Ghost Street
Sieht ganz so aus, als wollte der Killer uns in die Irre führen. Die gleiche Vorgehensweise wie damals, nur die falsche Reihenfolge.«
»Weil Ihre Leute nicht aufgepasst haben«, sagte der FBI-Agent, auch an den Lieutenant gewandt. »Sie hätten den Hintereingang im Auge behalten sollen, dann wäre ihnen der Pfarrer nicht entwischt. Ein Anfängerfehler.«
»Woher hätten sie ahnen sollen, dass der Pfarrer sich rausschleicht und mit einer verheirateten Frau trifft?« Jenn brachte allein der Anblick des arroganten Agents auf hundertachtzig. »Beim FBI mag das ja gang und gäbe sein, aber hier im tiefen Süden macht man so was nicht. Jedenfalls nicht, wenn man als Pfarrer arbeitet und die Zehn Gebote über dem Bett hängen hat. Keane hat sich die Suppe selbst eingebrockt … und auch noch eine Unschuldige mitgerissen. Wo war eigentlich das FBI?«
»Detective!«, wies sie der Lieutenant zurecht. »Halten Sie sich bitte zurück! Wir ziehen alle an einem Strang und wollen doch nicht den Erfolg dieses …«
Er unterbrach sich und starrte auf den Wagen, der in diesem Moment vom Highway abbog und über die Schotterstraße zu der niedergebrannten Hütte fuhr. Im Licht der vielen Scheinwerfer, die inzwischen den Tatort beleuchteten, war deutlich zu erkennen, dass es sich um einen Übertragungswagen von WASV handelte. »Melinda Stone!«, erschrak er.
»Anscheinend haben Sie eine undichte Stelle in Ihrem Revier.« Auch Sunflower war alles andere als erfreut. »Woher wissen die sonst, dass hier was passiert ist?« Er beobachtete mit gemischten Gefühlen, wie die blonde Reporterin ausstieg und näher kam, gefolgt von ihrem jungen Kameramann. Ein zweiter Kameramann filmte das heruntergebrannte Haus, bis er vom Sheriff und dem Deputy gestoppt wurde. »Ziemlich aufdringlich, diese Reporterin. Aber ich weiß, wie man mit solchen Leuten umgeht. Lassen Sie mich nur machen, Lieutenant.«
Melinda Stone hatte die Verantwortlichen bereits entdeckt und kam rasch näher. Der kleine Scheinwerfer über der Kamera leuchtete ins Gesicht des FBI-Mannes. »Special Agent Sunflower«, begann sie, das Mikrofon in derHand, »das Morden nimmt kein Ende. Obwohl Sie der Öffentlichkeit versprochen hatten, den Killer so schnell wie möglich zu fassen, befindet er sich immer noch auf freiem Fuß. Der Klansmann hat erneut zugeschlagen und hat einen afroamerikanischen Pfarrer und pikanterweise seine verheiratete Freundin bei lebendigem Leib in dieser verlassenen Hütte verbrannt. Roy Keane junior, der ermordete Pfarrer, ist der Sohn von Roy Keane, dem Mann, der vor vierzig Jahren von Jeremy Hamilton und seinen Klansmännern ermordet wurde. Wie konnte es zu diesem Mord kommen?«
»Eine Verkettung von tragischen Umständen«, redete sich Sunflower heraus. »Wir hatten den Pfarrer als mögliches weiteres Opfer unter Polizeischutz gestellt und die Kollegen vom Savannah Police Department haben ihn rund um die Uhr bewacht. Leider wussten wir nichts von dem heimlichen Liebesverhältnis des Geistlichen. Er ignorierte unseren Schutz und schlich sich heimlich aus dem Haus, um sich mit einer Frau zu treffen. Damit konnten wir nicht rechnen.«
»Die Tote ist Mary Levitt, die Frau eines Nachtklubbesitzers.« Melinda Stone war wie immer bestens informiert. »Wissen Sie schon Näheres über die Liebesbeziehung der beiden?«
Sunflower hatte so eine Frage erwartet. »Nein, aber ich bin sicher, Ihr Sender wird die verbotene Beziehung zum großen Thema machen. War’s das dann, Miss Stone? Wir haben viel zu tun.«
»Nur noch eine Frage.« Melinda Stone blieb hartnäckig. »Wenn der Klansmann, wie der Killer inzwischen überall genannt wird, auch weiterhin Jeremy Hamilton nacheifert, stehen noch mindestens zwei Opfer auf seiner Liste. Wie wollen Sie diese beiden Morde verhindern?«
»Durch akribische Arbeit«, erwiderte Sunflower, »zu der wir aber nur kommen, wenn Sie uns nicht die Zeit rauben. Jetzt zählt jede Minute, Miss.«
Die Reporterin ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und wandte sich an Jenn: »Detective McAvoy, bei unserem letzten Interview hatten Sie mir empfohlen, mich um den kleinen Eisbären im Zoo zu kümmern. Leider interessieren sich unsere Zuschauer mehr dafür, wie Sie den Klansmann daran hindern wollen, einen weiteren Mord zu begehen. Haben Sie denn schon eine Idee, wer der geheimnisvolle Killer sein könnte?«
»Ich bin Polizistin, keine Hellseherin«, beherrschte sich Jenn einigermaßen, aber auch nur, weil der Lieutenant und der FBI-Agent
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