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Gezeitengrab (German Edition)

Gezeitengrab (German Edition)

Titel: Gezeitengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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ausspricht. Irgendwie passt es so gar nicht in die Welt der Seniorenheime und Treppenlifte, doch Nelson erinnert sich an Archie Whitcliffes Miene, als er von dem Blutschwur erzählte, und an Marias Worte: Luzifer. Er hat Luzifer gesagt. Und dann muss er plötzlich ohne jeden Grund daran denken, wie Jack Hastings stolz vor seinem Kamin steht und seine Mutter friedlich im Hintergrund strickt. Er hat nie vergessen, wie grauenvoll das alles war.
    Nelson sieht wieder zu Ruth hin. «Whitcliffe ist komisch, wenn es um seine Familie geht. Du weißt doch, wie das in Norfolk ist. Die Familie lebt schon seit anno Tobak in ihrem kleinen Kaff. Und so, wie die aussehen, sind sie da nicht mal zum Heiraten rausgekommen. Whitcliffe ist wahnsinnig stolz auf seinen Opa, er hält ihn für einen Kriegshelden. Er fand es schon schlimm genug, dass wir überhaupt mit ihm reden wollten. Eine gerichtliche Untersuchung akzeptiert er bestimmt nicht. Er will ein ordentliches Begräbnis, mit Sarg, Blumen, schwarzen Kutschpferden und allem Drum und Dran. Da wird er nicht wollen, dass ich den ganzen Betrieb aufhalte, weil ich glaube, der Alte wurde um die Ecke gebracht.»
    «Ist Whitcliffe denn der einzige Verwandte?», fragt Ruth. Sie hat Nelsons Chef nie kennengelernt.
    «Nein. Laut Archie gibt es eine ganze Fußballmannschaft von Enkeln.»
    «Na, da wirst du doch wohl irgendwo Unterstützung finden.»
    «Kann sein. Whitcliffe hat mal was von einer Schwester gesagt. Und einen Bruder gibt es auch noch, glaube ich.»
    Nelson schaut stirnrunzelnd auf den Boden, der mit Büchern und Umzugskisten vollsteht. Ruth fragt sich, wann er wohl wieder gehen wird. Sie hätte gerne noch ein paar Stunden zum Aufräumen, bevor sie Kate abholen muss. Aber sie hat den Verdacht, dass Nelson doch noch auf einen Blick auf Kate spekuliert. Er war richtig konsterniert, als er hörte, dass sie bei der Tagesmutter ist.
    Und tatsächlich, als es plötzlich an die Tür klopft, fragt Nelson sofort: «Ist das Katie?»
    «Nein, sie ist noch etwas zu klein, um alleine nach Hause zu fahren.» Ruth steht auf. Wer kann das sein? Dieter Eckhart mit irgendwelchen neuen Geschichten à la Der Adler ist gelandet ? Shona, die auf ein Schwätzchen vorbeischaut? Cathbad?
    Doch als sie die Tür aufmacht, steht dort eine elegante Dame mit kurzem, von Strähnchen durchzogenem dunklem Haar und einem Koffer in der Hand.
    «Ruth!»
    «Tatjana …», stottert Ruth. «Ich dachte, du kommst erst morgen.»
    «Hast du denn meine SMS nicht gekriegt?»
    Ruth schüttelt den Kopf. Ihr Handy liegt oben, unter irgendwelchen Krimskramsstapeln.
    «Das tut mir leid.» Tatjana sieht dem Taxi hinterher, das bereits ein unbeholfenes Wendemanöver auf der schmalen Straße vollführt.
    «Ist egal. Komm rein.»
    Ruth spürt die düstere Gestalt hinter sich im Raum. «Tatjana», sagt sie, «das ist Detective Chief Inspector Harry Nelson.» Sie weiß selbst nicht, warum sie ihn mit dem kompletten Dienstrang vorstellt, registriert aber erstaunt Tatjanas plötzliches Interesse.
    «Freut mich, Sie kennenzulernen, Detective Chief Inspector», sagt sie.

    «… und dann war es ein stark stratifizierter Alluvialboden, wie man ihn an steinzeitlichen Küstenabschnitten findet, was uns natürlich wahnsinnig überrascht hat.»
    «Klar.» Ruth hat den Überblick verloren, von welcher Ausgrabungsstätte sie gerade reden. Geht es immer noch um die Arlington-Springs-Frau? In den letzten paar Stunden hat Tatjana von der europäischen Frühsteinzeit über die Glockenbecherkultur bis hin zu den Bürgerkriegsstätten in Dorset alles abgedeckt. Anscheinend sind sie jetzt bei der Altamerikanistik gelandet, ein Thema, mit dem sich Tatjana offensichtlich bestens auskennt; doch Ruth hat Schwierigkeiten, ihr zu folgen. Ihr ist klar, dass sie in solchen Fragen ziemlich engstirnig ist, aber europäische und britische Ausgrabungen – wobei Großbritannien vor nur zehntausend Jahren sogar noch Teil des europäischen Festlands war – sind ihr nun mal viel lieber als solche in Nord- oder Südamerika oder in Australien.
    Außerdem ist sie abgelenkt, weil sie Kate inzwischen von der Tagesmutter abgeholt hat und das Baby sich nicht darauf beschränkt, selig im Hintergrund zu schlummern, sondern sich mit Glucksern und schrillem Krähen wie ein winziger Cheerleader in den Vordergrund drängt. Ruth findet das im Grunde allerliebst, traut sich aber nicht, Tatjana allzu lange nicht zuzuhören. Also setzt sie sich zu Kate, die auf dem Boden an ein

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