich verdutzt um. Hinter ihr stand Richard. Sie lächelte ihm zu, dann Mrs. Broom und schließlich dem Rest der Tischrunde. »Gute Nacht.«
Alle nickten ihr zu und erwiderten ihr Lächeln. Richard zog Catrionas Stuhl weiter zurück, und sie schlüpfte an ihm vorbei. Sie eilte durch den Bogengang hindurch und dem Korridor zu, der zu den Treppen führte.
Sie senkte ihren Blick auf den Boden und grübelte über ihre ungewohnte Gemütsverfassung nach – über die Unsicherheit, dieses Gefühl, aus der Mitte herausgerissen worden zu sein, das sie in genau jenem Moment ergriffen hatte, als sie über die Schwelle ihres eigenen Hauses geschritten war, mit Richard an ihrer Seite.
Erst als sie vor ihrer Zimmertür angekommen war, erwachte Catriona aus ihrer Gedankenversunkenheit – und stellte fest, dass sie in tiefer Dunkelheit stand. Sie hatte vergessen, von dem Tisch in der Eingangshalle eine Kerze mitzunehmen. Glücklicherweise brauchte sie jedoch nichts zu sehen, um in ihr Zimmer zu finden, denn sie war ja in diesem Haus geboren. Sie streckte die Hand nach dem Schnappriegel aus …
Und hätte vor Schreck beinahe laut aufgeschrien, als plötzlich eine schattenhafte Gestalt um sie herumlangte, den Schnappriegel ergriff und ihn hochzog.
Eine Hand an ihrer Kehle, wirbelte Catriona herum – und noch bevor sie ihn sehen konnte, erkannte sie, wer das war. » Richard!«
Richard erstarrte. »Was ist denn los?«
Dann schwang die Tür zu ihrem Zimmer auf und enthüllte den ihr vertrauten, vom flackernden Schein des Kaminfeuers
Weitere Kostenlose Bücher