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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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Moos verfangen und trieben zwischen den Grabsteinen dahin.
    Sie erinnerte sich daran, ihn bei ihrem nächtlichen Ausflug am Grab von Bruce Gaddison gesehen zu haben, dem Restaurantbesitzer, der vom Klan umgebracht worden war, weil er Schwarze bedient hatte.
    »Warst du gestern Nacht auf dem Friedhof ?«, fragte sie, nachdem sie am Colonial Park Cemetery vorbei waren und die Interstate ansteuerten. Nach ihrer Begegnung in dieser Nacht kam ihr die Idee gar nicht mehr so abwegig vor. Bisher hatte sie geglaubt, ihr Treffen auf dem Friedhof wäre Einbildung gewesen.
    »Kann schon sein«, antwortete er. »Ich wohne hier ganz in der Nähe. Und wie du jetzt weißt, gehe ich gern nachts spazieren. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern. Nach unserem Abschied war ich sehr … sehr verwirrt. Ichglaube, ich bin kreuz und quer durch die Stadt gelaufen. Auch über den Friedhof. Friedhöfe sind sehr romantisch.«
    »Ich war auch auf dem Friedhof und dachte, ich hätte dich gesehen.« Sie fuhr auf die Interstate und überholte einen leeren Reisebus. »Aber es war schon sehr spät, und ich habe mich vielleicht auch getäuscht. Du standest vor dem Grab von Bruce Gaddison.«
    »Bruce … er war ein guter Kerl.« In seinen Augen war Wehmut zu erkennen. »Er hatte ein Diner im Süden der Stadt, einen umgebauten Eisenbahnwagen, in dem es die besten Hamburger von Savannah gab. Oder wenigstens die zweitbesten. Im Süden wohnten damals schon viele Neger … Afroamerikaner. Er machte nie einen Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen, ließ einen Weißen in der Schlange warten, selbst wenn nur noch Schwarze vor ihm waren. Ich … seine Freunde warnten ihn die ganze Zeit, der Klan würde ihn umbringen, wenn er so weitermachte, und so kam es dann auch.«
    Alessa blieb auf der Mittelspur und blickte ihn erstaunt an. »Du weißt viel über die Sechziger. Haben deine Eltern damals hier gelebt und dir davon erzählt? Waren Sie auch freundlich zu den Schwarzen?«
    »Oh ja.« Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Meine Eltern lebten damals schon in Savannah, aber um die Schwarzen kümmerten sie sich nicht viel. In ihrer Nachbarschaft gab es keine Schwarzen, und wenn ich mich recht entsinne, kamen sie auch mit keinem in Berührung. Nicht mal in der Schule hatten wir … hatten die Leute damals mit Schwarzen zu tun, wusstest du das? Weiße gingen auf eine weiße Schule, und Schwarze konnten froh sein, wenn sie überhaupt auf eine Schule gehen durften. Kaum zu glauben, dass das erst fünfzig Jahre her ist!« Er blickte nach vorn und studierte die Straßenschilder. »Wir sind aufder neuen Schnellstraße, nicht wahr? Wenn ich hier draußen war, hab ich meist den Highway genommen. Hey … was ist das?«
    Vor ihnen leuchteten rote Sprühfackeln auf der Straße. Ein Streifenwagen mit flackernden Warnlichtern stand quer und ein Polizist in einer Weste mit Leuchtstreifen hielt den Verkehr an. Weiter vorn waren einige Männer dabei, einen ausgebrannten Lieferwagen mit einer Seilwinde auf einen Abschleppwagen zu laden. Zehn Minuten, deutete der Polizist an.
    Natürlich dauerte es doppelt so lange, bis die Straße frei war und sie ihre Fahrt fortsetzen konnten. Nur eine Meile weiter kam die Ausfahrt nach Meldrim.
    Alessa bog auf eine verlassene Landstraße und fuhr an der kleinen Stadt vorbei. Nur in einem der Häuser brannte noch Licht. Schon nach halb zwei, zeigte die Uhr am Armaturenbrett. »Wir sind zu spät«, befürchtete sie. »Der Mord an Abraham Middleton geschah zwischen ein und zwei Uhr.«
    »Um ein Uhr zwanzig«, erwiderte David kleinlaut. Er schien sich die Schuld an der Verspätung zu geben. »Ohne den Unfall hätten wir es geschafft. Aber so …« Er schloss die Augen, kämpfte er gegen Tränen an? »Wenn der Killer so verrückt ist, wie ich glaube, kommen wir zu spät. Dort hinten geht es rechts ab.«
    Sie sahen das brennende Kreuz schon von Weitem. Wie das bedrohliche Mahnmal aus einer längst vergangenen Zeit erhob es sich vor der einsam gelegenen Farm. Die Flammen züngelten an dem feuchten Holz empor und ließen das Farmhaus, den Stall und den Schuppen nur schemenhaft erkennen. Schwarze Rauchschwaden hingen über den Gebäuden, dem Hof und dem Kartoffelacker.
    »Verdammt!«, fluchte Alessa und bog auf die Schotterstraßezur Farm. Mit Vollgas raste sie am Acker entlang zum Farmhaus. Noch bevor sie aus dem Wagen sprang, ahnte sie, was sie im Schein des brennenden Kreuzes erwarten würde. »Verdammt!«, rief sie noch einmal,

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