Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
solltest wissen, dass sie dir und deinen Schwestern die Schuld daran gibt.«
»Was? Wie könnten wir dafür verantwortlich sein, dass Drew auf den Klippen herumläuft? Das Grundstück gehört Kate, aber die Klippen sind eindeutig als gefährlich markiert und von einem Zaun umgeben und überall sind Warnschilder aufgestellt. Sie kann Kate nicht die Schuld zuschieben. Und uns allen schon gar nicht.«
»Anscheinend hat sie dich gebeten, Drew zu heilen.«
Libby presste sich eine Hand auf den Magen. Der Drang zu handeln wurde immer intensiver. Jemand war in einer verzweifelten Lage, und es war nicht Drew, der operiert werden musste. Sie spürte, wie sie nach links gezogen wurde, und sie machte sogar einen Schritt in diese Richtung, bevor sie etwas dagegen unternehmen konnte. »Ich kann Drew nicht heilen. Das habe ich ihr gesagt. Meine Schwestern sind mitgekommen, und wir haben hart daran gearbeitet, Zeit für ihn herauszuschinden, weil die Hoffnung besteht, dass man in der Forschung vorankommt.«
Es kostete Libby Mühe, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Das Thema war ihr wichtig, aber der fortwährende Sog, der von einem bestimmten Raum in der Notaufnahme
ausging, war stark. Durch die Trennscheibe aus Glas konnte sie jemanden sehen, der an Geräte angeschlossen war. Wer auch immer dieser Patient sein mochte, seine Lebenskraft floss stetig aus ihm heraus.
»Irene glaubt, dass Drew versucht hat, sich umzubringen.«
Damit zog sie Libbys Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Das ist unmöglich. Er hat jahrelang einen Kampf gegen die Leukämie geführt. Er war immer wild entschlossen, unter allen Umständen zu leben.«
»Sie hat ihn für ein experimentelles Programm mit einem neuen Medikament angemeldet, das vollständige Heilung in Aussicht stellt. Diesem Medikament gibt sie auch die Schuld und behauptet, eine der Nebenwirkungen seien Depressionen. «
Libbys Aufmerksamkeit war geweckt. »Doch nicht etwa PDG-Ibenregen?«
Linda nickte. »So heißt das Medikament. Wieso? Hast du schon davon gehört?«
»Ich habe Irene ausdrücklich davor gewarnt. Drew fällt in die Altersgruppe, in der vorläufige Untersuchungen Probleme mit Depressionen aufgezeigt haben. Ich war nicht der Meinung, dass dieses Medikament weit genug entwickelt ist, um es an Menschen zu testen, und genau das habe ich ihr gesagt.« Libby rieb ihre pochenden Schläfen und bemühte sich, dem Sog zu widerstehen, den der Patient im Nebenraum auf sie ausübte. »Warum um alles in der Welt hat sie nicht auf mich gehört? Sie hat mich danach gefragt, und ich habe mich eingehend damit beschäftigt. Es hat mich interessiert, weil das Medikament auf den Forschungen von jemandem aufbaut, mit dem ich zur Schule gegangen bin, aber in der ersten Phase der klinischen Versuche sind bei zwei Teenagern Probleme aufgetaucht und bei mir haben alle Warnlämpchen geblinkt. Eventuell erinnerst du dich noch an den Forscher, der die Grundlagen dafür geschaffen hat. Er heißt Tyson Derrick und wohnt
ab und zu bei seinem Cousin Sam Chapman hier an der Küste. Vor ein paar Jahren hat er für seine Studien zur Zellregeneration bei der Wundheilung einen Nobelpreis in Medizin bekommen. «
»Tja, der wird für nichts mehr einen Nobelpreis bekommen. Er war der Retter, der abgeseilt worden ist. Sein Rettungsgurt hat versagt, und er ist abgestürzt. Ein schweres Schädelhirntrauma und innere Verletzungen. Sie wollen ihn nach San Francisco fliegen, aber ich bezweifle, dass er die Nacht überleben wird.«
Libby holte hörbar Luft und presste eine Hand auf ihren Magen, der plötzlich in Aufruhr geraten war. »Tyson war der Retter?« Sie drehte ihren Kopf zu der gläsernen Trennwand um und versuchte, das Gesicht des Patienten zu sehen. »Bist du ganz sicher? Er ist Biochemiker. Ein namhafter Forscher. Er ist brillant. Absolut brillant. Jonas hat gerade erst gestern Abend erwähnt, dass Ty für das Forstamt arbeitet, aber ich hätte nicht geglaubt…« Sie ließ ihren Satz unvollendet.
»Seine Eltern sind vor ein paar Jahren gestorben und haben ihm mehr Geld hinterlassen, als ganz Sea Haven gemeinsam besitzt. Sam wird höchstwahrscheinlich alles erben. Es muss grässlich für ihn sein. Sie stehen einander sehr nahe, und Tyson ist sein einziger Verwandter.«
»Deshalb hat er beim Forstamt gearbeitet. Sam ist Feuerwehrmann. « Libby konnte ihren Blick nicht von der Glasscheibe losreißen. »Ich kann nicht glauben, dass das wirklich passiert ist. Wer hat Ty behandelt?«
»Tut mir Leid,
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