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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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er hatte sie daran erinnert, dass der Mörder noch in dieser Nacht zuschlagen und Homer Middleton ein perfektes Opfer abgeben konnte. Wie sein Onkel lebte er auf der Farm, eswaren eine Frau und Kinder im Haus und die alte Eiche stand immer noch.
    Wenn der Täter auch den zweiten Mord kopierte und sich an die Vorgehensweise des alten Hamilton hielt, würde er zwischen ein und zwei Uhr zuschlagen. Genau dann, wenn die Cops nicht in der Nähe waren, denn von ihrem Chef hatte sie gehört, dass der Streifenwagen jeweils zur vollen Stunde an der Farm vorbeifahren würde. Das würde auch der Killer herausfinden. Nur woher wollte er zehn Klansmänner bekommen? Allein war ein Lynchmord kaum durchzuführen.
    Sie steckte ihr Handy ein und öffnete die Haustür. Ihr Kater war immer noch schlapp und hob nicht einmal den Kopf, als sie aus dem Haus trat. Sie ging zu ihrem BMW, öffnete die Fahrertür und stieg ein. Erst als sie den Motor anließ, sah sie den jungen Mann auf der Parkbank sitzen. Mutterseelenallein hockte er vor der Grünanlage eines der vielen Plätze, die Savannah und seine Altstadt so reizvoll machten.
    »David?«, flüsterte sie ungläubig. Er sah tatsächlich so aus wie der Mann, der ihr vors Auto gelaufen war, dieselben zerschlissenen Jeans, die ausgebleichte Jacke, die vorsintflutlichen Laufschuhe. Von den halblangen Haaren, die ihm bis über die Ohren reichten, ganz zu schweigen. David, das war ihr David, aber was machte er um diese Zeit auf einer Parkbank?
    Sie hielt vor ihm und ließ das Beifahrerfenster herunter. »David? Was machst du denn hier? Weißt du überhaupt, wie spät es ist? Oder gehst du öfter mitten in der Nacht spazieren?«
    »Ich bin ein Nachtmensch«, erwiderte er. Sein jungenhaftes Lächeln ließ ihn jünger erscheinen, als er wirklich war. »Nachts erscheint alles so … friedlich. Viel friedlicher,als es in Wirklichkeit ist. Und dann diese Stille. Hörst du tagsüber vielleicht den Wind in den Bäumen rauschen? Riechst du die Blumen?«
    Seine Gegenwart und das Leuchten seiner blauen Augen ließen sie für einen Augenblick den schwarzen Farmer vergessen. »Ich mag Romantiker«, sagte sie, »und ich könnte dir stundenlang zuhören, aber ich habe im Augenblick leider gar keine Zeit. Sehen wir uns heute Abend? Um sieben? Hier?«
    Anstatt zu antworten, erhob sich David, öffnete die Beifahrertür und stieg in ihren Wagen. Obwohl er sehr viel ernster wirkte als bei ihrem ersten Treffen, verzauberte er sie auch diesmal mit seiner Nähe und seiner Ausstrahlung, die etwas Magisches an sich hatte. Sie fühlte sich wohl in seiner Nähe, so wohl und geborgen wie bei einem Menschen, den man schon viele Jahre kannte. Ein platter Vergleich, den man oft in Liebesschnulzen las, aber bei David und ihr stimmte er. Auch wenn sie das nach so kurzer Zeit nie für möglich gehalten hätte … sie hatte sich ein bisschen in ihn verliebt.
    Nur für einen Sekundenbruchteil blitzte das vertraute Lächeln in seinen Augen auf, dann wurde er wieder ernst. »Ich weiß, wo die Farm von Homer Middleton liegt«, sagte er. »Ich war viele Male draußen. Die nächste Straße rechts und dann geradeaus …«
    Alessa blickte ihn erstaunt an. »Woher weißt du, dass ich zur Middleton-Farm will? Hast du etwa auf mich gewartet? Hat der Killer … hat er dem Farmer etwas angetan?«
    »Ich hoffe nicht«, erwiderte David. »Auch ein Mann wie ich, der zu vielem Zugang hat, was anderen Menschen verschlossen bleibt, kann nicht alles wissen. Ich weiß nur, dass der Ku-Klux-Klan wiederauferstanden ist. Nur sieben Männer, aber ein Großmeister, der zu allem entschlossenist. Er ist der Mörder, nach dem du suchst. Er hat Angie Rydell ertränkt.«
    »Der Großmeister?«
    »Damals hatte er mehr Macht als ein Gouverneur. Heute ist er ein gewöhnlicher Verbrecher, der in der Vergangenheit lebt und dem jedes Mittel recht ist, um eine Welt nach seinen Wünschen zu erschaffen. Eine Welt, wie wir sie einmal hatten, die von Weißen regiert wird und in der Schwarze nichts zu sagen haben.« Er blickte sie an. »Willst du nicht fahren?«
    Sie hatte ihm wie gebannt zugehört und sich in seinen Augen verloren, doch seine Frage brachte sie in die Wirklichkeit zurück. So ruckartig, als säße sie zum ersten Mal in einem Wagen mit Gangschaltung, fuhr sie los.
    Als sie am Colonial Park Cemetery vorbeikamen, merkte sie, wie er mit weit geöffneten Augen auf die Gräber blickte. Zerfetzte Nebelschwaden hatten sich in den Baumkronen und dem Spanischen

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