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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Umzug nach London unter Depressionen gelitten und in der Politik Trost gesucht. Die seelischen Nöte aufzubauschen war nicht nötig. Schließlich war Lang tot, die gesamte Autobiografie war durchdrungen vom Wissen des Lesers, was kommen würde – das, so mein Kalkül, sollte reichen, um die Leichenfledderer bei Laune zu halten. Trotzdem war es nützlich, die eine oder andere Seite seinem heroischen Kampf gegen die inneren Dämonen zu widmen ...
     
    In der oberflächlichen, ermüdenden Welt der Politik fand ich Trost für meinen Schmerz. Ich fand Beschäftigung und Gesellschaft, ein Betätigungsfeld für meine Leidenschaft, neue Menschen kennenzulernen. Ich fand eine Aufgabe, die größer war als ich. Und vor allem fand ich Ruth ...
     
    In meiner Version der Geschichte stieg Lang erst dann richtig in die Politik ein, als zwei Jahre später Ruth an seine Tür klopfte. Das hörte sich plausibel an. Wer weiß? Vielleicht ist es ja so gewesen.
    Ich fing am 10. Februar an zu schreiben. Ich versprach Maddox, dass ich Die Memoiren von Adam Lang, das ganze Ding, die kompletten sechshundertfünfzig Seiten, Ende März fertig haben würde. Das hieß, ich hatte etwa dreizehn Seiten zu schreiben pro Tag, jeden Tag. An meiner Wand hing ein Plan, in den ich jeden Morgen mein Tagessoll eintrug. Ich war wie Captain Scott auf seinem Rückweg vom Südpol: Ich musste das zu schaffende Tagespensum notieren, sonst würde ich unweigerlich zurückfallen und in einer weißen Wüste aus leeren Seiten untergehen. Es war eine Plackerei, vor allem weil fast keiner von McAras Sätzen zu retten war, außer – merkwürdigerweise – der allerletzte im Manuskript, der mich, als ich ihn auf Martha’s Vineyard gelesen hatte, laut hatte aufstöhnen lassen: »Was immer die Zukunft auch bringen mag, Ruth und ich sehen ihr hoffnungsvoll entgegen.« Lest das, ihr Schweine, dachte ich, während ich den Satz am Abend des 30. März in den Computer tippte: Lest das und klappt dann das Buch zu, ohne dass es euch die Kehle zuschnürt.
    In die nächste Zeile schrieb ich »ENDE« und hatte dann das, was man wohl einen Nervenzusammenbruch nennt.
     
     
    *
     
    Eine Kopie des Manuskripts schickte ich nach New York, eine zweite an die Adam Lang Foundation in London, zu Händen von Mrs Ruth Lang – oder, wie ich sie inzwischen angemessener hätte titulieren sollen, Baroness Lang of Calderthorpe, da ihr die Regierung soeben die Hochachtung der Nation mit einem Sitz im Oberhaus bekundet hatte.
    Seit dem Attentat hatte ich nichts mehr von Ruth gehört. Ich hatte ihr geschrieben, als ich noch im Krankenhaus lag: einer von über hunderttausend Briefschreibern, der ihr sein Beileid aussprach, sodass ich mich über das Standardantwortschreiben nicht gewundert hatte. Aber eine Woche nachdem sie mein Manuskript erhalten hatte, kam eine handgeschriebene Nachricht auf dem rot geprägten Briefpapier des Oberhauses.
     
    Du hast alles so gemacht, wie ich gehofft hatte & noch mehr! Du hast seinen Ton wunderbar getroffen & ihn wieder zum Leben erweckt – den herrlichen Humor & das Mitgefühl & die Energie. Besuch mich doch mal im Oberhaus, wenn Du Zeit hast. Wär toll, wenn wir uns wiedersehen. Kommt mir vor, als wär Martha’s V ewig lang her & ewig weit weg. Du bist gesegnet mit einem wunderbaren Talent. Das ist ein richtiges Buch!!
    Alles Liebe,
    R.
     
    Maddox äußerte sich ähnlich überschwänglich, aber ohne die Liebe. Die erste Auflage würde vierhunderttausend Stück betragen, Erscheinungsdatum Ende Mai.
    Das war also das. Der Job war erledigt.
    Ich erkannte schnell, dass ich mich in keiner guten Verfassung befand. Vermutlich hatte mich nur die Herrlichkeit von Langs »Humor & Mitgefühl & Energie« auf den Beinen gehalten. Als ich ihn jedoch aus mir herausgeschrieben hatte, sackte ich zusammen wie ein Haufen leerer Klamotten. Seit Jahren hielt ich mich am Leben, indem ich ein Leben nach dem anderen lebte. Diesmal hatte Rick darauf beharrt, die Veröffentlichung von Langs Memoiren – er nannte es mein »Durchbruchbuch« – abzuwarten, bevor er neue und bessere Verträge für mich aushandelte. Mit der Folge, dass ich zum ersten Mal, soweit ich mich erinnern konnte, keine Anschlussarbeit hatte. Eine scheußliche Mischung aus Lethargie und Panik suchte mich heim. Ich brachte kaum noch die Energie auf, vor Mittag aus dem Bett zu steigen, und wenn, dann lag ich übellaunig den ganzen Tag im Bademantel auf dem Sofa und schaute in den Fernseher. Ich aß nicht viel. Ich

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