Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
gewöhnlich setzt sie ihren Willen durch. Sie behauptet, bald ihren letzten Atemzug zu tun. Wenn Sie mich fragen, ist das schlichte Erpressung.«
»Will Lord Haviland denn nicht heiraten?«
»Das kann man so nicht sagen. Es sind weniger die Ketten des Ehelebens, die er scheut, als die der feinen Gesellschaft. Aber seine Großmutter ist ausgesprochen standesbewusst – wie mein Papa, nur eine Generation älter – und glaubt fest, dass Rayne zu einem anständigen Adligen wird, sobald er erst gut verheiratet ist. Lady Haviland irrt, wenn Sie mich fragen. Rayne würde niemals seinen Charakter ändern, nur
um seiner Großmutter zu gefallen, selbst wenn er sich ihren Wünschen beugt, was eine Heirat betrifft.«
Freddie ließ Madeline keine Zeit, etwas zu sagen. Stattdessen grinste er und redete weiter. »Ich möchte wahrlich nicht in seiner Haut stecken. Wäre ich an seiner Stelle, würde ich mir so viel Zeit lassen wie möglich und meine letzten Momente in Freiheit genießen. Aber Rayne ist anders. Zum Beispiel hätte er heute Abend gar nicht herkommen müssen. Er hat ein paar Tage Ruhe vor seiner Großmutter, denn die ist noch bei einer Hausgesellschaft, die Lady Beldon in Brighton gibt. Lady Haviland ist eine Busenfreundin von Lady Beldon, die wiederum die Tante mütterlicherseits von Lord Danvers ist.«
Madeline kräuselte die Stirn, während sie versuchte, den Verwandtschaftsverhältnissen zu folgen. Freddie schüttelte sich übertrieben. »Es ist erschreckend, wie auf einmal das Heiraten in der Luft zu liegen scheint.«
»Was meinen Sie?«
»Na ja, die drei Loring-Schwestern haben alle kürzlich geheiratet, und Danvers‘ kleine Schwester, Lady Eleanor, verlobte sich letzte Woche mit dem Viscount Wrexham. Jetzt wird Rayne wohl der Nächste sein.«
Madeline wurde aufs Neue das Herz schwer. »Hat er schon eine engere Auswahl getroffen?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort eigentlich nicht wissen wollte.
Entsprechend war sie erleichtert, als Freddie verneinte. »Bisher hat er sich nur unter den jungen Damen umgesehen, die seiner Großmutter gefallen würden. Aber ich glaube, dass er sich anderweitig umschauen muss, wie ich ihm erst heute sagte.«
Auf einmal sah er Madeline prüfend an, was sie gar nicht bemerkte, weil sie über die deprimierende Möglichkeit nachdachte, dass Haviland bald heiratete,
und sich fragte, welche Damen die Zustimmung seiner Großmutter fänden.
Sie auf keinen Fall, denn ihr mangelte es sowohl an Schönheit als auch an Vermögen. Noch dazu war sie nicht besonders elegant oder damenhaft, auch wenn sie die Tochter eines Gentlemans war.
Madeline verstand nicht, weshalb sie auf einmal so niedergeschlagen war. Bis vor drei Tagen war sie mit ihrem Los zufrieden gewesen. All das Gerede über Havilands Heiratsaussichten musste verborgene Sehnsüchte in ihr geweckt haben.
Um sich von selbigen abzulenken, wechselte Madeline das Thema. »Mir scheint, mit Erpressung haben Sie selbst unangenehme Erfahrungen gemacht, Mr Lunsford.«
Er seufzte. »Ja, Solange Sauville. Sie ist eine französische Witwe, die ein gewisses Prestige in literarischen Kreisen genießt. Ich ließ mich von ihrer Schönheit blenden. Mein Vater wäre entsetzt, sollte ihm zu Ohren kommen, wie tief ich sank, und das nicht bloß, weil er Zügellosigkeit in jeder Form ablehnt, sondern besonders, weil ihm die Franzosen zuwider sind.«
Derlei Empfindungen waren Madeline nicht neu. In der englischen Aristokratie verachteten viele das Volk, das seinen König, seine Königin und unzählige andere Adlige köpfte, weil sie blaublütig waren. »Ich bin übrigens zur Hälfte Französin.«
»Wenigstens sieht man es Ihnen nicht an«, sagte Freddie in seiner unverblümten Art. »Madame Sauville sieht französisch aus und klingt auch französisch. Ich hätte mich nie mit ihr einlassen dürfen, das weiß ich heute. Aber mein Vater würde mir niemals glauben, dass ich meine Lektion gelernt habe.«
»Wissen Sie schon, wie Sie sich aus Ihrer misslichen Lage befreien?«
»Am Dienstagabend will Rayne zur Soiree bei La Sauville in London gehen und meine Briefe zurückholen. «
Madeline blickte ihn erstaunt an. »Wie ich zufällig hörte, sagten Sie, dass die Briefe in ihrem Schlafgemach wären.«
»Das behauptet sie. Rayne hofft, sie dort zu finden. «
»Ich frage mich, ob ich nicht doch helfen kann«, murmelte sie nachdenklich.
Freddie zog beide Brauen hoch. »Wie das, Miss Ellis? «
»Nun, ich könnte Lord Haviland zur Soiree
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