Gezeiten des Krieges
als sie ohnehin schon war. Er folgte dem Fahrer.
Eine kleine Gruppe Soldaten stand in der Nähe des Panzers und inspizierte die sechzig Tonnen schwere Maschine auf Schäden. Der San-ben-bing lief voraus zu einem kleineren Mann in einer einfachen grünen Panzerfahrermontur, einem gepolsterten Overall mit engen Manschetten und Stehkragen, einem beigefarbenen Torsopanzer und einer metallverstärkten Schirmkappe. Der Mannschaftsgrad deutete zurück auf Mai Wa, der gemächlicheren Schrittes unterwegs war.
Statt auf ihn zu warten, kam ihm Terrence McCar-ron entgegen und begrüßte ihn mit einem misstrauisch abschätzenden Blick und kräftigem Händedruck. Er war nicht ganz so klein, wie Mai Wa zuerst geglaubt hatte. Er hatte nur zwischen einigen ungewöhnlich großen Begleitern gestanden, die ihn jetzt schützend eskortierten. Kröteninfanteristen, die wohl eben erst aus der Rüstung gestiegen waren.
»Ni shi Mai Uhn Wa?«, fragte der Panzerkommandeur. Neng ren-shi ni.«
»Shi-fen gan-xie«, antwortete Mai überrascht und bedankte sich für den höflichen Empfang. Er hatte eine feindseligere Haltung erwartet. Sein Name war nicht gerade wohl gelitten. »Man hat Ihnen mein Kommen angekündigt?«
»Ja, unser Maskirovka-Verbindungsoffizier.« Er warf einen Blick auf die abfliegenden Hubschrauber. »Ich bin dankbar, dass er sich in Xiapu um unseren Nachschub kümmert.«
Das ließ sich sehr unterschiedlich auslegen. Mai betrachtete den ranghöchsten Offizier der Konföderation auf Liao, nach einem älteren Bruder zweiter Anwärter auf den Oberbefehl über die Armored Cavalry. Terrence McCarron war Ende zwanzig, Anfang dreißig. Er trug das rote Haar kurz geschoren und einen nicht vorschriftsmäßigen Ohrring auf der linken Seite. Einen goldenen Ring. Er strahlte gleichzeitig jugendliche Arroganz und die erfahrene Kraft eines Veteranen aus, der der perfekte Kommandeur für eine Vorauseinheit war, die einige Zeit ohne Unterstützung agieren musste. Ein Anführer, dem andere, ohne zu fragen, folgten.
Mai deutete mit dem Kopf auf den beschädigten Po II. »Ihrer?«, fragte er.
»Meiner. Nicht Ceres-Metalls bestechendste Leistung, aber ein zäher alter Kasten.«
»Man hat mir zu verstehen gegeben, dass Sie Batt-leMech-Truppen befehligen.«
»Nicht mehr als eine Lanze und ich habe sie nach Nanlu geschickt, wo die Fabriken ganz gute Panzerung und akzeptable Elektronik herstellen. Das ist die Beute, mit der sie etwas anfangen können. Besser als die schläfrigen Obsthaine und das schreckhafte Vieh hier im Norden.« Falls es dem >Hauptmann< seltsam erschien, von einem alten Krieger ohne Rang oder Einheit ausgefragt zu werden, so ließ er es sich nicht anmerken.
Ohne BattleMech-Unterstützung und ein Panzerfahrer aus eigener Entscheidung. Offenbar war McCarrons Rückgrat aus Stahl. Schade, dass er sich an seinem momentanen Posten so wohl fühlte. »Den Schlagzeilen in Chang-an nach zu urteilen, beschränken Sie sich nicht darauf, Naranjibäume zu fällen und Pferde zu erschrecken.«
»Das will ich hoffen. Aber die hiesige Miliz macht es uns leicht. Die Garnisonsposten liegen zu weit auseinander. Die Nachschubkonvois sind kaum bewacht. Mechjockeys.« Er winkte ab. »Sie wissen den Wert guter Panzer und handfester Truppen einfach nicht zu schätzen.«
»Und außerdem hilft es, dass die meisten Einheimischen kein großes Interesse daran haben, Ihren Aufenthaltsort zu melden.«
»Das stimmt. Aber es gibt auch welche, die mit Schrotflinten und alten Lastern hinter meinen Leuten herhetzen.« Eine scharfe Windbö trieb ihm den Regen ins Gesicht. Er wischte sich mit einer schwieligen Hand die Masse ab. »Manchmal können wir allein dadurch, wie die Leute auf uns reagieren, feststellen, in welchem Distrikt wir uns befinden. Aber natürlich sind wir genau dazu auch hier. Um militärische Operationen zu stören und das Gelände für die Dynastie-Garde zu erkunden.«
»Die wann genau eintreffen wird?«, fragte Mai möglicherweise eine Spur zu interessiert.
McCarron wirkte freundlich genug, war aber nicht so freimütig, wie er sich gab. »Wenn sie kommen«, gab er zurück, »sollen sie einen großen Teil Ausrüstung für Sie mitbringen, habe ich das richtig verstanden?«
Mai Wa zählte in Gedanken bis zehn, um seine Wut zu beherrschen. »Das stimmt. Und es wäre hilfreich, wenn ich wüsste, wann ich damit rechnen kann. Wir stehen vor einer ... Situation.«
»Sie haben das Liao-Konservatorium besetzt«, stellte Terence McCarron fest
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