Gezinkt
Sexappeal, verstehst du. Die Damen in meinem Golfclub lieben Männer in einem Sportwagen. Selbst wenn sie gichtige Knie haben.«
Fanelli schüttelte den Kopf. »Der Junge hat mir leidgetan. Woher hat er das Geld für ein Spiel mit so hohen Einsätzen?«
»Sein Ausbildungsgeld oder was. Hat es von seinen Alten geerbt.«
»Du meinst, wir haben gerade eine Waise ausgenommen? Ich werde einen Monat lang zur Beichte gehen.«
»Er ist eine Waise, der Keller und die anderen bis aufs Hemd betrogen hat.«
»Was?«
Stanton lachte. »Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich dahinterkam. Er muss eine Art elektronisches Auge oder eine Kamera oder so etwas im Deckel seines Kaffeebechers gehabt haben. Er hat immer auf dem Tisch damit herumgespielt und ihn nahe an die Karten gerückt, wenn er gab – und er hat nur dieses eine Mal im großen Stil gewonnen, als er Geber war. Nach der Razzia habe ich mir dann seinen Wagen angesehen – er hatte einen Computer und eine Art Antenne auf dem Rücksitz.«
»Verdammt«, sagte Fanelli. »Das war aber dumm. Wenn er nicht aufpasst, endet er als Leiche. Es wundert mich, dass Keller nichts gemerkt hat.«
»Keller war zu sehr mit seiner eigenen Masche beschäftigt, um den Jungen auszunehmen.« Stanton erzählte ihm, wie der Profi Tony in die Falle gelockt hatte.
Der Detective lachte. »Er hat versucht, den Jungen hereinzulegen, der Junge wollte den ganzen Tisch hereinlegen, und wir beiden Alten haben sie alle zusammen hereingelegt. Da steckt doch irgendwie eine Lehre drin.« Die Männer gaben einander zum Abschied die Hand. »Bis zum nächsten Frühjahr, mein Freund. Dann versuchen wir mal Greenpoint. Wie ich höre, laufen dort schöne Spiele um hohen Einsatz.«
»Das machen wir.« Stanton nickte und brachte den Sportwagen auf Touren. Er fuhr bis zur Kreuzung, schaute sorgfältig nach links und rechts und bog dann auf die Hauptstraße, die zum Highway führte.
Siebenunddreißig Grad
Der Mann hatte die Anzugjacke über die Schulter geschwungen und schleppte sich den langen Aufgang zu dem Bungalow hinauf. Seine Lungen brannten, er bekam kaum Luft in der unglaublichen Hitze, die bis weit nach Sonnenuntergang angehalten hatte.
Als er auf dem Pflaster vor dem Haus stehen blieb und nach Luft schnappte, glaubte er, aufgebrachte Stimmen aus dem Gebäude zu hören. Dennoch blieb ihm nichts übrig, als hier zu läuten. Es war das einzige Haus, das er entlang des Highways gesehen hatte.
Er stieg die Treppe zu der unwirtlich dunklen Veranda hinauf und drückte auf die Klingel.
Die Stimmen verstummten sofort.
Er hörte ein Schlurfen. Zwei, drei gesprochene Worte.
Er läutete noch einmal, und endlich wurde die Tür geöffnet.
Sloan beobachtete, dass jeder der drei Leute im Haus ihn mit einem anderen Gesichtsausdruck ansah.
Die etwas über fünfzigjährige Frau auf der Couch, die ein zu oft gewaschenes, ärmelloses Hauskleid trug, schien erleichtert zu sein. Der Mann neben ihr – etwa gleich alt, rundlich und kahl – war misstrauisch.
Und der Mann, der die Tür geöffnet hatte und nun vor Sloan stand, hatte ein Grinsen im Gesicht – ein feistes Grinsen, das eigentlich sagte: Was zum Teufel wollen Sie? Er war etwa in Sloans Alter – Ende dreißig – und hatte lange, tätowierte Arme. Er hielt die Tür abwehrend mit seiner kräftigen Hand fest. Bekleidet war er mit einer grauen, fleckigen Arbeitshose und einem zerrissenen Arbeitshemd. Sein kahlrasierter Schädel glänzte.
»Kann ich was helfen?«, fragte der Tätowierte.
»Tut mir leid, Sie zu stören«, sagte Sloan. »Mein Wagen läuft nicht mehr – überhitzt. Ich muss den Pannendienst anrufen. Dürfte ich Ihr Telefon benutzen?«
»Die Telefongesellschaft hat Probleme, wie ich gehört habe«, antwortete der Mann. Er wies mit einem Kopfnicken zum dichten, stillen Nachthimmel. »Wegen der Hitze – der Strom fällt dauernd aus oder was.«
Er rührte sich nicht aus der Tür.
Aber die Frau sagte rasch: »Nein, bitte kommen Sie doch herein.« Sie schien merkwürdig begierig darauf zu sein. »Unser Telefon hat vor einer Weile geläutet. Ich bin mir sicher, es funktioniert.«
»Bitte«, plapperte der ältere Mann nach, der ihre Hand hielt.
Der tätowierte Mann musterte Sloan vorsichtig, wie es die Leute oft taten. Sloan war von Natur aus ein ernster Mensch und ein großer, muskulöser Mann – er hatte in den letzten drei Jahren täglich trainiert -, und im Augenblick sah er einfach nur heruntergekommen aus; er war durch den Busch
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