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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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Taschenlampe hatte sie bei ihrem ersten Ausflug in den Gang verloren, darum lief Alessa an dem verstörten Kater vorbei in die Küche und suchte in den Schubladen der Kommode nach einem Ersatz. Doch sie fand nur eine Kerze und Streichhölzer. Sie zündete die Kerze an und lächelte dem Kater beruhigend zu, als wollte sie sagen: »Mach dir keine Sorgen, alles okay, schlaf ruhig weiter, mein Guter!«
    Sie öffnete die quietschende Kellertür und stieg mit der flackernden Kerze nach unten. Ihr unruhiger Schatten folgte ihr in das unterirdische Reich. Im Kerzenschein sah sie keine fünf Schritte weit. Mit der freien Hand tastete sie sich an der Wand entlang in den Kellerraum. Unangenehme Kühle empfing sie. Aus der Dunkelheit drang das leise Scharren von Mäusen zu ihr.
    Die Tür zum Geheimgang stand offen. Alessa blieb zögernd davor stehen, hatte plötzlich Angst, das dunkle Gewölbe zu betreten. Ein kühler Windhauch strich ihr entgegen und ließ sie zittern. Es stank wie beim letzten Mal.
    »Alessa! Hab keine Angst!«
    Die Stimme war so nahe, dass sie vor Schreck zusammenzuckte.Heißes Wachs tropfte von der Kerze auf ihr rechtes Handgelenk. Sie wischte es weg und betrat den Geheimgang. Mit kleinen Schritten arbeitete sie sich in der Dunkelheit voran. Ihr Schatten geisterte an der Felswand entlang.
    Den Mann, der während der letzten Tage ständig in ihren Gedanken gewesen war, fühlte sie mehr, als dass sie ihn sah. »David!«, sagte sie.
    »Alessa! Ich wusste, dass du kommen würdest!« David wirkte im unruhigen Kerzenschein noch geheimnisvoller, aber auch sanfter, und sein Lächeln kam ihr so lebendig vor, dass sie plötzlich daran zweifelte, jemals sein Grab gesehen zu haben. Er blieb ruhig stehen. »Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe, aber anders konnte ich mich nicht bemerkbar machen. Du bist mir doch nicht böse?«
    »Nein, natürlich nicht«, erwiderte Alessa. David schien die Kälte aus dem unterirdischen Gang vertrieben zu haben. »Ich bin froh, dass du mich gerufen hast. Es ist nur … ich hatte einen Albtraum und dachte … warum kommst du mitten in der Nacht?«
    »Es war die einzige Möglichkeit, ungestört mit dir zu reden. Ich bin kein Vampir, wenn du das meinst.« Sein Lächeln wurde breiter. »Ich bin nicht mal sicher, ob es die wirklich gibt. Der einzige, den ich kenne, ist Dracula, und der spukt schon lange nicht mehr herum. Alles andere ist Erfindung, glaube mir. Wahre Geister sind viel …« Er merkte, dass er im Begriff war, ein Geheimnis auszuplaudern, und brach mitten im Satz ab. »Aber ich bin nicht hier, um über Vampire zu reden. Ich möchte dir helfen, Alessa.«
    Sie schien ihm gar nicht zuzuhören. »Wer bist du, David?«, fragte sie zum wiederholten Male. »Bist du ein Geist? Hast du meinen Radiowecker verstellt? Hast du mich vor den bösen Geistern in der Ghost Street beschützt? Ich …«Sie wagte nicht, ihm in die Augen zu sehen. »Ich habe dein … Grab gesehen, David!«
    Er behielt sein Lächeln, streckte eine Hand nach ihr aus, ließ sie aber wieder sinken. »In Savannah passieren seltsame Dinge, das weißt du doch. Und in der Ghost Street habe ich schon die tollsten Sachen erlebt. Manchmal glaube ich, das Fremdenverkehrsamt hat seine Hand im Spiel. Die Geister bringen Geld nach Savannah, mehr als die historischen Denkmäler.«
    »Dein … dein Grab, David.«
    »Ich bin hier, Alessa.« Diesmal berührte er sie wirklich, zuerst zögernd, beinahe schüchtern, dann bereitwillig und voller Gefühl. »Und ich bin froh, dass ich dich sehen, hören und fühlen kann. Denke nicht darüber nach, woher ich komme und wer ich sein könnte. Ich bin David Bolton. Der vierte, um genau zu sein. Es gibt einige Grabsteine mit diesem Namen in Savannah. Du brauchst keine Angst zu haben. Vieles von dem, was du jetzt nicht verstehst, wird dir später umso klarer sein.« Er lächelte sanft. »So wie nach einer Verhandlung vor Gericht.«
    Sie verdrängte alle störenden Gedanken und sank langsam in seine Arme. Wieder durchströmte sie angenehme Wärme, so wie auf dem Friedhof, als er sie in die Arme genommen hatte. Sie spürte seine Lippen auf ihren Haaren, ihrer Stirn, ihrer Nase, auf beiden Wangen und ihrem Mund, so sanft und zart, als hätte er Angst, ihr mit seiner Zärtlichkeit zu nahe zu kommen. »David!«, flüsterte sie zufrieden und erwiderte seinen zarten Kuss.
    Für eine kurze Weile zählte nur der Augenblick für sie, seine Wärme, seine Nähe, sein Lächeln, sein Atem, der kaum

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