Gezinkt
jeder anderen Zeit hätte Sloan gefeilscht, aber er wollte zurück auf die Straße. Er zahlte, stieg in den Wagen und drehte die Klimaanlage voll auf. Dann fuhr er auf die Hauptstraße und hinaus aus der Stadt.
Zehn Meilen östlich von Hatfield, nahe der Interstate, bog er auf den Parkplatz eines Greyhound-Busbahnhofs. Er stellte den Wagen in einem verlassenen Teil des Parkplatzes ab. Dann stieg er aus und ließ den Kofferraum aufspringen.
Er sah hinein und nickte dem bärtigen jungen Mann in dem Gefängnisoverall zu. Der Mann blinzelte mit schmerzverzerrtem Gesicht in das grelle Licht über ihnen und schnappte nach Luft. Er lag in einer embryonalen Stellung zusammengekrümmt.
»Wie geht’s?«, fragte Sloan.
»Himmel«, murmelte Tony Windham. Er schnappte nach Luft, und sein Kopf rollte beunruhigend schlaff hin und her. »Heiß... schwindlig. Krämpfe.«
»Klettern Sie langsam heraus.«
Sloan half dem Gefangenen aus dem Wagen. Selbst mit Bart und schweißnassem Haar sah der Mann eher wie ein wohlerzogener Banker als wie ein Serienmörder aus – auch wenn sich diese beiden Tätigkeiten nicht gegenseitig ausschließen mussten, dachte Sloan.
»Tut mir leid«, sagte der Handelsvertreter. »Es hat länger gedauert als gedacht, bis der Abschleppwagen kam. Dann saß ich im Büro des Sheriffs fest, bis der zurück war.«
»Ich habe bestimmt zwei Liter Wasser getrunken«, sagte Windham, »und muss noch immer nicht pinkeln.«
Sloan blickte sich auf dem menschenleeren Parkplatz um. »Zur vollen Stunde fährt ein Bus nach Cleveland. Da drin ist eine Fahrkarte und ein falscher Führerschein«, fügte er hinzu und gab Windham eine Sporttasche, die außerdem einige Toilettenartikel und Kleidung zum Wechseln enthielt. Der Mörder trat hinter eine große Mülltonne und zog Jeans und ein T-Shirt mit der Aufschrift »Rock and Roll Hall of Fame« an. Seine Gefängnisklamotten stopfte er in die Tonne. Dann kauerte er nieder und rasierte sich den Bart mit Gel und Mineralwasser; mit den Fingern prüfte er sorgfältig, ob er alle Barthaare erwischt hatte. Als er fertig war, versteckte er sein Haar unter einer Baseballmütze.
»Wie sehe ich aus?«
»Wie ein ganz anderer Mensch.«
»Verdammt«, sagte Windham. »Sie haben es geschafft, Sloan. Sie sind gut.«
Der Geschäftsmann hatte Tony Windham vor einem Monat in der Gefängnisbibliothek kennengelernt, als er ein Upgrade des Computersystems der Anstalt überwachte. Er fand Windham charmant, klug und einfühlsam – dieselben Eigenschaften, die Sloan zu einem Starverkäufer gemacht hatten. Die beiden verstanden sich prächtig. Schließlich unterbreitete Windham sein Angebot für die eine Sache, die Sloan verkaufen konnte: Freiheit. Es gab keine Verhandlungen. Sloan setzte den Preis auf drei Millionen fest, die der Millionenerbe auf ein anonymes Konto in Übersee transferieren ließ.
Sloans Plan sah vor, dass er auf einen der heißesten Tage des Jahres wartete, dann so tat, als hätte es einen momentanen Stromausfall gegeben, und mit Hilfe der Computer die Stromversorgung und die Sicherungssysteme des Gefängnisses lahmlegte. Das würde es Windham ermöglichen, über den elektrischen Zaun zu klettern. Sloan würde den Mörder dann aufsammeln und im Kofferraum verstecken, den er zu diesem Zweck mit Luftlöchern und einem großen Wasservorrat versehen hatte.
Sloan hatte damit gerechnet, dass die Polizei Straßensperren an den Routen errichten würde, die vom Gefängnis wegführten. Deshalb hatte er seinen Wagen in der Nähe eines der wenigen Häuser entlang der Route 202 gestoppt und den Deckel des Kühlwasserbehälters offen gelassen, sodass das Fahrzeug überhitzte. Dann hatte er darum gebeten, das Telefon benutzen zu dürfen. Er hatte beabsichtigt, ein wenig über die Hausbesitzer in Erfahrung zu bringen, damit er eine glaubwürdige Geschichte über verdächtige Vorgänge im Haus auftischen und die Polizei ablenken konnte, sodass sie seinen Wagen nicht durchsuchten. Aber er hätte sich nie träumen lassen, auf eine so gute falsche Fährte wie Greg, den verrückten Klempner, zu stoßen.
Mir wurde klar, dass es keinen Unterschied zwischen Leben und Tod gibt. Nicht den geringsten. Was halten Sie davon?
Sloan gab Tony Windham fünfhundert Dollar in bar.
Der Mörder schüttelte ihm die Hand. Dann runzelte er die Stirn. »Sie fragen sich wahrscheinlich, ob ich jetzt, da ich draußen bin, mein Leben auf die Reihe kriege. Oder ob ich, na ja, so weitermache wie vorher. Mit den
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