Ghost
Sie. Nennen Sie mir eine einzige Entscheidung, die Adam Lang als Premierminister getroffen hat, die nicht im Interesse der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen ist.«
Ich schwieg.
»Was ist?«, sagte er. »Das ist keine Fangfrage. Sagen Sie mir einfach irgendetwas, das er gemacht hat und das Washington nicht gebilligt hat. Also, was haben wir da?« Er hielt seinen Daumen hoch. »Erstens: die Entsendung britischer Truppen in den Nahen Osten gegen den Rat von so ziemlich jedem unserer führenden Befehlshaber in den Streitkräften und aller unserer Botschafter, die sich in der Region auskennen. Zweitens ...« Der rechte Zeigefinger ging nach oben. »... das totale Versäumnis, vom Weißen Haus irgendeine Art von Quidproquo zu verlangen in Form von Wiederaufbauverträgen für britische Unternehmen oder irgendwelcher anderer Art. Drittens: die unbeirrbare Unterstützung der amerikanischen Außenpolitik im Nahen Osten selbst dann noch, als es sich als offenkundig hirnrissig herausstellte, sich die gesamte arabische Welt zum Feind zu machen. Viertens: die Installierung eines amerikanischen Raketenabwehrsystems auf britischem Boden, das absolut nichts zu unserer Sicherheit beiträgt – ganz im Gegenteil, es macht uns zu einem naheliegenden Erstschlagsziel – und nur dem Schutz Amerikas dient. Fünftens: den Kauf eines amerikanischen Atomraketensystems für fünfzig Milliarden Dollar, das wir als ›unabhängig‹ bezeichnen, das wir aber ohne amerikanische Genehmigung gar nicht einsetzen dürften und das jeden Amtsnachfolger Langs für weitere zwanzig Jahre von der Verteidigungspolitik Washingtons abhängig macht. Sechstens: einen Vertrag, der uns zur Auslieferung britischer Staatsbürger an die USA verpflichtet, damit man sie in Amerika vor Gericht stellen kann, gleiches Vorgehen unsererseits mit Amerikanern aber verbietet. Siebtens: die geheime Verständigung darauf, dass britische Staatsbürger illegal gekidnappt, gefoltert, inhaftiert und sogar ermordet werden dürfen. Achtens: die makellose Bilanz, jeden Minister – da spreche ich aus eigener Erfahrung – abzuservieren, der nicht zu hundert Prozent die Allianz mit den Vereinigten Staaten unterstützt. Neuntens ...«
»Okay, okay«, unterbrach ich ihn und hob eine Hand. »Ich hab’s kapiert.«
»Ich habe Freunde in Washington, die können immer noch nicht glauben, was für eine britische Außenpolitik Lang da gemacht hat. Ich meine, denen war es direkt unangenehm, wie viel Hilfestellung er geleistet und wie wenig er dafür bekommen hat. Und wohin hat uns das gebracht? Wir stecken mitten in einem sogenannten Krieg, den wir nicht gewinnen können, und lassen uns bei Methoden, die wir nicht mal gegen die Nazis angewendet haben, zu Komplizen machen!« Rycart lachte trübselig und schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, in gewisser Weise bin ich ja fast erleichtert darüber, dass es für das, womit wir uns unter ihm als Premierminister so alles herumschlagen mussten, möglicherweise eine rationale Erklärung gibt. Wenn man es genau bedenkt, dann wäre die andere Möglichkeit weit schlimmer. Wenn er für die CIA gearbeitet hat, ergibt das wenigstens einen Sinn.« Dann klopfte er mir aufs Knie und sagte: »Bleibt die Frage: Was machen wir jetzt?«
Die erste Person Plural gefiel mir gar nicht.
»Tja«, antwortete ich und wand mich etwas. »Ich bin da in einer heiklen Lage. Mein Job ist es, Lang bei der Abfassung seiner Memoiren zu helfen. Ich bin vertraglich verpflichtet, nichts von dem, was mir während meiner Arbeit zu Ohren kommt, an Dritte weiterzugeben.«
»Zum Aufhören ist es jetzt zu spät.«
Auch das gefiel mir ganz und gar nicht.
»Eigentlich haben wir keinen stichhaltigen Beweis «, sagte ich. »Wir können nicht mal mit Sicherheit sagen, dass Emmett bei der CIA war, ganz zu schweigen davon, ob er Lang angeworben hat. Das heißt, wie soll denn der Kontakt zwischen den beiden in der Praxis funktioniert haben, nachdem er in Nummer zehn eingezogen war? Hatte er auf dem Dachboden ein geheimes Funkgerät, oder was?«
»Das ist kein Witz, mein Freund«, sagte Rycart. »Aus meiner Zeit als Außenminister weiß ich noch einiges darüber, wie solche Dinge funktionieren. Die Kontaktaufnahme ist überhaupt kein Problem. Zunächst einmal war Emmett oft in London, für die Arcadia Institution. Eine perfekte Tarnung. Eigentlich würde es mich nicht mal überraschen, wenn das ganze Institut als ein Teil der verdeckten Operation Lang gegründet worden wäre. Der
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