Gezinkt
in einer armseligen Wohnanlage wie den Pacific Arms Apartments wohnte, war sie lange nicht auf den Radarschirmen von Drogenfahndern und Polizei aufgetaucht, denen es leichter fiel, die auf großem Fuß lebenden Bosse in Beverley Hills und Palm Springs aufzuspüren.
Der Anwalt saß Pullman nun im Untersuchungsgefängnis gegenüber und überbrachte ihm die schlechte Nachricht, dass der Bezirksstaatsanwalt nicht beabsichtigte, auch nur einen der Vorwürfe gegen ihn fallen zu lassen.
»Aber ich habe nichts getan«, jammerte Pullman.
Der Anwalt, ein braungebrannter Vierzigjähriger mit einer Lockenmähne, stieß ein Lachen aus, als hätte er diesen Spruch schon tausendmal gehört. Er erklärte, dass der Staatsanwalt Blut sehen wollte. Zum einen war ein Polizist getötet worden; der blonde Mann, der scheinbare Voyeur, war in Wirklichkeit ein verdeckt arbeitender Beamter der Polizei von Los Angeles gewesen, der sich als Angestellter einer Gartenpflegefirma getarnt hatte. Seine Aufgabe war es gewesen, zu melden, wann Tammy die Wohnung verließ. Andere Beamte oder Agenten der Drogenbehörde übernahmen dann die Überwachung und folgten ihr in zivilen Autos oder Vans. (Als Pullman dachte, er würde in Vorbereitung einer Vergewaltigung in seine Hose greifen, hatte er in Wahrheit nur sein Funkgerät aus einer Innentasche gefischt, um dem zweiten Überwachungsteam zu berichten, dass sie wegging.)
»Aber...«
»Lassen Sie mich ausreden.« Der Anwalt erklärte, die Polizei sei auch deshalb außer sich, weil Tammy dank Pullman hatte entkommen können. Sie war wie vom Erdboden verschluckt, und FBI und DEA nahmen an, dass sie inzwischen außer Landes sein würde.
»Aber sie können doch nicht glauben, dass ich mit ihr zusammengearbeitet habe. Oder glauben die das etwa?«
»Kurz gesagt, ja.« Pullmans Erklärung für die Ereignisse der letzten Tage habe zweifelnde Blicke ausgelöst, fuhr er fort. »Gelinde gesagt.« Zum Beispiel wüsste die Polizei gern, wieso er die Frau nicht am Tag zuvor informiert habe, wenn er den angeblichen Voyeur da schon bemerkt hatte. Wenn seine Sorge einer unschuldigen Frau gegolten habe, wie er behauptete, warum habe er ihr nicht sofort gesagt, dass sie in Gefahr sei, als er es entdeckte?
Pullmans mit roten Ohren vorgetragene Erklärung, er habe den Voyeur als Vorwand benutzen wollen, um sich bei Tammy vorzustellen, quittierte der Anwalt mit einem Blick, der sich entweder als Skepsis deuten ließ oder dahingehend, dass ihm dieser mitleiderregende Klient peinlich war. Er notierte die Erklärung in ein paar dürren Worten.
Und warum habe er seinem Arbeitgeber vorgelogen, er sei krank? Für die Polizei ergab das nur einen Sinn, falls er als Tammys Aufpasser fungierte. An diesem Tag sollte ein großer Drogentransfer über die Bühne gehen, und man ging davon aus, dass Pullman zu Hause geblieben war, um sicherzustellen, dass Tammy gefahrlos mit der Ware aufbrechen konnte. Die Polizei nahm an, er habe den Gartenpfleger als Polizisten ausgemacht und ihn angegriffen, um Tammy die Chance zur Flucht zu ermöglichen.
Es gebe auch Beweise: Sowohl seine wie Tammys Fingerabdrücke befänden sich auf der Mappe, die zufällig keine Bewerbungsfotos oder Videos enthalten habe, sondern ein Kilo sehr reines Kokain. »Sie hat mir die Mappe gegeben«, sagte Pullman matt. »Zur Ablenkung wahrscheinlich. Damit sie fliehen konnte.«
Der Anwalt machte sich nicht einmal die Mühe, diese Erklärung aufzuschreiben.
Am meisten belastete ihn aber seine Behauptung, sie gar nicht gekannt zu haben. »Verstehen Sie«, sagte sein Anwalt. »Falls Sie sie wirklich nicht gekannt oder keinerlei Verbindung zu ihr gehabt hätten, dann könnten wir eine Jury dazu bringen, auch alles andere zu glauben, was Sie behaupten.«
»Aber ich kenne sie wirklich nicht. Ich schwöre es.«
Der Anwalt stöhnte leise. »Da gibt es aber ein Problem, Rodney.«
»›Rod‹ wäre mir lieber. Wie ich schon sagte.«
»Ein Problem.«
»Nämlich?« Pullman kratzte sich am Kopf. Die Handschellen klirrten wie dumpfe Glocken.
»Sie haben Ihre Wohnung durchsucht.«
»Oh. Wirklich? Dürfen die das?«
Der Anwalt lachte. »Sie wurden wegen Beihilfe zum Mord, Körperverletzung und verschiedener Drogendelikte verhaftet. Ja, Rod, das dürfen die.«
»Oh.«
»Und Sie wissen, was sie gefunden haben, oder?«
Er wusste sehr wohl, was sie gefunden hatten. Er lehnte sich zurück, starrte auf den Boden und spielte geistesabwesend mit den Handschellen, während der
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