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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Witze? Die Diskussionen in Den Haag befanden sich in einem heiklen Stadium. Wenn ich der Polizei erzählt hätte, dass McAra mit mir in Verbindung stand, dann hätten die natürlich wissen wollen, warum. Und unweigerlich wäre diese Information auch zu Lang durchgedrungen und hätte ihm die Möglichkeit eröffnet, irgendeine Art von präventiver Maßnahme gegen den Strafgerichtshof in die Wege zu leiten. Er ist immer noch ein genialer Stratege. Diese Presseerklärung, die er vorgestern herausgegeben hat ... ›Der internationale Kampf gegen den Terror ist zu wichtig, als dass er für innenpolitische persönliche Rachefeldzüge missbraucht werden darf.‹« Er erschauerte vor Bewunderung. »Mann, die war ekelhaft.«
    Unweigerlich zuckte ich etwas zusammen, was Rycart aber nicht zu bemerken schien. Er schaute wieder in den Spiegel und inspizierte sein Aussehen.
    »Außerdem hatte es doch geheißen, dass es sich um Selbstmord handelt«, sagte er und reckte das Kinn vor. »Entweder weil er Depressionen hatte oder betrunken war oder beides. Ich hätte ohnehin nur bestätigen können, was sowieso schon bekannt war. Als er mich angerufen hat, war er nämlich wirklich in einem jämmerlichen Zustand.«
    »Ich kann Ihnen auch sagen, warum«, sagte ich. »Er hatte gerade herausgefunden, dass einer der Männer, die mit Lang auf dem Cambridge-Foto abgebildet sind, dem Foto, das er in der Hand hielt, als Sie mit ihm telefoniert haben ... dass der für die CIA gearbeitet hat.«
    Rycart begutachtete gerade sein Profil. Er hielt inne, runzelte die Stirn und drehte sich dann ganz langsam zu mir um.
    »Er hat was ?«
    »Der Mann heißt Paul Emmett.« Plötzlich sprudelten die Worte nur so aus mir heraus. Ich musste mich einfach von der Last befreien, musste sie mit jemandem teilen, der vielleicht Sinn in die ganze Geschichte bringen konnte. »Später war er Professor in Harvard und hat dann eine Organisation namens Arcadia Institution geleitet. Kennen Sie die?«
    »Ich hab davon gehört, natürlich, und ich hab immer peinlich darauf geachtet, dem Laden nicht zu nahe zu kommen. Und zwar genau deshalb: Der Verein hat geradezu nach CIA gestunken.« Rycart setzte sich. Er wirkte wie vor den Kopf geschlagen.
    »Ist das plausibel?«, fragte ich. »Würde die CIA einen Doktoranden, der gerade erst zu ihnen gestoßen ist, sofort in ein anderes Land schicken?«
    »Ich würde sagen, das ist sogar sehr plausibel. Gibt es eine bessere Tarnung? Gibt es einen besseren Ort, die Elite eines Landes auszuspähen als auf einer seiner Elite-Universitäten?« Er streckte die Hand aus. »Zeigen Sie mir noch mal das Foto. Wer von denen ist Emmett?«
    »Vielleicht ist das ja alles nur Schwachsinn«, sagte ich und deutete auf Emmett. »Ich habe keinen Beweis. Ich bin auf einer von diesen paranoiden Websites über seinen Namen gestolpert. Da hieß es, er sei gleich nach seinem Abschluss in Yale zur CIA gegangen. Das muss etwa drei Jahre vor diesem Foto gewesen sein.«
    »Das kann ich mir durchaus vorstellen«, sagte Rycart und starrte gebannt auf Emmetts Konterfei. »Jetzt, wo Sie es sagen, glaube ich mich zu erinnern, dass es da mal Gerüchte gegeben hat. Aber damals, in diesem weltweiten Konferenztourismus, da hat es von CIA-Leuten nur so gewimmelt. Ich nenne das immer den ›militärisch-industriellen-akademischen Komplex‹« Er gönnte sich ein kurzes Lächeln über den eigenen Esprit, wurde aber schnell wieder ernst. »Was allerdings wirklich verdächtig ist, ist die Tatsache, dass er Lang gekannt haben soll.«
    »Nein«, sagte ich. »Wirklich verdächtig ist, dass nur Stunden, nachdem McAra die Spur Emmetts bis zu dessen Haus bei Boston zurückverfolgt hat, an einem Strand auf Martha’s Vineyard seine Leiche angeschwemmt wurde.«
     
     
    *
     
    Danach berichtete ich ihm alles, was ich herausgefunden hatte. Ich erzählte ihm die Geschichte über die Gezeiten und die Taschenlampen am Strand von Lambert’s Cove und wie merkwürdig die Polizei die Untersuchung gehandhabt hatte. Ich teilte ihm mit, was Ruth mir von McAras Streit mit Lang kurz vor seinem Tod berichtete hatte, dass Lang sich gesträubt hatte, über seine Zeit in Cambridge zu reden, und wie er zu vertuschen versucht hatte, dass er sofort nach seiner Studienzeit politisch aktiv geworden war und nicht erst zwei Jahre später. Ich legte Rycart dar, wie McAra mit der für ihn typischen verbissenen Gründlichkeit Detail um Detail ausgegraben hatte und damit nach und nach Langs Schilderung seiner

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