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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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konnte.
    Nun, Lescroix war schon in schlimmeren Nöten gewesen. Es hatte Fälle gegeben, in denen er trauernde Mütter attackieren musste, zur Witwe gemachte Frauen und selbst verstörte Kinder. Er würde sich einfach herantasten müssen, wie ein Musiker, der die Reaktion des Publikums erfühlt und sein Spiel vorsichtig angleicht. Er konnte …
    Lescroix nahm plötzlich wahr, dass Cabot ihn anstarrte. Die Augen des Mannes waren wie kalte Kugellager. Lescroix schauderte sogar – das war ihm vor Gericht noch nie passiert – und hatte Mühe, den Blickkontakt zu halten. Es war nur ein Moment. Doch Lescroix war froh um die Herausforderung. Etwas in Cabots Blick machte die ganze Sache zu einer persönlichen Angelegenheit, und das erleichterte es ihm sehr, zu tun, was er gleich tun würde. Sie sahen sich unverwandt an, die Spannung zwischen ihnen knisterte wie Elektrizität. Dann ging eine Tür auf, und alle erhoben sich, als der Gerichtsdiener eintrat.
    »Das Strafgericht von Hamilton County, erster Bezirk, nimmt seine Verhandlung auf. Den Vorsitz führt der ehrenwerte Richter Jennings P. Martell. Wer vor diesem Gericht etwas zu sagen hat, möge sich melden, um gehört zu werden.«
    Pilsett, der einen lächerlichen braunen Anzug trug, wurde behutsam hereingeführt. Er nahm neben seinem Anwalt Platz. Der Angeklagte grinste dümmlich, bis Lescroix ihm befahl, damit aufzuhören. Er schnippte sich ein paar Mal ans Ohrläppchen.
    Als Lescroix zu Cabot zurückblickte, war dessen metallischer Blick weitergewandert und bohrte sich nun in den Rücken des Mannes, der seine Frau mit einem Klauenhammer für vier Dollar neunundneunzig von Sears Craftsman getötet hatte.
    Der Staatsanwalt präsentierte als Erstes die forensischen Beweise, und Lescroix langweilte sich eine halbe Stunde lang mit den Aussagen der Labortechniker und Polizisten, wenngleich die Spurensicherung überraschend gut für so eine kleine Polizeidienststelle gearbeitet hatte. Ein kleiner Sieg für die Anklage, räumte Lescroix in Gedanken ein.
    Dann rief der Staatsanwalt Charles Cabot auf.
    Der Witwer richtete seine Krawatte, umarmte die Frau neben ihm und ging zum Zeugenstand.
    Gelenkt von den trockenen Fragen des Anklagevertreters, schilderte der Mann emotionslos, was er am 3. Juni gesehen hatte. Einsilbige Trauer, ein paar Tränen. Lescroix ordnete die Darstellung als nicht überzeugend ein, wenngleich die gebrochene Redeweise des Mannes die Jury sicherlich gebannt zuhören ließ. Aber das hatte er einkalkuliert. Wir lieben Tragödien nun mal ebenso sehr wie Liebesgeschichten und fast so sehr wie Sex.
    »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren«, sagte der Staatsanwalt und sah Lescroix abschätzig an.
    Der Anwalt erhob sich langsam, knöpfte sein Jackett auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er ging langsam vor dem Zeugen auf und ab. Als er sprach, sprach er zur Jury. »Ich bedauere Ihr Unglück sehr, Mr. Cabot.«
    Der Zeuge nickte, aber sein Blick war wachsam.
    »Der Tod einer jungen Frau ist eine schreckliche Sache«, fuhr Lescroix fort. »Einfach furchtbar. Nicht zu entschuldigen. «
    »Äh, ja. Danke.«
    Die Blicke der Jurymitglieder forschten kollektiv in Lescroix’ besorgtem Gesicht. Er sah zum Zeugenstand. Cabot wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte einen Angriff erwartet. Er war unsicher. Seine Augen waren nicht mehr stahlhart. Sie blickten vorsichtig. Das war gut. Die Leute verabscheuen einen selbstsicheren Lügner weniger als jemanden, der mit argwöhnischem Blick die Wahrheit sagt.
    Lescroix wandte sich wieder den zwölf Männern und Frauen seines Publikums zu.
    Er lächelte. Niemand lächelte zurück.
    Es machte nichts. Das war erst die Ouvertüre.
    Er ging zum Tisch und hob eine Mappe auf. Schritt zurück zur Jurybank. »Mr. Cabot, womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«
    Die Frage erwischte ihn auf dem falschen Fuß. Er ließ den Blick durch den Gerichtssaal schweifen. »Nun ja, ich besitze eine Firma. Wir produzieren Gehäuse für Computer und Zubehörgeräte.«
    »Verdienen Sie viel Geld damit?«
    »Einspruch.«
    »Abgelehnt. Aber Sie kommen demnächst auf den Punkt, Mr. Lescroix, ja?«
    »Worauf Sie sich verlassen können, Euer Ehren. Nun, Mr. Cabot, antworten Sie bitte.«
    »Unser Umsatz lag vergangenes Jahr bei acht Millionen.«
    »Und Ihr Einkommen war?«
    »Ich brachte rund zweihunderttausend nach Hause.«
    »Und Ihre Frau, war sie ebenfalls in der Firma angestellt?«
    »In Teilzeit. Als Verwaltungsrätin. Und sie war beratend

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