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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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gestiefelt, um auf kürzestem Weg zu den Lichtern dieses Hauses zu gelangen. Und nachdem er in dieser erdrückend feuchtheißen Luft umhergelaufen war, war jeder Zentimeter seiner Haut nass geschwitzt.
    Schließlich bat ihn der Tätowierte mit einer Handbewegung ins Haus. Sloan bemerkte eine üble Narbe auf seinem Handrücken. Sie sah aus wie von einer Messerwunde, und sie war noch nicht alt.
    Das Haus war übertrieben beleuchtet, und es war unangenehm heiß. Eine winzige Klimaanlage ächzte vor sich hin, trug aber nichts dazu bei, die stickige Luft zu kühlen. Er warf einen Blick auf die Wände, nahm rasch Vignetten eines Lebens wahr, das in einer kleinen Blase der Welt verbracht worden war. Berufsleben bei Allstate Insurance und in einer High-School-Bibliothek, eine unklare Verbindung zum Rotary Club, Kirchengruppen und Elternbeiräte. Angelausflüge nach Saginaw oder Minnesota. Eine Reise nach Chicago, festgehalten in gerahmten, vergilbenden Fotos.
    Man stellte einander vor. »Ich bin Dave Sloan.«
    Agnes und Bill Willis waren das Paar. Sloan beobachtete sofort eine Ähnlichkeit im Benehmen, wie sie für lang verheiratete Paare typisch war. Der tätowierte Mann sagte nichts über sich. Er machte sich an der Klimaanlage zu schaffen und schob den Knopf auf und ab.
    »Ich störe hoffentlich nicht beim Abendessen.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Es war acht Uhr abends, und Sloan sah kein schmutziges Geschirr vom Nachtmahl.
    »Nein«, antwortete Agnes schließlich leise.
    »Nö, hier gibt’s nichts zu futtern«, bemerkte der Tätowierte mit einer geheimnisvollen Schärfe. Er blickte wütend auf die Klimaanlage, als wollte er sie mit einem Tritt aus dem Fenster befördern, aber er beherrschte sich und ging zu dem Platz zurück, den er sich gesichert hatte – einem zu dick gepolsterten Kunstledersessel, der bereits vor Schweiß glänzte, weil er darin gesessen hatte, ehe er an die Tür ging.
    »Das Telefon ist da drin«, sagte Bill und zeigte zur Küche.
    Sloan dankte ihm und ging seinen Anruf machen. Sobald er ins Wohnzimmer zurückkam, verstummten Bill und der jüngere Mann rasch, die sich zuvor unterhalten hatten.
    Sloan sah Bill an und sagte: »Sie schleppen es nach Hatfield. Der Abschleppwagen müsste in zwanzig Minuten hier sein. Ich kann draußen warten.«
    »Nein«, sagte Agnes. Dann schien sie das Gefühl zu haben, sie sei zu forsch gewesen und schielte zu dem Tätowierten, fast als befürchtete sie, er könnte sie schlagen.
    »Zu heiß draußen«, sagte Bill.
    »Nicht heißer als hier drin«, erwiderte der tätowierte Mann sarkastisch und hatte dieses Grinsen wieder auf. Seine Lippen waren wulstig, und auf der oberen stand Schweiß – ein Anblick, bei dem es Sloan juckte.
    »Setzen Sie sich«, sagte Bill vorsichtig. Sloan sah sich um und entdeckte das einzige unbesetzte Möbelstück, eine unbequeme Couch, die mit rosa und grünem Chintz in Blumenmustern bezogen war. Zusammen mit der Hitze und dem nervösen Gezappel des tätowierten Mannes machte ihn das grelle Design unruhig.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten?«, fragte die Frau.
    »Vielleicht ein wenig Wasser, wenn es nicht zu viel Mühe macht.« Sloan wischte sich das Gesicht ab.
    Die Frau stand auf.
    »Ich nehme an, Sie haben bemerkt«, sagte der Tätowierte kühl, »dass sie mich nicht vorgestellt haben.«
    »Nun ja, wir wollten nicht...«, begann Bill.
    Der Mann brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Ich heiße Greg.« Ein neuerliches Zögern. »Ich bin ihr Neffe. Hab nur kurz auf einen Besuch vorbeigeschaut. Oder, Bill? Wie in den guten alten Zeiten?«
    Bill nickte und blickte auf den fadenscheinigen Teppich hinunter. »Die guten alten Zeiten.«
    Sloan hörte plötzlich ein merkwürdiges Geräusch. Ein Scharren. Ein leises Schlagen. Niemand sonst schien es zu bemerken. Er blickte auf, als Agnes zurückkam. Sie gab Sloan das Glas, und er trank die Hälfte davon sofort aus.
    »Ich habe mir überlegt«, sagte sie, »dass du dir vielleicht Mr. Sloans Wagen ansehen könntest, Bill. Was hältst du davon, wenn du und Greg einen Blick darauf werfen?«
    »Dave«, sagte Sloan. »Bitte nennen Sie mich Dave.«
    »Vielleicht könnt ihr Dave ein wenig Geld sparen.«
    »Sicher...«, fing Bill an.
    »Ach was«, sagte Greg, »das lassen wir mal lieber. Zu viel Arbeit in der Hitze. Außerdem sieht Dave aus, als könnte er sich einen richtigen Mechaniker leisten. Er sieht aus, als würde er in Geld schwimmen. Oder, Dave? Was machen

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