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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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einer halben Stunde wieder vorbei, Mister. Legen Sie sich schlafen. Wir haben die Sache voll im Griff. Es besteht kein Grund zur Sorge.
    Barfuß in Boxershorts und T-Shirt blieb Homer Middleton vor der Tür stehen. Mit der freien Hand drehte er den Schlüssel nach links und öffnete sie mit dem Drehknopf. Ein Schwall kühler Luft drang in den Raum und ließ einige Papiere vom Tisch flattern. Homer Middleton erkannte die letzte Handyrechnung.
    Er tat einen Schritt nach vorn und wurde im selben Augenblick von einer starken Hand gepackt und ins Freie gezogen. Seine Smith & Wesson fiel zu Boden. Er stolperte nach vorn und stürzte, sah sechs Männer in weißen Kutten im Halbkreis um sich stehen.
    Middleton war so geschockt, dass er zu keiner Reaktion fähig war. Wie zu Stein erstarrt und bis ins Mark erschüttert lag er auf dem Boden und starrte die Kapuzenmänner an. Eine geheimnisvolle Macht hatte die Zeit zurückgedreht. Zurück in die Sechzigerjahre, als der Ku-Klux-Klan noch eine politische Macht war und sein Unwesen in den Südstaaten trieb. Biedere Männer in weißen Kutten und spitzen Kapuzen, von unverständlichem Hass erfüllte Spießer, die in dieser albernen Tarnung alle Hemmungen ablegten und mit unvorstellbarer Grausamkeit gegen Schwarze und Andersdenkende vorgingen und selbst vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckten. Wandelnde Rächer, von denen man unter ihrer Verkleidung nur die hasserfüllten Augen sah.
    Der Klan war zurückgekommen, und Homer Middleton wusste nur zu gut, was die Männer mit ihm vorhatten. Die schrecklichen Ereignisse, die er als Vierjähriger miterlebt hatte, standen noch deutlich vor seinen Augen. »Mary-Beth«,flüsterte er voller Verzweiflung. »Kayla! Kate! Benny!« Die Namen seiner drei Kinder. Stand ihnen das gleiche schaurige Schauspiel bevor wie ihm vor beinahe vierzig Jahren?
    Er löste sich aus seiner Erstarrung und wollte sich auf seinen Revolver stürzen, schaffte es jedoch nicht einmal, seine Hand auszustrecken. Einer der Kapuzenmänner, anscheinend der Anführer, trat ihm mit voller Wucht auf den Unterarm und blieb darauf stehen.
    »Du warst dabei, als sie deinen Onkel aufknüpften, nicht wahr?«, sagte der Klansmann mit verstellter Stimme. Selbst in dem schwachen Licht, das der Mond verbreitete, sah man, wie seine Augen vor Erregung glänzten. »Dann weißt du ja, was dir jetzt blüht.«
    Homer Middleton versuchte, seinen Arm unter dem Schuh des Anführers hervorzuziehen, aber der Kapuzenmann stand mit seinem vollen Gewicht auf dem Unterarm, und durch seine Befreiungsversuche vergrößerte Homer den Schmerz nur noch. Mit zusammengepressten Lippen gab er auf.
    Warum bin ich vors Haus gegangen, warf er sich vor. Warum habe ich nicht die Polizei gerufen? Sie werden mich töten, so wie damals Onkel Abe. Sie werden mich wie einen gemeinen Pferdedieb im Wilden Westen an der großen Eiche aufknüpfen.
    »Homer Middleton«, sagte der Anführer. Seine Stimme blieb verstellt. »Ich verurteile dich zum Tode durch den Strang. Dein Tod soll all denjenigen als Warnung dienen, die gegen den Willen Gottes handeln und niederen Kreaturen wie dir die gleichen Rechte einräumen. Sie sollen wissen, dass der Klan zurückgekehrt ist und endlich für klare Verhältnisse in diesem Land sorgen wird. So wahr mir Gott helfe.«
    Er hob einen Arm, anscheinend das Zeichen für einen siebten Klansmann, der hinter dem Steuer eines Pickup-Trucks saß. Der Mann startete den Motor, ließ die Scheinwerfer aufflammen und fuhr den Wagen unter die alte Eiche neben der Scheune. Er stellte den Motor ab und stieg aus, ein zusammengerolltes Seil in der rechten Hand. Die Scheinwerfer brannten weiter und leuchteten in das Schlafzimmer der Middletons hinein.
    Wieder ein Zeichen, der Anführer nahm seinen Fuß vom Unterarm seines Opfers, zwei Klansmänner packten Homer und drehten seine Arme auf den Rücken. Er spürte, wie jemand seine Handgelenke mit einem Kabelbinder fesselte. »Bringt den Verurteilten zum Pick-up! Stellt ihn auf die Ladefläche!«
    Die beiden Kapuzenmänner stießen ihn unsanft vorwärts. »Das ist Mord!«, rief Middleton. Er wand sich wie eine Schlange, aber seine Peiniger hatten ihn an den Armen gepackt und hielten ihn eisern fest. »Das ist gemeiner Mord! Wir leben nicht mehr in den Sechzigern. Man wird euch festnehmen und zum Tode verurteilen, wenn ihr mich umbringt! Lasst mich los! Ich habe euch nichts getan!«
    Aus dem Haus drang ein verzweifelter, beinahe unmenschlicher Schrei nach

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