Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
Anmaßungen der Gesellschaft überhaupt. So viel eitles Vergnügen erscheint mir nach Jahrzehnten kriegerischer Konflikte auf dem ganzen Kontinent frivol. Mich erstaunte stets, wie wenig die feinen Kreise das blutige Gemetzel zu rühren schien, von dem sie lediglich ein schmaler Kanal trennte.«
Starkes Mitgefühl regte sich in Madeline, als sie daran dachte, wie viel Krieg und Tod Haviland gesehen haben musste. »Ja, das ist wahr. Und ich bin es gewöhnt, tätig zu sein, nicht eitlem Vergnügen zu frönen.«
»Genau wie ich. Doch Sie sind keine Bedienstete in diesem Hause, Miss Ellis. Sie sind ein Gast und als solcher haben Sie das Recht, sich heute Abend zu amüsieren.«
»Ich weiß.«
Stumm musterte er sie, als suchte er nach etwas, das ihre Züge ihm verraten könnten.
Je länger die Stille andauerte, umso unbehaglicher wurde Madeline.
»Warum sind Sie hier, Mylord? Sollten Sie nicht Ihrer zukünftigen Braut den Hof machen?«
Er zögerte, dann schmunzelte er betont unglücklich. »Müssen Sie mich daran erinnern?«
»Sie sind derjenige, der sagte, dass Sie diesen Abend zur Suche nach einer geeigneten Kandidatin nutzen wollten.«
»Ich dachte, ich hätte eine kleine Pause verdient. Aber Sie verschwanden, ehe ich Sie zu einem Walzer bitten konnte.«
Sie staunte. »Sie wünschten, mit mir Walzer zu tanzen? «
»Was überrascht Sie daran? Sie wären eine weit anregendere Partnerin als jede der anderen Damen, mit denen ich heute Abend tanzte.«
Madeline sah ihn verärgert an. »Ich tanze keinen Walzer, Mylord.«
»Ach nein? Warum nicht?«
»Ich habe es nie gelernt.«
»Ein unverzeihliches Versäumnis.«
Womit er einen empfindlichen Punkt traf. »Zweifellos, nur wann hätte ich Gelegenheit gehabt, Walzer zu lernen?«, fragte sie. »Ich war schon als Gesellschafterin beschäftigt, als der Tanz vor zwei Jahren vom Kontinent zu uns kam, und nicht in der Situation, mir einen Tanzlehrer zu nehmen.«
Madeline bemerkte, dass sie übertrieben spitz wurde, und fügte mit einem entschuldigenden Lächeln hinzu: »Außerdem hielt Lady Talwin den Walzer für eine vulgäre Zurschaustellung von Hedonismus.«
Haviland neigte den Kopf zur Seite und sah sie an. »Sie könnten auch Whist spielen. Unten sind zwei Kartensalons für diejenigen, die nicht gern tanzen.«
»Nein, das wäre nicht klug. Beim Whist steche ich jeden aus.«
Er lächelte. »Ach, wirklich?«
»Ich prahle nicht. Lady Talwin und ich spielten oft um imaginäre Pennys, und sie verabscheute es, wenn ich nicht mein Bestes gab. Hier würde ich zweifelsohne gewinnen, und ich möchte Lady Danvers‘ Gäste nicht um ihre Spieleinsätze bringen. Es wäre keine Art, mich für ihre Freundlichkeit zu bedanken.«
»Nein, wohl nicht«, stimmte er ihr zu. »Nun gut. Da Sie nicht Karten spielen wollen, erlauben Sie mir, Ihnen den Walzer beizubringen.«
» Hier? «, fragte sie entsetzt.
»Was wäre geeigneter? Hören Sie, wir haben sogar Musik.«
Tatsächlich drangen Walzerklänge durchs halboffene Fenster herein, wie Madeline feststellte.
»Kommen Sie«, murmelte Haviland. »Lassen Sie es sich von mir zeigen.«
Ihr Herz vollführte einen Sprung, als er einen Schritt näher kam, und sie versteifte sich, sowie er ihre Hände ergriff.
Sie hatte keine Angst vor ihm, beteuerte Madeline im Geiste, während er ihre rechte Hand auf seine Schulter legte und ihre linke mit seiner viel größeren umfasste. Nein, sie fürchtete sich davor, was mit ihr geschah, wenn er sie berührte.
Die überwältigende Wirkung, die Haviland auf sie ausübte, ängstigte sie. Kaum berührte er sie, konnte sie nicht mehr denken.
Zu ihrer Verwunderung machte er keine Anstalten, ihr die richtigen Tanzschritte beizubringen. Stattdessen hielt er sie einfach in seiner leichten Umarmung und sah sie an.
Madeline wartete, vollkommen erstarrt, während ihr Herz wild pochte. Ihr war, als würde sie in seinen saphirblauen Augen ertrinken. Seine bloße Präsenz überwältigte ihre Sinne, und seine Wärme hüllte sie buchstäblich ein.
Ihr Blick fiel auf seinen Mund, diesen festen, sinnlichen Mund, der ihr gestern Abend solche Wonnen bereitet hatte … Gütiger Himmel, war es erst gestern gewesen, dass Haviland sie küsste?
Eine heftige Sehnsucht überkam sie, der dringliche Wunsch, er möge abermals ihre Lippen auf jene betörende Weise einnehmen.
»Nein«, hauchte sie. »Ich kann nicht …«
Im verzweifelten Bemühen, die Kontrolle wiederzuerlangen, löste sie sich aus seiner Umarmung.
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