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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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verwanzt.«
    »Ach ja?« Ich war immer noch dabei, das alles zu verdauen.
    »Und ob, sämtliche Leitungen. Die Amerikaner hören jedes Wort mit, das in der westlichen Hemisphäre gesprochen oder sonst wie übermittelt wird. Jede Silbe, die Sie am Telefon sagen, jede E-Mail, die Sie verschicken, jede Kreditkartentransaktion, die Sie vornehmen – alles wird aufgezeichnet und aufbewahrt. Das einzige Problem ist, das Ganze auszuwerten. Um diesen Dauerlauschangriff abzuwehren, hat man uns in der UN empfohlen, Handys zu benutzen, möglichst wenig ins Detail zu gehen und die Nummer so oft wie möglich zu wechseln. So sind wir ihnen wenigstens ein kleines Stückchen voraus. Egal, jedenfalls habe ich Mike gesagt, er soll sofort den Mund halten. Dann habe ich ihm eine neue Nummer gegeben, die ich noch nie vorher benutzt habe, und ihm gesagt, er soll mich sofort zurückrufen.«
    »Verstehe«, sagte ich. Und wie ich verstand. Ich sah die Situation direkt vor mir. McAra, das Telefon eingeklemmt zwischen Schulter und Ohr, wie er nach seinem Filzstift tastet. »Er hat die Nummer wahrscheinlich hinten auf das Foto geschrieben, das er zufällig gerade in der Hand hielt.«
    »Und dann hat er mich angerufen«, fuhr Rycart fort. Er  lief jetzt nicht mehr hin und her, sondern stand vor dem Spiegel, der über der Kommode hing, und schaute sich an. Mit beiden Händen strich er sich das Haar aus der Stirn hinter die Ohren. »Gott, ich sehe völlig fertig aus«, sagte er. »Schauen Sie mich an. Als ich noch in der Regierung war, achtzehn Stunden am Tag auf den Beinen, da habe ich nicht so ausgesehen. Die Leute kapieren gar nichts. Die Macht laugt einen nicht aus. Wenn man keine mehr hat, das laugt einen aus.«
    »Was hat er gesagt, als er Sie angerufen hat? McAra, meine ich?«
    »Als Erstes ist mir aufgefallen, dass er sich ganz anders angehört hat als sonst, gar nicht mehr wie er selbst. Sie haben mich gefragt, wie er war. Er hat knallhart ausgeführt, was man ihm aufgetragen hat, deshalb hat Adam ihn ja so gemocht. Er wusste genau, wenn es Drecksarbeit zu erledigen gab, konnte er sich immer auf Mike verlassen. Er war gerissen, immer geschäftsmäßig. Man konnte fast sagen, dass er brutal war, vor allem am Telefon. In meinem Privatbüro haben sie ihn nur McHorror genannt: ›McHorror hat gerade angerufen, Herr Außenminister...‹ Aber an dem Tag, das weiß ich noch genau, da war seine Stimme vollkommen leer. Er hat sich richtig kaputt angehört, fertig. Er hat gesagt, dass er für Adams Memoiren ein ganzes Jahr lang im Archiv in Cambridge recherchiert habe, dass er unsere ganze Regierungszeit durchforstet habe und dass er jeden Tag eine Illusion mehr verloren habe. Er hat gesagt, dass er dabei auf das Memorandum über die ›Operation Tempest‹ gestoßen sei. Aber der eigentliche Grund, warum er anrufe, sei der, dass es sich dabei nur um die Spitze des Eisberges handle. Er habe nämlich noch etwas viel Wichtigeres entdeckt, etwas, wodurch alles, was während unserer Regierungszeit schiefgelaufen sei, plötzlich einen Sinn ergebe.«
    Ich konnte kaum noch atmen.
    »Was war das?«
    Rycart lachte. »Tja, komisch, genau das habe ich ihn auch gefragt, aber er wollte es mir am Telefon nicht sagen. Er wollte sich mit mir treffen, die Sache sei von so enormer Bedeutung, das könne er nur von Angesicht zu Angesicht besprechen. Er wolle nur so viel verraten, dass man den Schlüssel dazu in Langs Autobiografie finden würde, wenn sich denn einer die Mühe mache, sie zu überprüfen. Er hat gesagt: ›Die Lösung von allem liegt am Anfang.‹«
    »Genau so hat er das gesagt?«
    »So ungefähr wenigstens. Ich hatte mir eine Notiz gemacht. Tja, und das war’s dann. Er hat noch hinzugefügt, dass er mich in ein oder zwei Tagen anrufen wolle, damit wir einen Termin ausmachen können. Aber er hat sich nicht gemeldet, und etwa eine Woche später habe ich dann in der Zeitung von seinem Tod gelesen. Und auf dem Telefon hat mich auch sonst niemand mehr angerufen, logischerweise, da ja nur er die Nummer hatte. Sie können sich also meine Aufregung vorstellen, als das Telefon plötzlich wieder geklingelt hat. Tja, und jetzt sind wir hier.« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Der perfekte Ort für einen Donnerstagabend. So, ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, dass Sie mir haarklein erzählen, was zum Teufel hier eigentlich vorgeht.«
    »Das werde ich. Nur noch eine Kleinigkeit. Warum haben Sie sich nicht an die Polizei gewendet?«
    »Machen Sie

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