Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
unterdrückt aufzuschreien.
„Was ist? Hast du jemanden gesehen?“
Vorsichtig schob Marisa den Ärmel ihrer Jacke hoch und zuckte zusammen, als der Stoff über eine schmerzende Stelle rieb. Im von den Anzeigen nur schwach beleuchteten Wageninnern konnte sie blutende Striemen erkennen, die sich über die Länge ihres Unterarms zogen. Erst als sie die Wunde sah, setzten die brennenden Schmerzen richtig ein.
Coyle legte seine Hand sanft auf ihre. „Wenn wir sie endgültig abgehängt haben, sehe ich mir deine Verletzung an. Kannst du so lange durchhalten?“
„Natürlich, das ist ja nur ein Kratzer.“ Mehrere lange hässliche Kratzer, die höllisch wehtaten. Aber das würde sie ihm nicht sagen, sie würde sich wie ein Jammerlappen vorkommen, denn es war gar nichts im Vergleich zu den Verletzungen, die Coyle erlitten hatte. Besorgt sah sie ihn an. „Wie geht es dir? Soll ich fahren?“
Coyle schüttelte den Kopf. „Jetzt noch nicht. Sowie wir weit genug weg sind, tauschen wir.“
„Geht es dir so schlecht?“ Marisa grub die Zähne in die Unterlippe, als sie ihn von der Seite betrachtete.
„Ich werd’s überleben.“ Er sah sie kurz an. „Wenn wir auf eine Straße kommen, musst du übernehmen, weil ich keinen Führerschein habe.“
„Du meinst, du hast ihn nicht dabei.“
„Nein, ich besitze keinen.“
Stirnrunzelnd betrachtete sie ihn. „Willst du mich auf den Arm nehmen? Wo lebst du denn? Auf dem Mars?“
Seine Augen blieben auf die Wildnis vor ihnen gerichtet, als er so leise antwortete, dass sie ihn kaum verstand. „Da, wo ich lebe, brauchen wir keine Autos.“
Als Marisa erkannte, dass er das ernst meinte, stieg Hitze in ihre Wangen. „Es tut mir leid, ich hätte nicht …“
Coyle unterbrach sie. „Kein Problem.“
Marisa unterdrückte den Impuls, ihn zu berühren, und räusperte sich stattdessen. „Wo hast du dann so gut fahren gelernt?“
Coyle hob eine Schulter und zuckte zusammen. „Ich dachte mir, es wäre sinnvoll, ein Auto bedienen zu können, wenn wir einmal eines benötigen.“
„Wir?“
Der Wagen fuhr durch eine versteckte Bodenwelle und schoss wieder heraus. Mit einem Fluch bremste Coyle ab, seine Finger umklammerten das Lenkrad. „Können wir das Gespräch verschieben, bis wir aus dem Wald heraus sind?“
„Natürlich.“ Marisa presste die Lippen aufeinander und hielt sich für den Rest der wilden Fahrt so fest, wie sie konnte.
Coyle spürte, wie seine Kraft langsam nachließ und Schwärze auf ihn zu kroch. Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte er gegen die Bewusstlosigkeit. Auch wenn sie ihre Verfolger vermutlich lange hinter sich gelassen hatten, konnte er sich keine Schwäche leisten. Er musste Marisa in Sicherheit bringen und vor allem konnte er nicht zulassen, dass sie ihn in irgendeine Stadt und dann vielleicht auch noch in ein Krankenhaus brachte. Langsam rollte der Jeep aus. Eigentlich hätte er jetzt aussteigen und prüfen müssen, ob die Luft rein war, doch er konnte sich nicht rühren. Es kostete sogar fast zu viel Mühe, den Schlüssel herumzudrehen und den Motor auszuschalten. In der einkehrenden Stille legte er seine Arme über das Lenkrad und lehnte seine Stirn dagegen. Nur einen winzigen Moment Ruhe, dann …
Irgendetwas berührte sein Gesicht, seine Arme und Beine, seine nackte Brust. Er spürte die Falten seines hochgeschobenen T-Shirts unter dem Kinn.
Was …? Coyle versuchte, sich aufzusetzen, wurde jedoch von sanften Händen zurückgedrückt.
„Bleib ganz ruhig liegen, ich kümmere mich um dich.“ Eine weibliche Stimme, die irgendetwas in ihm zum Klingen brachte.
Mühsam öffnete er ein Auge und starrte in die Dunkelheit des Waldes. Zu Hause . Sowie dieser Gedanke durch seinen Kopf schoss, kamen die Erinnerungen zurück. Nein, das war falsch. Erneut strich etwas über sein Gesicht. Der Schmerz ließ ihn zusammenzucken.
„Entschuldige, ich muss die Wunden verbinden, damit du nicht noch mehr Blut verlierst.“ Er konnte ihre besorgte Miene sehen, als sie sich über ihn beugte. Marisa. Verdammt, was war passiert? Wenn die Verfolger ihrer Spur gefolgt waren, könnten sie schon wieder in der Nähe sein. Coyle gelang es, seine Hand zur Kooperation zu bewegen und Marisas Handgelenk zu umklammern. Er fühlte, wie sie zusammenzuckte, ihre Augen weiteten sich erschrocken.
„Wie lange war ich bewusstlos?“
„Ein paar Minuten. Ich wollte es dir bequemer machen, aber du warst zu schwer, deshalb habe ich den Sitz nur nach hinten gekippt.“
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