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Gezinkt

Gezinkt

Titel: Gezinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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seine schlanke Gestalt vermuten ließ, kleidete Rhyme in einen Trainingsanzug und verfrachtete ihn von dem motorisierten Hightech-Bett in einen motorisierten Hightech-Rollstuhl, einen sportlichen roten Storm Arrow. Mit Hilfe des einen funktionierenden Fingers der linken Hand, des Ringfingers, manövrierte Rhyme den Rollstuhl in den winzigen Aufzug, der ihn in den ersten Stock seines Stadthauses am Central Park West brachte.
    Dort angekommen, steuerte er ins Wohnzimmer, das keine Ähnlichkeit mehr mit dem viktorianischen Salon aufwies, der es einmal gewesen war. Es war nun ein forensisches Labor, das es mit dem jeder mittelgroßen Stadt in den Vereinigten Staaten aufnehmen konnte. Computer, Mikroskope, Chemikalien, Petrischalen, Bechergläser, Pipetten, Regale voller Bücher und Ausrüstung. Kein Quadratzentimeter war unbesetzt, außer auf den Untersuchungstischen. Wie schlafende Schlangen lagen überall Kabel und Leitungen herum.
    Sellitto kam die Treppe heruntergetrampelt und aß ein Bagel auf – entweder seines oder Rhymes.
    »Ich mach mich mal lieber auf die Suche nach Amelia«, sagte Rhyme, »und gebe ihr Bescheid, dass wir einen Tatort zu bearbeiten haben.«
    »Ach so, das hab ich ganz vergessen zu erwähnen«, sagte Sellitto, während er kaute. »Ich habe sie schon angerufen. Sie dürfte inzwischen am Tatort eingetroffen sein.«
     
    Amelia Sachs kam nie über den Schleier der Trübsal hinweg, der auf dem Schauplatz eines Mordes lag.
    Sie glaubte aber, es war gut so. Die Trauer und die Empörung über einen absichtlich herbeigeführten Tod trieben sie dazu an, ihre Arbeit umso besser zu machen.
    Als die hoch gewachsene, rothaarige Polizistin nun vor dem dreistöckigen Stadthaus auf der Upper East Side Manhattans stand, nahm sie diesen Schleier wahr, und sie spürte ihn vielleicht ein wenig stärker als sonst, da sie wusste, dass Ron Larkins Tod Auswirkungen auf viele, viele bedürftige Menschen rund um den Globus haben konnte. Was würde aus der Stiftung werden, jetzt, da er tot war?
    »Sachs? Wo sind wir?« Rhymes ungeduldige Stimme erklang in ihrem Kopfhörer. Sie stellte leiser.
    »Bin gerade eingetroffen«, antwortete sie und zupfte an ihrem Fingernagel. Sie neigte dazu, sich zwanghaft kleine Verletzungen zuzufügen – besonders, wenn sie im Begriff war, einen Tatort abzusuchen, an dem sich eine Tragödie wie diese abgespielt hatte. Sie spürte den Druck, alles richtig zu machen. Dafür zu sorgen, dass der Täter identifiziert und eingesperrt wurde.
    Sie war in Arbeitskleidung. Nicht die dunklen Kostüme, die sie als Detective bevorzugte, sondern der weiße Overall mit Kapuze, den die Mitarbeiter der Spurensicherung trugen, um sicherzugehen, dass sie den Tatort nicht mit ihren eigenen Haaren, abgeschabten Hautzellen oder sonstigen tausenderlei winzigen Spuren kontaminierten, die wir alle ständig mit uns herumtragen.
    »Ich sehe nichts, Sachs. Wo liegt das Problem?«
    »Hier. Wie ist das?« Sie drückte auf einen Schalter an ihrem Headset.
    »Ah, wunderbar. Hm... War das einmal eine Geranie?«
    Sachs blickte auf einen Pflanzenkübel neben der Haustür, der ein vertrocknetes Gewächs enthielt. »Das fragst du die Falsche, Rhyme. Ich kaufe Pflanzen, setze sie ein, und schon sind sie hin.«
    »Ich hab gehört, sie brauchen gelegentlich Wasser.«
    Rhyme befand sich in diesem Moment in seinem Stadthaus etwa zweieinhalb Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Central Parks, sah aber genau, was Sachs sah, und zwar dank einer hochauflösenden Videoeinspeisung, die von einer winzigen Kamera an ihrem Headset zu dem Einsatzfahrzeug der Spurensicherung verlief. Von dort setzte sie ihre drahtlose Reise fort, die in einem Flachbildschirm einen halben Meter vor dem Gesicht des Kriminalisten endete. Sie arbeiteten seit Jahren zusammen, Rhyme für gewöhnlich von seinem Labor oder Schlafzimmer aus, und Sachs am Tatort selbst, von wo sie ihm früher per Funk berichtet hatte. Sie hatten es auch schon mit Video versucht, aber das Bild, das sie erhielten, war zu unscharf, um hilfreich zu sein. Rhyme hatte dem NYPD schließlich so lange zugesetzt, bis sie richtig Geld für ein HD-System ausgaben.
    Sie hatten es bereits getestet, aber nun würde es zum ersten Mal bei einem Fall zum Einsatz kommen.
    Mit der grundlegenden Ausrüstung zur Spurensicherung in der Hand marschierte Sachs los. Sie warf einen Blick auf die Türmatte, die einen Blitz über den Buchstaben LES für Larkin Energy Services zeigte.
    »Sein

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