Gezinkt
Wollten Sie das sagen? Warum sollte ich Sie wegen etwas beschuldigen?«
»Vergessen Sie’s. Tut mir leid.«
»Okay, Mr. Lescroix«, murmelte der Richter. »Machen wir weiter.«
»Selbstverständlich, Euer Ehren. Und deshalb, als Folge davon, dass Sie ihn anwiesen, diesen Hammer zu benutzen, sind seine Fingerabdrücke nun auf der Mordwaffe. Ist es nicht so?«
Cabot blickte in das angewiderte Gesicht des Staatsanwalts. »Ich weiß nicht.«
»Sie wissen es nicht?«
Sonate für Zeugen und Jury.
»Vielleicht stimmt es. Aber...«
»Lassen Sie uns fortfahren, Sir. Nachdem Jerry Pilsett an jenem 2. Juni den Rasen gemäht und das Holz in seinen Pick-up geladen hatte, um es wegzufahren, baten Sie ihn ins Haus, um ihn zu bezahlen, richtig?«
»Ich denke, ja.«
»Und Sie baten ihn in Ihr Wohnzimmer. Richtig?«
»Das weiß ich nicht mehr.«
Lescroix blätterte eine Reihe Seiten in seiner Mappe um, als wären sie gerammelt voll mit Datenmaterial der Spurensicherung und Abschriften von Zeugenaussagen. Er starrte eine Weile auf ein Blatt, das so unbeschrieben war wie alle anderen, dann schloss er die Mappe wieder.
»Sie wissen es nicht mehr?«
Cabot blickte ebenfalls auf die Mappe. »Na ja, ich glaube schon.«
»Sie gaben ihm ein Glas Wasser.«
»Vielleicht.«
»Ja oder nein?«
»Ja!«
»Und Sie zeigten ihm Ihre neueste Erwerbung, die Stereoanlage. Von der Sie später behaupteten, er habe sie gestohlen.«
»Wir haben uns über Musik unterhalten, und ich dachte, sie könnte ihn interessieren.«
»Ich verstehe.« Lescroix runzelte die Stirn. »Entschuldigen Sie, Mr. Cabot, aber Sie müssen mir da weiterhelfen. Es kommt mir merkwürdig vor. Da hat der Mann also stundenlang in der Sommerhitze gearbeitet, er ist verschwitzt, voller Erde und Grasflecken... und Sie bitten ihn ins Haus. Und zwar nicht in die Eingangshalle, nicht in die Küche, sondern ins Wohnzimmer.«
»Ich wollte eben höflich sein.«
»Schön von Ihnen. Nur war das Ergebnis dieser... dieser Höflichkeit , dass er seine Fußabdrücke auf dem Teppich und seine Fingerabdrücke auf der Stereoanlage, einem Wasserglas, auf Türgriffen und wer weiß was noch hinterließ, nicht wahr?«
»Was wollen Sie damit sagen ?«, fragte Cabot. Sein Gesichtsausdruck übertraf Lescroix’ Erwartungen noch. Es sollte schockiert aussehen, aber es sah gemein und hinterlistig aus. Ein Nixon-Blick.
»Bitte antworten Sie, Sir.«
»Vermutlich waren seine Fußabdrücke da, und seine Fingerabdrücke könnten auch auf ein paar Sachen gewesen sein, aber das heißt nicht...«
»Danke. Nun, Mr. Cabot, würden Sie der Jury verraten, ob Sie Jerry Pilsett gebeten haben, am folgenden Tag wiederzukommen.«
»Wie bitte?«
»Haben Sie Jerry gebeten, am nächsten Tag wieder zu Ihnen nach Hause zu kommen? Das wäre dann Samstag, der 3. Juni, gewesen.«
»Nein.«
Lescroix runzelte dramatisch die Stirn. Er öffnete die Mappe wieder, entdeckte ein weiteres wichtiges leeres Blatt und tat, als würde er etwas lesen. »Sie sagten nicht zu Jerry Pilsett, und ich zitiere: »›Das war gute Arbeit, Jerry. Kommen Sie morgen um fünf wieder, dann habe ich noch mehr für Sie zu tun‹?«
»Das habe ich nicht gesagt, nein.«
Ein atemloses Höhnen. »Sie bestreiten, dass Sie das gesagt haben?«
Cabot zögerte, sah den Staatsanwalt an und brachte ein kraftloses »Ja« hervor.
»Mr. Cabot. Seine Ehren wird Sie daran erinnern, dass Lügen unter Eid Meineid ist, und das ist ein ernstes Vergehen. Nun beantworten Sie die Frage. Haben Sie Jerry Pilsett gebeten, am Samstag, den 3. Juni, wieder zu Ihnen nach Hause zu kommen, ja oder nein?«
»Nein. Wirklich, ich schwöre es.« Seine Stimme war schrill vor Stress. Lescroix liebte es, wenn das passierte, dann klang selbst ein Zeuge, der zuvor noch als ein Heiliger erschienen war, wie ein Lügner. Und Zusätze wie »wirklich« oder »Ich schwöre« trugen zum Tonfall der Täuschung bei.
Du armer Teufel.
Lescroix wandte sich an die Jury, blies die Backen auf. Weiteres teilnahmsvolles Lächeln. Auch Kopfschütteln, ein Zeuge, der lügt – wie empörend! Der zweite Schritt in Lescroix’ Vorstellung schien gut geklappt zu haben.
»Nun gut«, murmelte der Anwalt skeptisch. »Lassen Sie uns zu den Ereignissen des 3. Juni zurückkehren.«
Cabot legte die Hände in den Schoß. Eine rein defensive Geste, wiederum als Reaktion auf den Stress, dem er ausgesetzt gewesen war. Doch Jurys lesen manchmal eine andere Botschaft heraus: Schuldgefühl. »Sie haben
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