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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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frühen Jahre zerstört hatte: Das habe er damit gemeint, als er sagte, dass der Schlüssel zu allem am Anfang von Langs Autobiografie zu finden sei. Ich berichtete ihm, wie mich das Navigationssystem bis zu Emmetts Haus geführt hatte und wie merkwürdig Emmett sich benommen hatte.
    Natürlich wurde Rycart immer aufgeregter, je mehr ich ihm erzählte. Das muss wie Weihnachten für ihn gewesen sein.
    »Mal angenommen«, sagte er, während er wieder im Zimmer auf und ab ging, »dass es Emmett war, der Lang einflüsterte, doch mal über eine Karriere in der Politik nachzudenken. Machen wir uns nichts vor, irgendwer muss ihm die Idee in den Kopf gesetzt haben. Ich bin in die Jugendorganisation der Partei eingetreten, da war ich vierzehn. In welchem Jahr ist Lang in die Partei eingetreten?«
    »Neunzehnhundertfünfundsiebzig.«
    »Fünfundsiebzig! Na also, das würde perfekt passen. Wissen Sie noch, wie es damals in England ausgesehen hat? Die Sicherheitsdienste des Staates waren außer Kontrolle, die haben sogar den Premierminister bespitzelt. Generale im Ruhestand waren dabei, Privatarmeen aufzustellen. Die Wirtschaft stand vor dem Zusammenbruch. Wir hatten Streiks und Krawalle. Es wäre nicht gerade überraschend, wenn die CIA beschlossen hätte, ein paar intelligente junge Burschen anzuwerben und zu ermuntern, eine Laufbahn in nützlichen Positionen anzustreben – im öffentlichen Dienst, in den Medien, in der Politik. Schließlich tun sie das überall in der Welt.«
    »Sicher nicht in Großbritannien«, sagte ich. »Immerhin sind wir ein Verbündeter.«
    Rycart schaute mich geringschätzig an.
    »Damals hat die CIA amerikanische Studenten bespitzelt. Glauben Sie wirklich, die wären so zimperlich gewesen, nicht auch unsere zu bespitzeln? Natürlich waren die in England aktiv! Sind sie immer noch. Die haben in London eine Außenstelle mit einem riesigen Stab. Ich könnte Ihnen aus dem Stand ein halbes Dutzend Parlamentsabgeordnete nennen, die in regelmäßigem Kontakt mit der CIA stehen. Sogar ...« Er blieb stehen und schnippte mit den Fingern. »Da fällt mir was ein!« Er drehte sich ruckartig um und schaute mich an. »Sagt Ihnen der Name Reg Giffen was?«
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Reg Giffen ... Sir Reginald Giffen ... später Lord ... inzwischen tot, Gott sei Dank. Der hat im Unterhaus so unermüdlich amerikafreundliche Reden geschwungen, dass wir ihn nur noch den Abgeordneten aus Alabama genannt haben. Vor den Wahlen 1983 hat er in der ersten Wahlkampfwoche seinen Rückzug aus dem Unterhaus bekannt gegeben. Jeder war von den Socken, nur einer nicht. Ein sehr couragiertes und fotogenes junges Parteimitglied, das zufälligerweise sechs Monate vorher in Giffens Wahlkreis umgezogen war.«
    »Und der dann mit Giffens Unterstützung von der Partei nominiert wurde«, sagte ich, »und dann, im Alter von nur dreißig Jahren, einen der sichersten Parlamentssitze im ganzen Land gewann.« Die Geschichte war legendär. Damit hatte Langs Aufstieg zu nationaler Berühmtheit begonnen. »Glauben Sie wirklich, dass die CIA bei Giffen um Hilfe angeklopft hat, damit Lang ins Parlament einziehen konnte? Ziemlich weit hergeholt.«
    »Also wirklich! Lassen Sie doch mal Ihre Fantasie spielen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Professor Emmett, wieder zu Hause, in Harvard, und Sie schreiben unlesbaren Quark über die Allianz der englisch sprechenden Völker und darüber, dass man unbedingt die kommunistische Bedrohung bekämpfen müsse. Kommt Ihnen da nicht der Gedanke, da drüben, da steht der potenziell fantastischste Agent in der Geschichte der Menschheit auf Abruf bereit? Ein Mann, den man schon als den zukünftigen Parteiführer handelt? Einen möglichen Premierminister? Versuchen Sie da nicht, die hohen Tiere in der CIA zu überreden, alles zu tun, um die Karriere dieses Mannes zu fördern? Ich war schon im Parlament, als Lang auf der Bildfläche erschienen ist. Ich habe ihn aus dem Nichts auftauchen und wie einen Strich an uns vorbeirauschen sehen.« Bei der Erinnerung verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck. »Natürlich hatte er Hilfe. Er hatte keine echte Bindung zur Partei. Wir hatten nicht im Entferntesten eine Ahnung, was in dem Burschen vorgeht.«
    »Das ist der entscheidende Punkt«, sagte ich. »Er hatte keine eigene Ideologie.«
    »Vielleicht hatte er keine Ideologie, aber er hatte sicher eine Agenda.« Rycart setzte sich wieder. Er beugte sich zu mir vor. »Aufgepasst, ich hab ein kleines Ratespiel für

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