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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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lebenslänglich davongekommen. Dabei hätte er ihrer Meinung nach die Todesspritze verdient und nichts anderes.
    Wollte dieser Verrückte sie genauso umbringen, wie man ihre Mutter umgebracht hatte? Handelte es sich um einen schlechten Scherz irgendwelcher Jugendlichen? Nein, er sah wie ein Erwachsener aus. Meinte der Kerl es tatsächlich ernst? Gab es den Klan wirklich noch? Hatte der sich nicht längst aufgelöst? Oder träumte sie nur schlecht? Befand sie sich in einem Albtraum, aus dem sie schweißnass erwachen würde?
    Der Killer genoss die Verzweiflung seines Opfers und weidete sich einen Augenblick daran. Er beugte sich zu ihr herunter und lächelte sie durch die Schlitze in seiner Kapuze an. »Weißt du, wie deine Mutter gestorben ist? Du warst damals noch ein Kleinkind, ich weiß, aber man hat es dir doch sicher erzählt, nicht wahr? Du wirst auf die gleiche Weise sterben. Es war ungerecht, Jeremy nach so vielen Jahren zu verurteilen und ihn als alten Mann ins Gefängnis zu schicken, nur weil er ein paar Nigger und ihre weißen Freunde bestraft hat. Ein mieser Schauprozess liberaler Stimmungsmacher, der unsere Autorität als die wahren Bewahrer der menschlichen Werte untergraben sollte. Aber ich werde ihnen beweisen, wer das Sagen in dieser Stadt hat und wie die Stimmung in der Bevölkerung wirklich ist. Mit Niggern und Niggerfreunden wollen wir nichts zu tun haben! Dein Tod wird nur der Anfang eines langen Feldzuges sein, der uns einem reinen und wahren Amerika wieder näherbringt.«
    Sie war viel zu entsetzt, um zu schreien oder sich zu wehren. Stattdessen begann sie zu weinen. »Warum …warum …«, stammelte sie, »ich … ich habe doch nichts getan.« Der Killer lächelte weiter und schlug sie mit einem Faustschlag bewusstlos. Sie verdrehte die Augen und verstummte.
    Sein Opfer in den mitgebrachten Kartoffelsack zu stecken, bereitete ihm mehr Mühe, als er angenommen hatte. Er hätte nicht gedacht, dass eine Frau so schwer sein konnte. Als er es endlich geschafft hatte, band er den Sack fest zu und trug ihn zum Kofferraum seines Wagens. Niemand beobachtete ihn, als er den Sack mit seinem reglosen Opfer in den Kofferraum hievte.
    Einigermaßen zufrieden setzte er sich ans Steuer. Am Tatort hatte er keine Spuren hinterlassen, das niedergetrampelte Gras würde ihn nicht verraten. Seine Schuhe und den Boden vor dem Fahrersitz würde er später säubern, nur für alle Fälle. DNA-Spuren an der Leiche würde es nicht geben. Sie hatte sich nicht gewehrt und keine Hautpartikel unter ihren Fingernägeln. Mal davon abgesehen, dass man ihn sowieso nicht verdächtigen würde. Warum sollte ein Mann wie er einen Mord begehen? Nicht einmal seine Freunde beim Klan wussten Bescheid.
    Er verließ den Parkplatz und steuerte den Wagen auf die Brückenauffahrt. Sein Vorhaben war nicht ungefährlich, vielleicht sogar leichtsinnig. Immerhin waren um diese Zeit schon zahlreiche Pendler unterwegs. Doch dieses Risiko musste er eingehen. Wenn er mit der Hinrichtung von Angie Rydell ein Zeichen setzen wollte, musste er genauso vorgehen wie Jeremy Hamilton vor fast vierzig Jahren. Der inzwischen achtzigjährige Klansmann, in seinen Augen ein unbescholtener Held, hatte Angies Mutter von der alten Brücke geworfen – das hatte er vor Gericht sogar zugegeben – und mit grimmiger Genugtuung zugesehen, wie der Sack mit der wieder erwachten Frau im Savannah Riverversunken war. Die alte Brücke gab es nicht mehr, und die neue war höher, sodass Angie den Sturz vielleicht nicht überleben würde, aber dieses Risiko musste er in Kauf nehmen. Eine seltsame Erregung bemächtigte sich seiner, als er am ersten Brückenpfeiler an den Straßenrand fuhr, die Warnblinker einschaltete und langsam ausstieg.
    Er öffnete die Motorhaube, wie es Vorschrift war, wenn man eine Panne hatte, um möglichst wenig Verdacht zu erregen, und ging zum Kofferraum. Er wartete, bis die Straße hinter ihm leer war, öffnete ihn und erkannte an den verzweifelten Bewegungen im Sack, dass Angie Rydell aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war. Sie stöhnte und schluchzte laut.
    Es war alles gesagt worden, also packte er den Sack und trug ihn rasch zum Brückengeländer. Er wuchtete ihn auf die Betonmauer und stieß ihn in die Tiefe. Außer ihm hörte niemand die entsetzten Schreie der Frau, als sie in dem Sack nach unten stürzte. Der Killer blickte ihr nach, bis der Sack ins Wasser fiel und von der Strömung nach Südosten getrieben wurde. Wie ein unliebsames Kätzchen,

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