Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
nur mit ihr, dass sie die Anschuldigungen
auf einmal nicht mehr vehement von sich wies? Andererseits mochte Ackerby ein Wüstling sein, doch er käme nicht den weiten Weg hierher, um ihr haarsträubende Lügen zu erzählen. Und seiner Miene nach war es ihm vollkommen ernst.
Während sie mit sich rang, was sie sagen sollte, huschte ein zufriedener Ausdruck über die Züge des Barons. »Ich schätze, es wäre Ihnen nicht recht, sollten Ihre neuen Freunde« – er wies zum Herrenhaus – »erfahren, dass Ihr Bruder ein gemeiner Dieb ist. Es würde kein gutes Licht auf Sie werfen, Madeline, und könnte Sie sogar Ihre Stellung kosten.«
»Ich vermute, Sie wollen es ihnen erzählen.«
»Das kommt darauf an.«
»Auf was?«
»Ihre Selbstlosigkeit. Sind Sie bereit, etwas für Ihren Bruder zu opfern?«
»Sie sprechen in Rätseln, Lord Ackerby«, erwiderte Madeline, die seiner Andeutungen gründlich überdrüssig war.
»Dann lassen Sie mich deutlicher werden. Ich wäre gewillt, über das Vergehen Ihres Bruders hinwegzusehen, im Austausch gegen … gewisse Zugeständnisse Ihrerseits.«
Sie wusste leider zu gut, welche Zugeständnisse gemeint waren. Also war der eigentliche Grund, weshalb Ackerby sie bis Danvers Hall verfolgte, der, dass er nach wie vor entschlossen war, sie zu seiner Mätresse zu machen! Ihre wiederholte Ablehnung nahm er nicht hin, und nun setzte er perfide ein höchst wirksames Druckmittel gegen sie ein.
Sie biss die Zähne zusammen. In diesem Moment begriff sie, wie Freddie sich gefühlt haben musste, als er erpresst wurde. Ackerby wusste, dass sie beinahe alles täte, um Gerard zu schützen. Aber so leicht
beugte sie sich Ackerby nicht. »Wie ich Ihnen bereits sagte, werde ich nicht Ihre Geliebte.«
»Nicht einmal, um Ihren Bruder zu retten?«
»Sie können nicht sicher sein, dass er überhaupt schuldig ist!«
»Oh, das ist er sehr wohl. Und ich werde es letztlich beweisen. Bis dahin wäre es Ihnen fraglos lieber, sollten Ihre neuen Arbeitgeber nichts von den Verdächtigungen erfahren.«
»Nur zu, richten Sie allen Schaden an, den Sie wollen«, bluffte sie.
Ackerby schien wenig angetan von dieser Erwiderung. Sein Gesicht rötete sich vor Wut, und Madeline überlegte, ob sie die Situation womöglich falsch anging. Selbst wenn Gerard vollkommen unschuldig war, könnte Ackerby ihrem Ruf gewaltig schaden, indem er seine Vorwürfe publik machte. Und es wäre fatal, sollte Madeline ihre Stellung aufgrund eines Skandals verlieren.
Ebenso wenig wollte sie, dass Rayne von der Angelegenheit erfuhr. Er mochte den Diebstahl eines Brotlaibs für verzeihlich halten, wenn er aus purer Not erfolgte, aber niemals könnte er den eines wertvollen Erbstücks akzeptieren.
Madeline brauchte Zeit. Sie musste herausfinden, ob Gerard wirklich schuldig war. In dem Fall würde sie ihn zur Vernunft bringen und dafür sorgen, dass er den gestohlenen Schmuck zurückgab, ehe er damit entdeckt und verhaftet wurde.
Bemüht versöhnlich sagte sie: »Es gibt keinen Grund, dass Sie mit irgendjemandem hier in Chiswick über Ihren Verdacht reden, Mylord. Sie könnten sich irren, und falsche Anschuldigungen würden kein gutes Licht auf Sie werfen. Sollte mein Bruder die Halskette haben, was ich nicht glaube,
werde ich persönlich ihn veranlassen, sie zurückzugeben. «
»Ich fürchte, Ihre Beteuerung genügt mir nicht.«
Das Funkeln in Ackerbys Augen verriet Madeline, wie sehr er ihre Not genoss. Umso mehr wunderte Madeline, dass er auf einmal einzulenken schien. »Vielleicht können wir einen Kompromiss finden, meine Teure.«
»Was für einen Kompromiss?«
»Ich begnüge mich mit einem Kuss.«
Scham und Wut überkamen Madeline angesichts seiner Unverfrorenheit. Ackerby nutzte abermals ihre Wehrlosigkeit aus, wie er es kaum einen Monat nach dem Ableben von Lady Talwin schon getan hatte, als er ihr das unglaubliche Angebot machte, sie zu seiner Mätresse zu nehmen.
Sein Blick fiel auf ihre Lippen, und Madeline graute vor der Vorstellung, den abstoßenden Baron zu küssen. Zumindest hatte sie die Gartenschere griffbereit, sollte sie sich verteidigen müssen.
»Verstehe ich Sie richtig?«, fragte sie. »Wenn ich Sie jetzt küsse, erlauben Sie mir, mit meinem Bruder zu reden, damit er Ihnen den Schmuck wiedergibt – falls er ihn überhaupt hat? Und bis dahin sagen Sie zu niemandem ein Wort über die fehlende Kette oder Gerards mögliche Rolle bei deren Verschwinden?«
»Ja, es wäre unser kleines Geheimnis. Haben wir eine
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