Gezinkt
Jahren ging es darum, Lebensmittel und Medikamente gegen Aids nach Afrika zu schaffen und Bildungsprogramme in Asien und Lateinamerika zu finanzieren. Am schwersten ist es in Afrika. Darfur, Ruanda, der Kongo, Somalia... Ron weigerte sich, den Regierungen direkt Geld zu geben. Es würde nur in den Taschen örtlicher Beamter verschwinden. Deshalb kaufen wir die Lebensmittel hier oder in Europa und schaffen sie dorthin, wo sie gebraucht werden. Das Gleiche mit den Arzneien. Nicht dass Korruption damit ausgeschlossen wäre. In der Minute, in der ein Schiff anlegt, wird jemand mit einer Waffe zur Hand sein, der sich bei Reis oder Weizen selbst bedient. Das Milchpulver für Babys wird gestohlen und entweder verkauft oder dazu benutzt, Drogen zu strecken. Und die HIV-Arznei wird in neue Flaschen umgefüllt und außer Landes an Leute verkauft, die genügend Geld haben, um die gängigen Preise zu bezahlen. Die Kranken, für die sie bestimmt war, bekommen verwässerte Versionen. Oder manchmal nur Wasser.«
»So schlimm ist es?«, fragte Sellitto. »Großer Gott.«
»O ja. Wir verlieren fünfzehn bis zwanzig Prozent unserer Afrikaspenden pro Jahr durch Diebstahl oder Raub. Zigmillionen. Und wir haben noch mehr Glück als die meisten Hilfsorganisationen da drüben... Deshalb war Ron so unbeliebt. Er besteht darauf, dass wir die Verteilung der Lebensmittel und Medikamente selbst kontrollieren. Wir schließen Abkommen mit den besten örtlichen Organisationen, die diese Aufgabe erledigen. Manchmal sind diese Gruppen, wie die Liberia-Hilfe, mit der politischen Opposition im Bunde. In solchen Ländern stellt Ron also eine Bedrohung für die Regierung dar.
In anderen Regionen wiederum gibt es eine rechtmäßige Regierung, und er verteilt über sie. Was ihn zu einer Bedrohung für die Opposition macht. Dann sind da noch die Warlords. Und die fundamentalistischen Islamgruppen, die überhaupt keine westliche Hilfe wollen. Und die Armeen und Milizen, die sogar wollen , dass die Leute hungern, weil sie den Hunger instrumentalisieren... ach, es ist ein Albtraum.«
Kelsey lachte bitter. »Dann die antiamerikanischen Länder rund um den Globus: der arabische Block, Iran und Pakistan, Indonesien und Malaysia in Fernost... Die Stiftung ist natürlich privat, aber dort drüben sieht man uns als einen verlängerten Arm Washingtons. Und in gewisser Weise sind wir das auch. So, und das war nur in Übersee. Lassen Sie uns jetzt über Amerika sprechen.«
»Hier hat er auch Feinde?«, fragte Sachs.
»O ja. Sie glauben, im karitativen Bereich tummeln sich nur Heilige? Vergessen Sie’s. Ich komme aus der Betriebswirtschaft, und ich kann Ihnen sagen, die skrupellosesten Firmenplünderer sind nichts gegen die Vorsitzenden von Wohltätigkeitsorganisationen. Ron hat die Lebensmittel von einem halben Dutzend Lieferanten hier und in Europa gekauft. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Tonnen verdorbenen Reis und Mais sie uns verkaufen wollten. Ron hat einige von ihnen bei der Arznei- und Lebensmittelbehörde angezeigt.
Dann scheinen einige Führungskräfte zu glauben, Mildtätigkeit beginnt bei ihnen zu Hause. Von einer Organisation, die mit uns arbeiten wollte, hat Ron herausgefunden, dass der Vorsitzende ein Gehalt von fünfhunderttausend Dollar im Jahr kassierte und in einem Privatjet, der von den Spendengeldern finanziert wurde, im Land umherflog.
Ron hat sie eiskalt fallen gelassen, die Times angerufen und ihnen die Geschichte erzählt. Der Vorstandschef wurde am nächsten Tag gefeuert.«
Kelsey bemerkte, dass er sich in Rage redete. »Tut mir leid. Es ist schwer, heutzutage Gutes zu tun. Und jetzt, da er nicht mehr ist, wird es noch sehr viel schwerer werden.«
»Wie sieht es mit Larkins Privatleben aus?«
»Seine erste Frau starb vor zehn Jahren«, sagte Kelsey. »Er hat einen erwachsenen Sohn, der bei Joint Ventures im Energiebereich in China tätig ist. Sie hatten eine sehr gute Beziehung. Er wird am Boden zerstört sein.«
»Und seine neue Frau?«
»Ach, Kitty? Sie tat ihm gut, und sie hat ihn auch geliebt. Sie hat selbst Geld, verstehen Sie? – ihr Vater war im Textilgeschäft oder so etwas. Ron lernte viele Frauen kennen, die nur auf eines aus waren, wie Sie sich vorstellen können. Es war schwer für ihn. Aber bei ihr war es echt.«
»Sein Bruder?«, fragte Sellitto.
»Peter? Was ist mit...? Ach, Sie meinen, ob er etwas mit Rons Tod zu tun haben könnte?« Er lachte. »Nein, nein, ausgeschlossen. Sie standen sich sehr nahe. Er
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