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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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gestern einen superguten Eindruck gemacht.»
    «Sie beschäftigen sich nur mit Emre und Ömür!», beklagt sich Gülten weinerlich. «Und wir? Außerdem haben wir jetzt Deutsch!»
    «Auch noch eifersüchtig», sage ich. «Macht doch ebenfalls mal so was Schönes, dann frage ich euch auch.»
    «Phhhhh, ist doch nichts Besonderes», lässt Nesrin verlauten und wendet sich ab.
    Emre und Ömür grinsen mich an. Ich grinse zurück.
    «Na, dann nehmt mal alle die Hausaufgaben raus.»
    «Welche Hausaufgaben?», fragt Nesrin.

«Guten Tag, Frau Merkel!»
    «Frau Merkel hat diese Hand geschüttelt», ruft Ömür schon von weitem und hält sein rechtes Patschepfötchen hoch in die Luft. Emre, der neben ihm geht, nickt.
    Die beiden werden von einigen Schülern unserer Klasse zu unserem Treffpunkt im Park geleitet – ja, sie werden regelrecht eskortiert. Schließlich kommen sie wirklich und wahrhaftig von einer echten Pressekonferenz.
    Wir warten schon seit Stunden auf sie, es ist fast Mittag.
    Wir haben heute Wandertag und sind seit neun Uhr hier draußen. Die Sonne scheint zwar, aber ein ekelhafter Wind pustet über die Wiesen. Wir haben schon massenhaft alle Sorten Chips, mehrere Prinzenrollen, Kuchen, Plätzchen, selbstgebackenes türkisches süßes beziehungsweise herzhaftes Gebäck und Gummitiere jeglicher Couleur verspeist – und mir ist ein bisschen schlecht.
    «Nein», sage ich. «Frau Merkel! Niemals!»
    «Doch jetzt, ehrlich!» Emre und Ömür strahlen. Emre zeigt uns das Programm. Zwischen lauter Doktoren und Managern und Geschäftsführern steht sein Name: «Emre Yildirim, Schüler».
    «Du warst der einzige Schüler auf dem Podium?», fragt Karl ungläubig.
    «Ja!» Emre nickt stolz.
    «Ich war Publikum!», berichtet Ömür. «Waren voll viele von Presse da und so, und Frau Merkel und noch mehr Politiker!»
    «Nein, das glaube ich nicht.» Ich bin misstrauisch. Frau Merkel! Als hätte die nix anderes zu tun, als unseren Schülern die Hand zu schütteln.
    «Was hatte sie an?», frage ich und komme mir sehr schlau vor.
    Ömür und Emre sind ratlos. «So was Rotes, glaube ich», sagt Ömür unschlüssig.
    «Ach, Frl. Krise, so was sehen die Jungen doch nicht!», ruft Aynur. «Los, erzähl, Emre!»
    Emre berichtet, dass er «übelst» aufgeregt war, bevor es anfing, dass er dann aber «übelst» viel geredet hätte.
    «Was denn eigentlich?», fragt Hassan mit gerunzelter Stirn.
    «Na, alles», sagt Emre. «Wie es so ist. Mit Schule und Beruf. Und dass man als Jugendlicher mit Migrationshintergrund schlechter angesehen ist und schwerer Stelle findet und dass viele Schüler nicht wissen, was sie wollen, und wenn man Fremdwörter benutzt in der Schule, wird man ausgelacht, weil das ist nicht cool. Aber man muss seinen Weg gehen! Ich hatte mich ja angemeldet bei dem Projekt und Ömür auch, und die anderen von unserer Klasse haben das nicht gemacht. Und der eine Herr, der Dr. Stark, hat gesagt, dass ich recht habe. Und dann haben sie mich gefragt, was sie machen können, damit sich mehr Jugendliche interessieren, so wie wir, und ich habe ihm Vorschläge gemacht.»
    Ich bin beeindruckt.
    «Ich habe gesagt, bei den Deutschen sagen die Eltern den Kindern, wie alles geht, und bei uns sagen die Kinder das den Eltern. Ist alles schwerer für uns, Stelle finden und so.»
    «So schlaue Sachen! Und so viel hast du geredet?» Ich staune.
    «Ja, übelst viel, ich war ja der einzigste Schüler!»
    «Ich hab mich auch gewundert!» Ömür wundert sich immer noch. «Voll viel, und er hat gar keine Grammatikfehler gemacht. Okay, ich weiß nich», fügt er ehrlich hinzu.
    «Nachher hab ich mich noch voll lange mit so Politikern unterhalten, mit dem Bürgermeister und noch einem», berichtet Emre. «Und ich habe den auch gesagt, dass uns die Klassenlehrer voll viel helfen und dass sie uns so viel erzählen von ihr Leben und wie alles geht – und dass Frl. Krise ist wie unsere zweite Mutter!»
    «Das hast du nicht gesagt!», rufe ich geschockt. Karl grinst. «Aber wie war das jetzt mit Frau Merkel?» Ich bin immer noch nicht sicher, dass die wirklich anwesend war.
    «Echt jetzt! Sie kam später und hatte voll viele Bodyguards und war nur ganz kurz da. Aber sie hat uns die Hand gegeben!»
    Und das passiert ausgerechnet Ömür, der doch andauernd von Frau Merkel spricht! Er hebt, wie zum Beweis, wieder seine Hand hoch. Dummerweise sind die Gen-Spuren unserer Kanzlerin nicht mit bloßem Auge zu sehen.
    Alle anderen Schüler haben sich

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