Ghostman: Thriller (German Edition)
fahren, wo ich außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der örtlichen Polizei wäre. Von dort fuhr ich mit dem Bus nach Johor Baru, ging zum Hafen und kaufte mir gegen Barzahlung ein Boot, mit dem ich über die Johor Strait hinüber nach Singapore fahren konnte. Drüben versenkte ich das Boot, fuhr zum Flughafen und kaufte mir ein Economy-Class-Ticket für den erstbesten Flug nach Bogotá, Kolumbien. Danach tat ich das, was ich am besten kann: Ich verschwand vom Radar.
Ich reiste in der Welt herum und blieb nirgends länger als sechs Monate. Ich wurde zum Geist, denn ich wusste, wenn Marcus mich je finden sollte, würde ich nicht nur für meinen eigenen Fehler büßen, sondern auch für Angela. Schließlich waren wir die beiden Glücklichen, die davongekommen waren. Und eines Tages muss jeder seine Schulden bezahlen.
Ein paar Monate versuchte ich, Angela zu erreichen, aber ich hätte wissen können, dass daraus nichts werden würde. Einen Ghostman zu erwischen, das ist, als wollte man den Rauch einfangen. Manchmal wartete ich tagelang darauf, dass eine Nachricht von ihr in der In-Box einer meiner anonymen E-Mail-Adressen auftauchte. Aber es kam keine.
Ich weiß nicht mal, ob sie noch lebt.
Sie war immer cleverer als ich. Wenn sie für immer verschwinden wollte, konnte ich sie nicht daran hindern; das wusste ich. In den nächsten fünf Jahren spazierte ich oft durch die Straßen der Stadt, in der ich gerade war, und hoffte, irgendwo ihr Gesicht zu sehen. Ich sah es überall, denn sie konnte jede Frau sein, die sie sein wollte. Manchmal war es, als beobachte sie mich. Wenn ich nur clever genug wäre, könnte ich irgendwann hinausgehen und sie sehen, wie sie auf mich wartete, mit einer Zigarette und ihrem schiefen Lächeln.
Und dann, fünf Jahre später, vor zwei Tagen, weckte Marcus mich mit einer E-Mail.
NEUNUNDFÜNFZIG
Atlantic City
Die Tür der Suite schloss sich hinter mir von allein. Wachsam ging ich auf den Mann mit der Beretta zu und hielt die Hände hoch, um ihm zu zeigen, dass er nicht auf mich schießen solle. Doch dann rutschte die Uzi langsam aus ihrem Versteck. Er hatte mich im Visier, ließ mich dabei aber meine Waffe herausholen. Keiner von uns wollte, dass sich diese Begegnung zu einer Schießerei entwickelte.
Der Wolf hatte immer wieder versucht, mich zu erledigen, und jedes Mal war er dabei gescheitert. Wenn er klug war, hatte er seinen Leuten gesagt, sie sollten die Sache ruhig angehen lassen. Anscheinend war es so. Der Mann mit der Beretta sah nicht nervös aus. Sein neutraler, leidenschaftsloser Gesichtsausdruck ließ vermuten, dass er solche Situationen schon öfter erlebt hatte. Aus einer Schießerei im Penthouse eines Casinohotels könnte nicht mal der Wolf sich herauswinden. Wenn einer hier einen Schuss abgäbe, würde keiner von uns dreien diesen Raum lebend verlassen. Die Polizei würde anrollen, schnell und mit Getöse. Also, nahm ich an, hatte der Beretta-Mann nicht die Absicht zu schießen, wenn ich es nicht täte. Ich hielt die Uzi fest im Anschlag und ging seitwärts um die Statue herum.
» Wer sind Sie?«, fragte der Mann.
Er musste das Foto der Überwachungskamera gesehen haben, das in den Lokalnachrichten die Runde machte, aber ich sah jetzt anders aus, und das schien ihn zu verwirren. Er würde es allerdings sicher bald kapieren. Es konnte ja nicht allzu viele Leute geben, die mit 1,2Millionen Dollar in einer Kevlar-Tasche herumliefen, und wenn man ihm eine Uzi unter die Nase hielt, würde er sicher schnell lernen.
» Ich bin der Ghostman«, sagte ich. » Wo ist der Wolf?«
» Mr Turner wollte bei dieser Transaktion nicht zugegen sein«, sagte der Mann mit der Sporttasche. » Er lässt aber mitteilen, dass er Ihnen höchstwahrscheinlich eine Kugel in den Schädel jagen wird, wenn er Ihr Gesicht noch einmal zu sehen bekommt.«
Ich nickte und sagte nichts, sondern ging weiter auf den Mann mit der Sporttasche zu. Ich blieb stehen, als ich die Statue zwischen mich und den Beretta-Mann gebracht hatte. Er verlagerte sein Gewicht, um mich wieder in sein Schussfeld zu bringen, aber allzu weit ging er nicht. Ich wollte nur ein bisschen Deckung haben, falls es zum Schlimmsten kommen sollte.
Ich ließ die Geldtasche von der Schulter rutschen. Sie landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Marmorboden. Ich packte die Uzi mit beiden Händen und richtete sie auf den Mann mit der Beretta.
Der Mann mit der Sporttasche sah erst mich, dann die Tasche zu meinen Füßen an. » Das ist
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