Gezinkt
nachdenken.«
»Okay, unsere Leute sind tot, Ihre und meine«, fuhr Greg fort.
»Stimmt«, erwiderte Sloan.
»Aber selbst wenn sie tot sind«, sagte Greg in philosophischem Ton, »kann man immer noch Ärger ihretwegen haben, oder?« Er lehnte sich in dem glatten, fleckigen Sessel zurück und schlug die Beine über Kreuz. Er trug keine Socken, und Sloan erhaschte einen Blick auf ein weiteres Tattoo – eins, das am Knöchel begann und nach oben weiterging. Sloan wusste, dass eine Tätowierung am Knöchel zu den schmerzhaftesten gehört, da die Nadel zwangsläufig auf den Knochen trifft. Ein Tattoo an dieser Stelle war mehr als Körperbemalung; es war eine trotzige Erinnerung daran, dass Schmerz seinem Träger nichts bedeutet.
»Ärger?«
»Deine Eltern können dir noch Kummer machen, nachdem sie tot sind.«
Das kann dir jeder Psychiater sagen, dachte Sloan, fand die Bemerkung aber ein bisschen zu schlau für Greg.
Der junge Mann fuhr sich mit der kräftigen Hand über den schweißglänzenden Schädel. Das war wirklich eine Mordsnarbe, die er da hatte. Am anderen Arm war noch eine. »Vor ein paar Jahren ist so eine Sache passiert.«
»Was für eine Sache?«, fragte Bill.
Sloan bemerkte, dass Agnes die Serviette in ihrer Hand vollkommen zerpflückt hatte.
»Ich habe keine Lust, die Einzelheiten vor Fremden auszubreiten«, sagte Greg gereizt.
»Tut mir leid«, sagte Bill rasch.
»Ich wollte nur grundsätzlich feststellen, dass jemand, der tot war, mir immer noch Probleme machte. Ich konnte es sehr deutlich sehen. Ein Miststück im Leben, ein Miststück, als sie tot war. Gott hat ihr die Seele von jemandem gegeben, der Ärger macht. Glauben Sie an Gott, Sloan?«
»Nein.«
Agnes zuckte. Sloan blickte auf die drei Kruzifixe an der Wand.
»Ich glaube an das Verkaufen, das ist so ziemlich alles.«
»Dann ist das eben Ihre Seele. Auf siebenunddreißig Grad erwärmt.« Ein Grinsen. »Da Sie ja noch leben.«
»Und wie sieht Ihre Seele aus, Greg? Ist sie gut, schlecht?«
»Ich bin jedenfalls kein falscher Fuffziger«, sagte er geziert. »Darüber hinaus müssen Sie raten. Ich verrate nicht so viel wie Sie.«
Das Licht wurde schwächer. Erneut ein Problem mit der Stromversorgung.
»Schaut euch das an«, sagte Greg. »Vielleicht sind es die Seelen einer Familie, die sich hier noch herumtreiben und mit dem Licht spielen. Was meinst du, Bill?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht.«
»Einer Familie, die hier gestorben ist«, spekulierte Greg. »Weißt du, ob hier jemand gestorben ist, Bill?«
Agnes schluckte heftig. Bill trank einen Schluck aus einem Glas, es sah aus wie abgestandenes Mineralwasser. Seine Hand zitterte.
Das Licht brannte wieder in voller Stärke. Greg schaute sich im Zimmer um. »Was glauben Sie, ist dieses Haus wert, Sloan?«
»Das weiß ich nicht«, sagte er ruhig. Langsam hatte er dieses ständige Provozieren satt. »Ich verkaufe Computer, schon vergessen? Keine Häuser.«
»Ich denke, locker zweihunderttausend.«
Das Geräusch hinter der Tür wieder. Es war lauter diesmal, über das Ächzen der Klimaanlage zu hören. Ein Kratzen, ein dumpfes Schlagen.
Die drei Menschen im Zimmer blickten in Richtung der Tür. Agnes und Bill fühlten sich sichtlich unbehaglich. Niemand sagte ein Wort wegen des Geräuschs.
»Wo verkaufen Sie Ihre Computer?«, fragte Greg.
»Ich war heute in Durrant. Jetzt bin ich auf dem Weg nach Osten.«
»Hier in der Gegend sind die Zeiten schlecht. Die Leute haben keine Arbeit, stimmt’s, Bill?«
»Ja, schwere Zeiten.«
»Schwere Zeiten hier, schwere Zeiten überall.« Greg wirkte betrunken, aber Sloan roch keine Fahne, und der einzige Alkohol in Sichtweite waren eine verkorkte Flasche Port und ein billiger Brandy, die beide sicher hinter einer verschmierten Glasscheibe im Wohnzimmerschrank standen. »Bestimmt auch schwere Zeiten für Verkäufer. Selbst für Verkäufer, die alles verkaufen können, wie Sie.«
»Passt Ihnen irgendwas an mir nicht, Greg?«, fragte Sloan ruhig.
»Wieso? Nein.« Aber der stählerne Blick des Mannes sagte das Gegenteil. »Wie kommen Sie darauf?«
»Es ist die Hitze«, versuchte Agnes rasch zu vermitteln. »Ich habe diese Fernsehsendung gesehen, auf CNN. Darüber, was die Hitze bewirkt. Krawalle in Detroit, Waldbrände oben bei Saginaw. Sie lässt die Leute verrücktspielen.«
»Verrückt?«, fragte Greg. »Verrückt?«
»Ich meinte nicht dich«, sagte sie rasch.
Greg wandte sich Sloan zu. »Fragen wir doch unseren Superverkäufer
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