Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
ich bin zu Fuß.«
»Dann fahre ich Sie in meiner Kutsche. Zuerst möchte ich allerdings Ackerbys Handlanger befragen, wo ich ihn finde. In der Zwischenzeit sollten Sie sich frischmachen. Ihre Braut könnte erschrecken, Sie so zu sehen.«
Für einen Moment sah Rayne zu Madeline, als wollte er noch etwas sagen.
Dann ging er ohne ein weiteres Wort hinaus.
Gleich darauf kam Mrs Pilling herein, die eine Schüssel mit warmem Wasser, einen Tiegel Salbe und ein paar Tücher brachte. Madeline war dankbar für die Ablenkung und machte sich sofort daran, die Wunden ihres Bruders zu versorgen.
Wahrscheinlich würde ihr Bruder ungeschoren aus dieser Geschichte herauskommen, seine Liebe und seine Zukunft sicher, wohingegen Madeline weder für ihre Liebe noch für ihre Zukunft hoffen konnte.
Achtzehntes Kapitel
Ach, Maman, hätte ich doch nur besser achtgegeben auf mein Herz! Nun muss ich bitter bezahlen.
Rayne mied es, über die Zukunft seiner Ehe nachzudenken, zumal es Dringlicheres zu erledigen gab. Zunächst musste er Gerard Ellis zu dessen Braut zurückbringen und dann Ackerby überzeugen, nicht gegen ihn vorzugehen.
Madeline hatte nicht bloß die Wahrheit gesagt und aus gänzlich unschuldigen Beweggründen heraus gehandelt, nein, sie hatte tatsächlich versucht, ihn zu schützen. Sie wollte ihn und seine Familie vor dem Skandal bewahren, den ihr Bruder mit seinem idealistischen, liebesgetriebenen Handeln herbeiführen könnte.
Wie konnte er so blind gewesen sein, was Madelines wahres Wesen betraf, fragte Rayne sich, während seine Kutsche die Landstraße entlang zu dem Bauernhaus fuhr, in dem Ellis‘ Braut sich versteckte. Wie konnte er Madeline so vollkommen falsch einschätzen?
Nun saß sie ihm gegenüber, neben ihrem Bruder, und lauschte Ellis, der ihr von der heimlichen Vermählung in Schottland erzählte und von seinem Eheleben schwärmte. Ihr Bruder war bester Laune, seit es schien, als wäre seine Notlage bald schon überstanden.
Madeline indes war ungewöhnlich still – und Rayne wusste, dass er der Grund war.
So unsagbar froh Rayne auch war, dass sich sein
Verdacht als unbegründet erwiesen hatte, peinigten ihn tiefe Schuldgefühle.
Wenigstens dürften die Verhandlungen mit Ackerby leichter werden als die Lösung seiner eigenhändig heraufbeschworenen Eheprobleme. Es hatte keine Mühe gekostet, alle Informationen von den Schergen zu bekommen, die er wollte.
Nachdem die Haushälterin sich selbst unter Gewalt weigerte, den Aufenthaltsort von Ellis und seiner jungen Braut preiszugeben, hatte Ackerby den Vicomte und die Vicomtesse befragt, wo er ihre Tochter fände. Und als sie hörten, dass ihr neuer Schwiegersohn ein Dieb wäre, hatten sie alles gestanden, um Lynette vor einer Strafverfolgung zu schützen.
Gestern schickte Ackerby vier Männer nach Maidstone vor, auf dass sie Ellis bei Claude Dubonet aufgriffen. Bei ihrer Ankunft am Abend, hatten sie allerdings nur das leere Cottage vorgefunden. Sie beobachteten es die ganze Nacht und auch den Morgen, bis der Hunger drei von ihnen zum Gasthof trieb, wo sie zufällig den Gesuchten entdeckten. Ihr Plan war gewesen, Ellis zum Cottage zu bringen und dort auf weitere Instruktionen von Lord Ackerby zu warten, der heute Nachmittag eintreffen sollte.
Rayne wollte das Überraschungsmoment nutzen und selbst zum Cottage fahren, wo er Ackerby erwartete. In der Zwischenzeit brachte James die drei Handlanger ins Gefängnis von Maidstone.
Als die Kutsche vor dem Bauernhaus hielt, sprang Ellis sofort heraus und Madeline, die offenbar keine Sekunde mit Rayne allein sein wollte, tat es ihm gleich.
Rayne beobachtete, wie Bruder und Schwester gemeinsam ins Haus gingen. Er selbst stieg aus und ging ein paar Schritte, bis er zwischen den Farmgebäuden
hindurch auf die weichen Hügel von Kent blicken konnte.
Der frische Wind roch nach Herbst, und graue Wolken flogen über den Himmel. Rayne war so tief in Gedanken, dass er von all dem überhaupt nichts richtig wahrnahm. Stattdessen dachte er an die Wunde auf Madelines Wange.
Und sein schlechtes Gewissen plagte ihn umso mehr.
Er war bereit, jeden Preis für die Halskette zu zahlen. Die Kosten kümmerten ihn nicht, denn Madeline würde erst zur Ruhe kommen, wenn ihr Bruder außer Gefahr war. Und Rayne schuldete ihr einiges nach den bodenlosen Anschuldigungen, die er gegen sie erhoben hatte.
Fraglos hätte Madeline beim ersten Anzeichen von Problemen zu ihm kommen sollen. Aus übertriebenem Stolz hatte sie den drohenden
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