Ghostman: Thriller (German Edition)
Typen in dem Penthouse.
Und das wäre nicht möglich gewesen, wenn sie keinen Haftbefehl gegen mich gehabt hätte.
Ich habe nie viel vom Recht verstanden, aber nach ein paar Banküberfällen lernt man doch ein wenig. Sehen Sie, wenn die Polizei einen guten Hinweis auf den Aufenthaltsort eines Flüchtigen hat, braucht sie keinen Durchsuchungsbeschluss, um die Türen einzuschlagen und ihn zu suchen. Sie braucht nur einen guten Grund zu der Annahme, dass der Flüchtige sich wirklich dort aufhält. Man spricht dabei von Gefahr im Verzuge, denn wenn sie wartet, bis sie einen Durchsuchungsbeschluss bekommt, besteht die Gefahr, dass der Flüchtige entkommt. Als Blacker einen Haftbefehl gegen mich erwirkte, machte sie mich damit zum Flüchtigen, und das GPS -Signal von meinem Handy genügte für einen hinreichenden Verdacht, aufgrund dessen sie mich im Penthouse des Wolfs suchen konnte. Alles Beweismaterial, das sie fände, selbst Material im Zusammenhang mit Straftaten, die mit meiner Festnahme nichts zu tun hatten, konnte sie beschlagnahmen und verwenden. Ich hatte ihr soeben alles serviert, was sie brauchte, um eine Anklage zustande zu bringen. In zwanzig Minuten würde die Bundesbeiladung auf einer Magnetplatte in der Asservatenkammer lagern, und der Wolf wäre auf der Flucht vor Polizei und FBI . Und ich? Ich wäre weg für immer.
Ich warf mir die Tasche mit meinen hundertfünfzigtausend über die Schulter und lächelte.
SECHZIG
Ich verließ das Regency zu Fuß und watete hinaus in das Treiben auf dem Boardwalk. Ein kühler Wind wehte vom Meer herein, und die Planken des Boardwalks waren glatt vom Regen. Ich drückte mich in den Schatten einer Treppe und stieg hinunter zum Sandstrand. Dort wischte ich die Uzi sauber ab, zog das Magazin heraus und warf beides in einen Mülleimer am Wasser.
Ich schlängelte mich eine Weile durch die Menge, bevor ich quer durch ein anderes Casino in Richtung Norden ging. Von dort war es nur ein paar Straßen weit bis zu dem Imbisslokal, wo Lakes den roten Accord geparkt hatte. Ich stieg ein, lehnte mich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Nach zwei Tagen von diesem Mist machte sich die Erschöpfung endlich bemerkbar. Meine Hände waren bleischwer, und ich atmete schaudernd. Ein oder zwei Minuten später raste ein Rudel Polizeiwagen die Straße hinunter in Richtung Regency. Ich wartete, bis sie vorbei waren, und dann drehte ich den Zündschlüssel um und fuhr los. Dabei wählte ich Marcus’ Nummer auf meinem Handy und wartete, während es klingelte und klingelte und klingelte– länger, als ich es erwartet hatte.
» Five Star«, sagte eine neue Stimme mit Midwestern-Akzent.
» Ich muss mit Marcus sprechen.«
» Sie sind falsch verbunden, Mann.«
» Hier spricht der Geist.«
Der Mann brauchte länger als sonst, um das Telefon nach hinten zu tragen. Es war noch früh da drüben, erst acht Uhr abends. Ich hörte den Lärm einer gewerblichen Geschirrspülmaschine. Als Marcus das Telefon bekommen hatte, sagte er nichts, aber ich wusste, dass er da war, denn ich hörte sein schweres Atmen.
» Ich habe das Geld gefunden«, sagte ich.
Marcus antwortete erst einen Herzschlag später. » Hast du es vergraben?«
» Nein.«
» Was hast du vor?«
» Dein Paket wird sehr bald dem Empfänger zugestellt, an den es ursprünglich gerichtet war«, sagte ich. » Ribbons ist tot, die Spur ist kalt. Wenn das Geld weg ist, wird niemand dich mit dem Raub in Verbindung bringen. Und mit dem Wolf wären wir auch fertig.«
» Wie das? Und was ist mit der Bundesbeiladung?«
» Da gibt es kein Problem. Der Wolf hat das Geld bei einem Austausch übernommen, der vorhin stattgefunden hat. Das FBI dürfte es innerhalb der nächsten Stunde bei ihm finden und ihn festnehmen.«
» Wie zum Teufel hast du das hingekriegt?«
» Das brauchst du nicht zu wissen.«
» Und bist du sicher, dass es nicht auf mich zurückfallen kann?«
» Ja«, sagte ich. » Sind wir damit quitt?«
» Ja«, sagte Marcus. » Sind wir.«
» Gut«, sagte ich. » Denn jetzt werde ich dieses Telefon weglegen. Und dann werde ich verschwinden. Du wirst mich nicht suchen, und du wirst mich nicht finden. Du wirst mein Gesicht nicht wiedererkennen, und du wirst meine Stimme nicht identifizieren können. Du wirst nicht wissen, was ich tue oder woher ich komme, oder sonst irgendeine verdammte Kleinigkeit über mich. Sobald ich dieses Telefon aus der Hand gelegt habe, werden wir beide Fremde füreinander sein, als wären wir
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