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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Haaren.« Pullman legte frustriert die Stirn in Falten. »Wissen Sie, wen ich meine?« Der Hausmeister war kein Latino oder so, es gab keine Sprachbarriere. Vielleicht war er einfach nur dumm.
    »Ich dachte, Sie sagten ›der Blonde‹, so wie man ›die Blondine‹ sagt. Aber niemand nennt einen Mann so, man sagt nicht, ›der Blonde.‹«
    »Ja? Wie Sie meinen. Er war jedenfalls blond. Und klein. Er hat heute die Hecken geschnitten und Laub gerecht. Sie wissen, wen ich meine?«
    »Ja, ja, der.«
    »Wie heißt er?«
    »Keine Ahnung. Ich hab ihn nicht eingestellt. Ich habe mit den Gartenanlagen nichts zu tun. Der Verwaltungsausschuss hat ihn engagiert.«
    »Was hat es auf sich mit ihm?«
    »Auf sich? Er fegt, harkt, mäht Gras. Das ist alles. Wieso?«
    »Arbeitet er für ein Serviceunternehmen?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Gibt es mit der Firma einen Vertrag?«, fragte Pullman.
    »Für die er arbeitet?«
    »Ja.«
    »Denk schon. Wie gesagt, der Verwaltungsausschuss...«
    »... hat ihn eingestellt, ich weiß. Sie wissen also nichts über ihn?«
    »Wieso fragen Sie?«
    »War nur neugierig.«
    Der Hausmeister watschelte in seine Wohnung zurück, mit einem Stirnrunzeln, als wäre er fälschlich eines Vergehens bezichtigt worden, und Pullman eilte wieder nach oben.
    Um ein Uhr nachts kam Tammy zurück. Sie sah so frisch und sexy aus wie bei ihrem Aufbruch, als sie zu ihrer Tür ging und aufsperrte. Nach einem Blick über die Schulter ging sie hinein und schlug die Tür hinter sich zu.
    Sie hatte ein bisschen nervös gewirkt beim Betreten der Wohnung, fand Pullman, als hätte sie einen Eindringling gehört oder gesehen. Er griff deshalb nach einem Fernglas und suchte das Gebüsch ab. Es sah zwar nicht danach aus, als wäre der Spanner wieder zurückgekommen, aber er wollte kein Risiko eingehen. Er trat auf den Flur hinaus und schlich die Treppe hinunter. Dann stand er im Dunkeln, nicht weit von der Stelle im Gebüsch, wo der Voyeur vorhin gehockt hatte, um sein perverses Spiel zu treiben.
    Fliegen summten, Lichter flackerten durch die Sträucher, und von ferne, aus den Hügeln auf dem Weg nach Malibu, hörte Pullman Kojoten heulen. Ansonsten war jedoch alles friedlich und still.
    Keine Spur von dem Gartenpfleger.
    Nachdem bei Tammy das Licht ausgegangen war, wartete Pullman noch eine halbe Stunde und kehrte, da er nur den Kater, der zum Haus gehörte, vorbeischleichen sah, in seine Wohnung zurück. Ihm war vage bewusst, dass die Situation eine Goldmine in Hinblick auf sein Liebesleben sein konnte, aber er wusste nicht genau, wie er sie am besten ausbeuten sollte.
    Nun, das Erste, was es zu bedenken galt, war: Stellte der Mann eine ernste Gefahr dar? Pullman hatte gehört, Voyeure waren wie Fußfetischisten oder Exhibitionisten. Sie waren im Allgemeinen ungefährlich. Sie ersetzen eine normale sexuelle Beziehung durch den emotional distanzierten – und für sie sichereren – Akt des Beobachtens und Phantasierens von der beobachteten Person, auch wenn sie selbst glauben, Ersteres zu wollen.
    Natürlich traf es zu, dass Vergewaltiger ihre Opfer manchmal ausspionierten, um ihre Gewohnheiten und Abläufe kennenzulernen, ehe sie zuschlugen, aber der überwältigenden Mehrheit der Voyeure würde es nicht einmal einfallen, ihre Opfer anzusprechen, geschweige denn anzugreifen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war der Gartenpfleger also harmlos. Abgesehen davon war er ein so schwächlich aussehendes Bürschchen, dass Tammy mit ihrem Karatetraining ihn vermutlich mit einem einzigen Schlag zu Boden strecken konnte. Nein, entschied Pullman, es bestand kaum eine Gefahr für die Frau, wenn er noch nicht sofort wegen des Spanners Alarm schlug.
    Er fiel ins Bett und schloss die Augen, konnte jedoch nicht einschlafen; sein überhitztes Hirn rang weiter mit dem Problem, wie er aus der Tatsache, dass Tammy verfolgt wurde, Kapital schlagen und die Gelegenheit dazu nutzen könnte, sich mit ihr zu verabreden. Er warf sich unruhig hin und her und schlief gerade mal eine halbe Stunde vor dem Weckerläuten ein. Als der Wecker um sieben losplärrte, wankte er aus dem Bett und sah zum Fenster hinaus. In Tammys Wohnung brannte Licht. Er stellte sich vor, wie sie ihre Morgengymnastik machte oder ein Frühstück aus Joghurt, Beeren und Kräutertee genoss, zufrieden und nichts von dem Spanner ahnend.
    Und von dem sah Pullman nichts.
    Das beunruhigte ihn. War diese Wohnanlage nur ein Eintagesjob für den Kerl gewesen? Was, wenn er nicht wiederkam? Das

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