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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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zweitrangig. Lernberater … Pah, ich kann hier beraten, bis ich schwarz werde. Wenn ich meine Schüler nicht persönlich erwische, läuft gar nichts, nicht mal das schnöde Markieren von Textstellen.
    Viele Stunden später, kurz vor drei, habe ich wieder Unterricht in meiner Klasse. Persönliches Erwischen? Es hat sich aus-erwischt. Der Schulmorgen ist über uns hinweggerollt. Ich muss zwei Schüler in Nebenräume setzen. An Erkan ist kein Rankommen mehr, und Jenny ist hochaggressiv. Sie kann nur noch rotzfreche Antworten geben, sie haut mir so ein Wort wie «Kopfficker» um die Ohren. Beziehung? Alle Drähte sind gekappt.
    Aber beim Rausgehen sagt Necla: «Nicht vergessen, Frl. Krise, die Rose von mir mit nach Hause nehmen!»

Frl. Krise ist spießig
    Die Aufgabe des «anleitenden Lehrers» ist eine ehrenvolle Tätigkeit, die sich jedoch in Lehrerkreisen keiner sonderlichen Beliebtheit erfreut. Man übernimmt dabei die Rundumbetreuung eines Referendars an der Schule – eine unter Umständen zeitraubende und heikle Angelegenheit.
    Sandy war klein, quirlig und stolz darauf, Halb-Irin zu sein. In ihrem Fach Englisch schien sie – laut eigenen Angaben – topfit zu sein. Aber in Kunst, dem Fach, in dem ich ihr zur Seite stehen sollte, gab es jede Menge Probleme.
    Wir setzten uns nachmittags immer wieder zusammen, suchten nach Themen, tüftelten Unterrichtsverläufe aus und bereiteten geeignetes Material auf. Aber sie machte dann oft in den Stunden etwas ganz anderes. Ich kam nicht recht dahinter, ob das absichtlich geschah oder ob sie einfach nicht in der Lage war, ein geplantes Unterrichtsvorhaben umzusetzen.
    Um mehr Einblick in die Unterrichtspraxis zu erhalten, sollte Sandy ab und zu mit in meinen Unterricht gehen. Allerdings blätterte sie dann hinten sitzend meist nur gelangweilt in einer englischen Zeitschrift, anstatt sich für die pädagogischen Perlen, die ich freigebig verstreute, zu interessieren.
    Einmal lackierte sie sich in meinem Unterricht die Fingernägel. Grün! Als ich sie bat, damit aufzuhören, schließlich würden wir das unseren Schülerinnen auch nicht gestatten, sah sie mich mit großen Augen an. «Natürlich würde ich ihnen das erlauben», sagte sie schnippisch, «jedenfalls in Irland, schließlich ist morgen St. Patrick’s Day!» Am nächsten Tag erschien sie mit grün gefärbten Haaren in der Schule, was die Kollegen großzügig übersahen, bei den jüngeren Schülern jedoch für Aufruhr sorgte. Mich ärgerte das alles. Ich investierte nur ungern Zeit und Energie in ein wenig aussichtsreiches Unternehmen – und sagte das auch.
    Sandy fand das kleinlich und spießig von mir. «Ich bin eben so», bemerkte sie, «daran kann man nichts ändern, das ist das irische Erbe in mir.»
    Sandy eckte auch bei ihrer Fachseminarleiterin an. Zum Eklat kam es während einer der Unterrichtsbesuche, die regelmäßig stattfanden. Sandy tändelte mal wieder unentschlossen durch ihren (von uns eigentlich gut vorbereiteten) Unterricht, bis sie sich schließlich völlig verrannt hatte und nicht mehr weiterwusste.
    Draußen auf einem unserer Schulhöfe fand gerade der Abi-Gag statt, ein wildes Event der Abiturienten, an dem etliche Klassen teilnahmen. Leise Musik drang bis zu uns in den Malsaal vor.
    «Ach, wir machen ein anderes Mal weiter», sagte Sandy plötzlich zu den Kindern. «Kommt, wir gehen mal raus und gucken, was die da draußen machen, die Abiturienten.» Sprach’s, und weg war sie und mit ihr die ganze Klasse.
    Die Seminarleiterin und ich blieben zurück und sahen uns völlig konsterniert an.
    Sandy verschwand übrigens sehr bald von der Bildfläche, zwar ohne Examen, aber mit dem festen Vorsatz, so schnell wie möglich ins unspießige Irland auszuwandern.

Frühlingserwachen
    Der Frühling, der Frühling! Der nervt ganz schön. Meine Schüler schwellen unter seinem Einfluss förmlich auf, sie erglühen und erblühen, dass es fast schon unanständig zu nennen ist. Und sie werden durch diese wahrscheinlich hormongesteuerten Vorgänge noch lauter und ungebärdiger – obwohl ich bis heute glaubte, da wäre keine Steigerung mehr möglich.
    Meine Mädels, fast alle mit ein paar Pfündchen Babyspeck zu viel auf Bauch, Beine, Po, schlüpfen aus ihren langen, schlauchartigen Pullis und den winzigen Lederjäckchen und stehen auf einmal in hautengen Leggins und wurstpellenartigen Shirts herum. Ach, was rede ich da! Stehen? Nein, sie rasen kreischend über den ganzen Hof, gefolgt von den Jungen,

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