Gezinkt
er tief Luft holt und sich selbst so oberflächlich wie möglich in den Bauch schießt.
Dann kriecht er auf die Straße, um auf ein vorbeikommendes Fahrzeug zu warten, das ihnen zu Hilfe kommt.
Die Polizei nimmt ihm die ganze Geschichte ab.
In der letzten Szene kehrt der Autor nach Hause zurück, um seine schriftstellerische Arbeit wieder aufzunehmen, nachdem er buchstäblich ungestraft mit einem Mord davongekommen ist.
Als Carter die Geschichte zu Ende gelesen hatte, klopfte sein Herz heftig vor Stolz und Aufregung. Sicher, es gab noch das eine oder andere zu feilen, aber angesichts der Tatsache, dass er seit über einem Jahr kein Wort mehr geschrieben hatte, war es eine grandiose Leistung.
Er war wieder ein Schriftsteller.
Das einzige Problem war, dass er die Geschichte nicht veröffentlichen konnte. Er konnte sie nicht einmal auch nur einem Menschen zeigen.
Und das aus einem einzigen Grund: Sie war keine Fiktion; jedes Wort traf zu. Andy Carter selbst war der mörderische Schriftsteller.
Doch es kommt überhaupt nicht darauf an, sie zu veröffentlichen, dachte er, während er die ganze Geschichte in seinem Computer wieder löschte. Was zählte, war, dass es ihm mit dieser Geschichte gelungen war, seine Schreibblockade so rücksichtslos und wirksam zu beseitigen, wie er Bob Fletcher, Howard Desmond und die beiden Frauen in Greenville ermordet hatte. Und was noch besser war, er wusste, wie er eine erneute Schreibblockade künftig umging: Er würde ab jetzt keine erfundenen Romane mehr verfassen, sondern seiner wahren Bestimmung als Autor folgen: echte Verbrechen.
Was für eine perfekte Lösung! Er würde nie mehr um Ideen verlegen sein; Fernsehen, Zeitschriften und Tagespresse würden für Dutzende von Geschichten sorgen, aus denen er wählen konnte.
Und, überlegte er, während er nach unten humpelte, um sich eine Kanne Kaffee zu machen, falls sich herausstellte, dass es keine Verbrechen gab, die ihn besonders interessierten... Nun, Andy Carter wusste, dass er absolut dazu fähig war, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und höchstpersönlich ein bisschen Inspiration zu erzeugen.
Der Voyeur
Er hatte natürlich nicht ernsthaft eine Chance auf sie.
Sie spielte in einer ganz anderen Liga.
Dennoch konnte Rodney Pullman, vierundvierzig sowohl an Jahren als auch an Jeansweite, nicht anders: Er fühlte sich verführt vom Anblick der Bewohnerin in Haus Nummer 10B, seit sie vor einem halben Jahr in seinen Wohnblock in Santa Monica eingezogen war. Ein bisschen träumen darf ein Mann ja wohl noch, oder?
Mit gebündelten Hoffnungen, aber mit diffuser Energie war Pullman vor zwei Jahren von Des Moines nach L. A. gezogen, um Filmproduzent zu werden, und hatte monatelang die Glitzerstadt mit seinem Lebenslauf überschwemmt. Die Ergebnisse waren nicht der Rede wert gewesen, und er hatte schließlich gefolgert, dass Erfolg beim Verkauf von Autos und Klimaanlagen im Mittleren Westen noch keine Türen zu Unternehmen öffneten, zu deren Produkten TomKat, George Clooney und J-Lo gehören.
Doch trotz der Zurückweisung verfiel Pullman in das Lebensgefühl Kaliforniens, wie er seinen Eltern immer schrieb. Sicher, die Leute hier waren ein wenig oberflächlicher als in Iowa, und gelegentlich war ihm, als triebe er ziellos dahin. Aber was für ein Ort, um sich treiben zu lassen! Es war das gelobte Land – breite Highways, seidener Dunst am Strand, Sand zwischen den Zehen, gewaltige Kinopaläste und Januartiefstwerte, die der Durchschnittstemperatur eines typischen Maitags in Des Moines entsprachen.
Pullman ging achselzuckend über sein Scheitern, ein Filmmogul zu werden, hinweg, nahm einen Job als Manager eines Buchkettenladens in Westwood an und machte sich ein angenehmes Leben.
Er war zufrieden.
Na ja, fast. Da war allerdings die Sache mit seinem Liebesleben …
Ach ja.
Pullman war seit zehn Jahren von einer Frau geschieden, die er unmittelbar nach dem College geheiratet hatte. Nach der Trennung hatte er sich zwar mit einigen Frauen getroffen, aber feststellen müssen, dass es nicht leicht war, eine ernsthafte Verbindung zu knüpfen. Keine der Frauen, mit denen er ausging, zumeist Blind Dates, kannte sich groß mit Filmen aus, der wahren Leidenschaft in seinem Leben. (Hach, das gibt’s doch nicht, Rod, ich liebe die Klassiker ebenfalls. Titanic, zum Beispiel, hab ich bestimmt schon hundertmal gesehen... Und jetzt erzähl mal von diesem Orbison Welles, den du vorhin erwähnt hast.) Im Allgemeinen liefen die
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