Ghost
zeitliche Rahmen würde passen. Sie könnten Mittelsmänner eingesetzt haben.«
»Aber es fehlt immer noch ein Beweis «, wiederholte ich. »Und solange Lang nicht gesteht und Emmett nicht gesteht und die CIA ihre Akten nicht offenlegt, wird es auch nie einen geben.«
»Dann müssen Sie eben einen besorgen«, sagte Rycart trocken.
»Was?« Mir klappte die Kinnlade herunter. Fast wäre ich ganz zusammengeklappt.
»Sie sitzen genau an der richtigen Stelle«, fuhr Rycart fort. »Er vertraut Ihnen. Sie können ihn fragen, was immer Sie wollen. Er erlaubt Ihnen sogar die Aufzeichnung seiner Antworten. Sie können ihm Worte in den Mund legen. Wir müssen uns eine Serie von Fragen ausdenken, die ihn immer weiter einkreisen. Und am Ende konfrontieren Sie ihn direkt mit dem Vorwurf. Dann werden wir ja sehen, wie er reagiert. Er wird sicher alles abstreiten, aber das spielt keine Rolle. Der bloße Umstand, dass Sie ihn mit dem Beweismaterial konfrontieren, macht die Geschichte öffentlich.«
»Macht sie nicht. Die Aufzeichnungen sind sein Eigentum.«
»Und? Sie können vom Strafgerichtshof beschlagnahmt werden als Beweis für seine direkte Mittäterschaft am CIA-Programm der ›außerordentlichen Überstellungen‹.«
»Und wenn ich keine Aufzeichnungen mehr mache?«
»In diesem Fall werde ich der Anklägerin vorschlagen, Sie vorzuladen.«
»Und wenn ich alles leugne?«
»Dann werde ich ihr das hier übergeben«, sagte Rycart und öffnete sein Jackett. An der Hemdbrust steckte ein kleines Mikrofon, von dem ein Kabel in die Innentasche seines Jacketts führte. »Frank sitzt unten in der Lobby und zeichnet jedes Wort auf. Stimmt’s, Frank? Ach, kommen Sie! Jetzt schauen Sie nicht so verdattert. Was haben Sie erwartet? Dass ich mich mit einem völlig Fremden treffe, mit jemandem, der noch dazu für Adam Lang arbeitet, ohne irgendwelche Vorkehrungen zu treffen? Nun ja, für Lang arbeiten Sie ja jetzt nicht mehr.« Er lächelte und zeigte mir wieder seine Zahnreihe, die weißer erstrahlte als alles, was die Natur zu bieten hatte. »Sie arbeiten ja jetzt für mich.«
FÜNFZEHN
»Autoren brauchen Ghosts, die sie nicht infrage stellen, sondern sich einfach anhören, was sie zu sagen haben, und verstehen, warum sie getan haben, was sie getan haben.«
»GHOSTWRITER«
Nach ein paar Sekunden fing ich an zu fluchen, wahllos, ohne Punkt und Komma. Ich verfluchte Rycart und meine eigene Dummheit, Frank und wer immer das Band zu Papier bringen würde. Ich verfluchte die Anklägerin des Strafgerichtshofs, das Gericht selbst, die Richter, die Medien. Und ich hätte noch lange so weiter getobt, wenn nicht plötzlich mein Telefon geklingelt hätte – nicht das, das man mir für die Kontaktaufnahme zu Rycart gegeben hatte, sondern mein eigenes, das ich aus London mitgebracht hatte. Natürlich hatte ich vergessen, es auszuschalten.
»Lassen Sie es klingeln«, forderte mich Rycart auf. »Das führt sie direkt zu uns.«
Ich schaute auf die Nummer im Display. »Es ist Amelia Bly«, sagte ich. »Das könnte wichtig sein.«
»Amelia Bly«, wiederholte Rycart in einem Tonfall, der Ehrfurcht und Wollust verriet. »Die habe ich schon lange nicht mehr gesehen.« Er zögerte: Es war offensichtlich, dass er darauf brannte zu erfahren, was sie wollte. »Wenn man Sie überwacht, dann können die Ihren Standort bis auf hundert Meter eingrenzen. Und das Hotel ist das einzige Gebäude in der Gegend, wo Sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach aufhalten müssen.«
Das Telefon lag vibrierend in meiner ausgestreckten Hand. »Scheiß drauf«, sagte ich. »Von Ihnen nehme ich keine Befehle entgegen.«
Ich drückte auf den grünen Knopf.
»Hallo, Amelia«, sagte ich.
»Guten Abend«, sagte sie. Ihre Stimme war so steif wie die Tracht einer Oberschwester. »Adam will Sie sprechen.«
Ich formte die Worte »Adam Lang« in Richtung Rycart und fuchtelte mit der Hand herum, dass er ja den Mund halten solle. Eine Sekunde später hörte ich die vertraute, akzentfreie Stimme.
»Ich habe gerade mit Ruth telefoniert«, sagte Lang. »Sie sagt, Sie sind in New York.«
»Stimmt.«
»Tja, ich auch. Wo sind Sie abgestiegen?«
»Noch nirgendwo, Adam.« Ich machte eine hilflose Geste in Richtung Rycart. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir ein Hotel zu nehmen.«
»Wir sind im Waldorf«, sagte Lang. »Warum kommen Sie nicht einfach rüber?«
»Sekunde, Adam.« Ich drückte auf die Stummtaste.
»Sie gottverdammter Idiot«, sagte Rycart.
»Er will,
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