Gezinkt
Zahlen ansehen.«
»Oh.« Sie zog eine Schnute.
»Ich komme gleich nach.«
»Ja, okay.« Sie seufzte, griff nach einem Buch und stieg die Treppe hinauf.
Als er die Tür zufallen hörte, ging er in sein Arbeitszimmer, ließ das Licht aus und spähte hinaus in die mondbeschienene Wüste hinter dem Haus. Schatten, Felsen, Kakteen, Sterne... es war eine Ansicht, die er liebte. Sie veränderte sich unablässig. Er blieb fünf Minuten hier, dann goss er sich einen großen Scotch ein, schleuderte die Schuhe von den Füßen und streckte sich auf der Couch aus.
Ein Schluck von dem rauchigen Schnaps. Und noch einer.
Vergeltung ...
Und Stephen York trat eine Reise durch seine Vergangenheit an und suchte nach einem Grund, warum Trotter oder irgendwer sonst seinen Tod wünschen könnte.
Da ihm die überspannte Carole noch im Kopf herumspukte, dachte er zuerst an die Frauen in seinem Leben. Er ging seine Ex-Frauen durch. York war derjenige gewesen, der die Ehe jeweils beendet hatte. Seine erste Frau, Vicky, war wie von Sinnen gewesen, als er ihr sagte, dass er sie verlassen würde. Sie hatte geweint und ihn angefleht zu bleiben, obwohl sie um die Affäre mit seiner Sekretärin wusste. Aber er war unnachgiebig geblieben, was die Scheidung anging, und hatte bald jeden Kontakt mit ihr abgebrochen, außer was die finanziellen Angelegenheiten wegen ihres Sohns Randy betraf.
Aber würde sie tatsächlich einen Killer anheuern, um es ihm heimzuzahlen?
Ausgeschlossen, entschied er. Vickys Reaktion auf die Trennung bestand darin, das Opfer zu spielen, nicht die rachsüchtige Ex-Frau. Außerdem hatte York sie fair behandelt. Er hatte sofort Alimente und Unterhalt bezahlt und ein paar Jahre später den Sorgerechtsentscheid nicht angefochten, der ihm das Besuchsrecht für ihren Sohn entzog.
York und seine zweite Frau waren nur zwei Jahre zusammen gewesen. Sie hatte sich als zu widerborstig für ihn herausgestellt, zu liberal. Diese Trennung war allerdings Holyfield gegen Tyson gewesen, purer Kampf. Susan, eine energiegeladene Wirtschaftsanwältin, ging mit einem Haufen Geld aus der Geschichte heraus, mehr als genug, um ihren angeknacksten Stolz zu heilen. (York verließ sie für eine Frau, die sechzehn Jahre jünger und zwanzig Pfund schlanker war.) Sie nahm außerdem ihre Karriere zu ernst, um sie für illegale Aktionen gegen ihn aufs Spiel zu setzen. Sie hatte wieder geheiratet – einen Militärberater und früheren Colonel der Armee, den sie kennengelernt hatte, als sie für ihren Klienten einen Vertrag mit der Regierung aushandelte -, und York war überzeugt, er selbst kam auf ihrem Radarschirm nicht mehr vor.
Ex-Freundinnen? Die üblichen Verdächtigen … Aber wo sollte man da anfangen? Es waren fast mehr, als er zählen konnte. Es hatte ein paar üble Trennungen gegeben, er hatte manche von ihnen benutzt, manche belogen. Natürlich war er seinerseits ebenfalls von Frauen benutzt und belogen worden. Im Großen und Ganzen glich es sich vermutlich aus. So lief das Spiel eben. Niemand, der bei Verstand war, würde einen Killer engagieren, nur weil einen ein Liebhaber verlassen hatte.
Wer kam noch in Frage?
Am wahrscheinlichsten, befand er, war jemand, mit dem er geschäftlich zu tun gehabt hatte.
Doch auch davon gab es mehr als genug. Dutzende fielen ihm ein. In seiner Zeit als Handelsvertreter einer Pharmafirma hatte er einen seiner Kollegen angeschwärzt, weil er bei der Spesenabrechnung betrogen hatte. (York hatte ihn nicht aus Loyalität zum Unternehmen hingehängt, sondern um den Bezirk des Typen zu erbeuten.) Der Mann wurde entlassen und schwor Rache.
Er war außerdem an der Akquisition Dutzender von Firmen in den letzten zehn Jahren beteiligt gewesen; Hunderte von Angestellten hatten als Folge davon ihren Arbeitsplatz verloren. An einen erinnerte er sich besonders – ein Vertreter, der nach seiner Entlassung in Tränen aufgelöst zu ihm gekommen war und um eine zweite Chance gebeten hatte. York war jedoch bei seiner Entscheidung geblieben – hauptsächlich, weil ihm das Geheul des Mannes missfiel. Eine Woche später brachte sich der Vertreter um; in seinem Abschiedsbrief hieß es, er habe als Mann versagt, weil er nicht mehr für seine Frau und seine Kinder sorgen könne. Zwar war York wohl kaum für so ein verrücktes Verhalten verantwortlich zu machen, aber möglicherweise sahen die Hinterbliebenen des Mannes das anders. Vielleicht war Trotter der Bruder oder beste Freund des Mannes oder war von ihnen engagiert
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