Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
und schrieb dann die Mail. Die Zeit drängte, und sie wusste ja nicht, wo Bowen herkam und wie lange seine Familie brauchen würde, um hierherzugelangen. Aber mehr konnte sie erst einmal nicht machen. Sollte sie mitbekommen, dass ihr Vater Bowen wegbringen wollte, würde sie sich irgendetwas anderes überlegen. Und wenn sie ihn eigenhändig befreien und zur Straße schleppen musste. Wahrscheinlich wäre es gut, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten und einige Dinge zusammenzusuchen, die sie in so einem Fall brauchen würde. Doch zuerst musste sie alles vernichten, was ihren Vater darauf bringen konnte, dass sie im Keller gewesen war.
Isabel zog ein Feuerzeug aus der Hosentasche und legte die Blätter auf den Felsen. Nachdem sie sich die Informationen noch einmal eingeprägt hatte, falls Claire die Nachricht nicht bekam, hielt sie die Flamme an eine Ecke des Blattes und sah zu, wie sie sich langsam durch das Papier fraß.
Als die Dunkelheit schließlich über die Lichtung sank, war Marisa nur noch ein Nervenbündel. Mehr als einmal war sie bereit gewesen, loszustürmen und die Berglöwen aus ihren Käfigen zu befreien, doch jedes Mal hatte Coyles Blick sie zurückgehalten. Er schien ihre Unruhe selbst über die Entfernung zu spüren. Diese Verbindung freute sie, machte sie aber gleichzeitig auch noch nervöser. Es musste ihr einfach gelingen, die Wandler zu retten!
Selbst der normalerweise phlegmatische Angus ließ sich von ihrer Nervosität anstecken und erhob sich immer wieder, um hinter ihr auf und ab zu laufen. Sie war nur froh, dass er dabei keinen Laut von sich gab, sondern sich damit begnügte, ab und zu die Nase zu heben, zu schnüffeln und ihr seine Meinung über den Katzengeruch durch einen mürrischen Gesichtsausdruck zu zeigen. In jeder anderen Situation hätte sie sein Verhalten lustig gefunden, doch jetzt konnte sie sich nicht einmal zu einem müden Lächeln durchringen. Es hing zu viel davon ab, dass ihr Plan funktionierte. Wobei sie immer noch nicht das Problem gelöst hatte, wo sie selbst blieb, wenn sie alle Käfige geöffnet hatte. Die Berglöwen waren schnell genug, um den Verfolgern zu entwischen, doch sie konnte weder so schnell laufen, noch auf Bäume klettern, und sie kannte hier auch keine Verstecke. Aber das war nicht zu ändern. Sie konnte die Wandler auf keinen Fall hier zurücklassen.
Marisa lockerte vorsichtig ihre verkrampften Muskeln und setzte sich auf. Inzwischen war es fast dunkel, im Lager waren Sturmlampen um die Zelte herum aufgestellt worden, die nur ein schwaches Licht abgaben. Die Feuer waren gelöscht worden, wahrscheinlich, damit niemand vom National Park Service auf die Idee kam nachzuforschen, was sie mitten im Wald zu suchen hatten. Marisa wünschte fast, dass jemand auftauchte, doch das würde auch Erklärungen bezüglich der Berglöwen erfordern, und sie befürchtete, dass Coyle und die anderen dagegen wären. Mit einem tiefen Seufzer erhob Marisa sich und beugte sich über Angus, der sofort aufgesprungen war, als er ihre Bewegung sah.
„Es tut mir leid, du musst hierbleiben. Du würdest die Berglöwen nur nervös machen, weißt du.“
Angus sah sie verwirrt an und wollte dann loslaufen, doch Marisa schnappte sich die Leine und band die Schlaufe an einen Ast. Es gefiel ihr nicht, Angus angebunden hierzulassen, doch noch weniger wollte sie, dass jemand auf ihn aufmerksam wurde und damit nicht nur er selbst, sondern auch sie und die Berglöwenmenschen in Gefahr gerieten. „Sitz.“ Sie drückte sein Hinterteil nach unten, als er nicht gehorchte. „Du musst ganz still sein, hörst du? Ich komme so schnell wie möglich wieder.“
Rasch legte sie einige Hundekuchen neben ihn, dann drückte sie ihn noch einmal heftig an sich, bevor sie sich aufrichtete und an den Rand der Lichtung trat.
Glücklicherweise trug sie dunkle Kleidung und hatte schwarzes Haar, sodass sie in der Dunkelheit kaum zu erkennen sein würde. So weit sie es überblicken konnte, waren alle Männer bei den Zelten versammelt. Also sollte ihr auf dem Weg zu den Käfigen niemand begegnen. Entschlossen trat sie aus dem Schutz der Bäume und lief geduckt über die freie Fläche. Obwohl sie am liebsten nachgeschaut hätte, ob jemand sie bemerkte, hielt sie ihr Gesicht abgewandt.
Zuerst hatte sie überlegt, bei den am weitesten vom Lager entfernten Käfigen anzufangen, doch sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass die Berglöwen sie nicht angreifen würden. Deshalb hatte sie sich entschieden,
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