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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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noch vor der Schule stehen – der Gute! Er sah ein bisschen albern aus mit all den Plastikeiern, die an bunten Kordeln um seinen Hals hingen.

Free Maja!
    In meiner Vom-Hölzchen-zum-Stöckchen-Bio-Stunde geht es um den Bau von Blütenpflanzen. Das ist eine kleine Wiederholung – eigentlich nähern wir uns unauffällig, auf Schleichwegen, schwierigeren Themen wie der Photosynthese, aber wir drifteten mal wieder ganz schön ab.
    Als Erstes erzählt uns Ömür, dass er am Donnerstag im Praktikum – diesmal im Baumarkt – ein «Territorium» gebaut hätte. Natürlich weiß niemand, was das ist. Ich auch nicht. «Ein Aquarium ohne Wasser», erläutert Ömür.
    Dann will Azzize wissen, ob es Blumen wirklich guttue, wenn man mit ihnen spräche, ihre behinderte Mutter mache das, worauf Erkan bekennt, öfter mit seinem Computer zu reden. «Fick dein Gehirn», sagt er zum Beispiel netterweise zu ihm, wenn etwas nicht klappt.
    «Ich habe als kleines Kind immer mit der Wand gesprochen, wenn ich im Bett lag», fängt Gamze an, wird aber von mir rüde abgewürgt. Zwei Minuten schweigt sie beleidigt.
    «Wir haben im Kindergarten immer Haferflocken gegessen, voll lecker, gibt’s die noch, Frl. Krise?», ruft Necla, die gerade ein bisschen im Bio-Buch blättert und deren Blick auf eine Seite mit Getreidepflanzen gefallen ist.
    «Was das, Haferflocken?», wollten nun die anderen wissen, und ich erkläre es rasch (inklusive Einkaufstipps), denn das ist die schnellste Methode, zurück zum Thema Blütenpflanzen zu kommen.
    Uff, kaum da gelandet, erwähnt Erkan, dass er keinen Honig mehr isst, weil er das eklig findet, dass die Bienen den Honig sammeln und dann auskotzen, bevor er endgültig ins Glas gelangt. Necla schreit empört auf, hat sie doch erst heute Morgen mit gutem Appetit ein leckeres Honigbrot verspeist.
    Ich weise meine gedächtnisschwachen Schüler darauf hin, dass wir das ganz genau vor etwa zwei Jahren durchgenommen hätten, aber die Erinnerung ist ein flüchtig Ding.
    «Da!», schreit Gamze. «Eine Biene!»
    Die Biene ist zwar eine Wespe, aber sie ist gefangen. In unserem Doppelfenster kriecht sie ermattet auf und ab und sucht einen Ausgang. Sofort verwandeln sich meine hartherzigen Ghetto-Pflanzen in mitleidige Kinder.
    «Oh, die arme Biene. Wir müssen sie retten!»
    Leider hat sich die Biene in ein Fensterabteil verzogen, das wir nicht öffnen können, deshalb geht das nicht ohne weiteres.
    «Jetzt lasst die Biene», sage ich kaltherzig. «Die ist sowieso hin!»
    «Voll gemein, das will nun eine Bio-Lehrerin sein», empört sich Ömür und bewaffnet sich mit einem langen Holzlineal, um das arme Tier damit herauszuangeln.
    «Damit zerquetscht du sie bloß», rufe ich. Aber auf mich hört sowieso niemand, denn die Lebensretter sind nun voll in Aktion. Die Biene fürchtet zu Recht um ihr Leben und verzieht sich in eine Ecke, wo man nicht hinkommt.
    «Jetzt setzt euch sofort hin», sage ich streng. «Das Fenster ist ja offen. Wenn sie das merkt, wird sie schon rauskrabbeln.»
    Alle gehen murrend auf ihre Plätze. Da sieht man’s wieder mal, Lehrer sind nicht nur Spaßbremsen, sondern auch noch Tierquäler.
    Niemand passt auf oder arbeitet mit, denn alle beobachten die dusselige Wespe, die lieber in selbstmörderischer Absicht in die falsche Richtung strebt. Jeder Stellungswechsel wird mit aufmunternden Rufen kommentiert, und ich bin echt froh, als das Tier nach geraumer Zeit den Ausgang findet. Sie kraucht aufs Fensterbrett und plumpst über die Kante in den Abgrund. Alle schreien auf.
    Ist das jetzt das Ende? Biene – ach nee, Wespe – stürzt sich in den Tod? Der Bio-Raum liegt schließlich im Hochparterre.
    «Sie lebt noch!», ruft Fuat, der bis zum Bauchnabel aus dem Fenster hängt.
    Langsam kehrt Ruhe ein. Andere Themen besetzen das Feld.
    In der großen Pause sagt Nesrin zu mir: «Frl. Krise, die arme Biene. Sie ist doch tot.»
    «Ach ja?», antworte ich eher desinteressiert.
    «Ja!» Nesrin guckt mich wild an. «Wenn ich höre, dass Sie mal tot sind, sage ich auch ‹Ach ja?›.»
    «Mm …» Ich muss lachen.
    «Selbst schuld!», schnauzt Nesrin, dreht sich um und stapft davon.

Der letzte Romantiker
    «Wir sind genau seit einem Jahr und zwei Tagen zusammen», sagt Emre und rührt langsam mit dem Pinsel in seinem Deckfarbkasten herum.
    «Wer?», frage ich überflüssigerweise, denn ich weiß es genau. Aber ich bin begierig nach neuen Details dieser traumhaften Liebesgeschichte.
    «Na, meine Freundin

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