Gezinkt
blickte weiter wütend in Richtung Ricky.
Ricky strich sich das fettige, dunkelblonde Haar nach hinten. Erhob sich langsam von seinem Hocker und ging in den vorderen Teil der Bar. Seine Stiefelabsätze klapperten laut auf dem abgenutzten Boden. Der Typ war fünfzehn Zentimeter größer und dreißig Pfund schwerer, aber Ricky hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass Verrücktheit den Leuten sehr viel mehr Angst macht als Größe, Gewicht oder Muskeln. Und so tat er, was er immer tat, wenn es eins gegen eins ging – er setzte einen irren Blick auf und trat dicht vor den Mann. Dann schrie er ihm ins Gesicht: »Wer ich bin? Ich bin der Kerl, der deinen Arsch auf die Gasse rausschleift und dich auf ein Dutzend verschiedene Arten fickt, wenn du verdammt noch mal nicht sofort hier verschwindest.«
Die Flasche wich zurück und blinzelte. Automatisch stieß er ein »Leck mich, du Arschloch« hervor.
Ricky blieb genau, wo er war, grinste irgendwie und irgendwie nicht und ließ den armen Teufel überlegen, was nun passieren würde, da er versehentlich ein wenig Spucke auf Rickys Stirn abgefeuert hatte.
Einige Sekunden vergingen.
Schließlich trank Möchtegern mit zittriger Hand sein Bier aus und ging in dem Versuch, ein wenig Würde zu bewahren, lachend zur Tür hinaus, wobei er ein »Arschloch« murmelte, als wäre Ricky derjenige, der den Schwanz einzog.
»Tut mir leid«, sagte der Anzugheini, stand auf und holte Geld für die Drinks aus der Tasche.
»Nein, Sie bleiben«, befahl Ricky.
»Ich?«
»Ja, Sie.«
Der Mann zögerte und setzte sich wieder.
Ricky warf einen Blick in den Aktenkoffer, sah ein paar Bilder von nett aussehenden Booten. »Soll alles ruhig bleiben hier im Viertel, verstehen Sie? Friedlich.«
Der Anzugtyp schloss langsam den Koffer und betrachtete die verblasste Bierwerbung, die fleckigen Sportplakate, die Spinnweben im Lokal. »Ist das Ihr Laden?«
Der Barkeeper war außer Hörweite. »Mehr oder weniger.«
»Jersey.« Der Mann nickte in Richtung der Tür, durch die Möchtegern gerade verschwunden war. Als würde das alles erklären.
Rickys Schwester wohnte in Jersey, und er fragte sich, ob er vielleicht sauer über die Beleidigung sein sollte. Er war ein loyaler Mensch. Aber dann entschied er, dass Loyalität nichts mit Bundesstaaten, Städten oder solchem Kram zu tun hatte. »Er hat Geld verloren?«
»Ein Geschäft ist dumm gelaufen.«
»Verstehe. Wie viel?«
»Ich weiß nicht.«
»Bring ihm noch ein Bier«, rief Ricky zum Barkeeper, dann wandte er sich wieder dem Mann zu. »Sie machen ein Geschäft mit ihm und wissen nicht, wie viel Geld er verloren hat?«
»Was ich nicht weiß«, sagte der Typ, und seine dunklen Augen blickten genau in Rickys, »ist, wieso zum Teufel ich Ihnen das erzählen sollte.«
Das war der Zeitpunkt, an dem es hässlich werden konnte. Einen Moment lang herrschte gespannte Stille. Dann lachte Ricky. »Keine Sorge.«
Die Biere trafen ein.
»Ricky Kelleher.« Er stieß an das Glas des anderen.
»Bob Gardino.«
»Ich hab Sie schon öfter gesehen. Wohnen Sie in der Gegend?«
»Hauptsächlich in Florida. Ich komm gelegentlich geschäftlich hier herauf. Nach Delaware ebenfalls, Baltimore, die Küste von Jersey, Maryland.«
»Ja? Ich hab da ein Sommerhaus, wo ich oft hinfahre.«
»Wo?«
»Ocean City. Fünf Zimmer, direkt am Meer.« Ricky erwähnte nicht, dass es T. G.s Haus war, nicht seines.
»Nett.« Der Mann nickte beeindruckt.
»Ganz in Ordnung. Ich schaue mir auch noch ein paar andere Plätze an.«
»Man kann nie genug Immobilien haben. Besser als der Aktienmarkt.«
»Bei mir läuft es ganz gut an der Wall Street«, sagte Ricky. »Man muss nur wissen, wonach man sucht. Du darfst halt nicht einfach eine Aktie kaufen, weil sie im Moment, sagen wir, sexy ist.« Das hatte er einmal im Fernsehen gehört.
»Wie wahr.« Jetzt tippte Gardino mit seinem Glas an Rickys.
»Das waren ein paar verdammt hübsche Boote.« Ein Kopfnicken in Richtung Aktenkoffer. »Ist das Ihre Branche?«
»Unter anderem. Was tun Sie, Ricky?«
»Ich habe meine Hände in vielen Sachen. In vielen Geschäften. Überall im Viertel hier. Und woanders ebenfalls. Maryland, wie gesagt. Viel Geld zu machen für einen Mann mit einem scharfen Auge.«
»Und Sie haben ein scharfes Auge?«
»Ich denke schon. Wollen Sie wissen, was es jetzt gerade sieht?«
»Was, Ihr Auge?«
»Ja.«
»Was sieht es?«
»Einen Gauner.«
»Einen...?«
»Gauner.«
»Wieso glauben Sie, dass ich ein Gauner
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