Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
neben ihn stellte. Coyle war dankbar für die Unterstützung seines Freundes, doch zur Not hätte er es auch alleine mit den Hitzköpfen aufgenommen, die zu dumm waren zu erkennen, wer Freund und wer Feind war. Es hatte Marisa verletzt, so angegriffen zu werden, so viel war offensichtlich gewesen. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen und ihr versichert, dass er nicht so dachte, doch er wusste auch, dass ihm das als Schwäche ausgelegt worden wäre, und er brauchte jeden Fetzen Autorität, um die Aufrührer in Schach zu halten. Insgeheim atmete er erleichtert auf, als sich die Männer schließlich auf den Rückweg ins Lager machten.
„Das war nicht besonders klug.“ Finns tiefe Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
Sofort brodelte die Wut wieder hoch. „Du meinst, ich hätte sie Marisa mitnehmen lassen sollen? Was glaubst du, was sie mit ihr gemacht hätten?“
Finn schüttelte den Kopf. „Du denkst nicht mehr klar, wenn es um sie geht.“ Er hob die Hand, als Coyle etwas sagen wollte. „Ich rede davon, dass du dich ganz alleine vor eine Gruppe wütender Berglöwenmänner stellst und sie dann auch noch mehr oder weniger aufforderst, dich zu töten.“
Coyle grinste schief. „Du warst doch da.“
Finn blieb ernst. „Und wenn ich der gleichen Meinung wie die anderen gewesen wäre?“
„Bist du es?“ Coyles Gegenfrage kam aggressiver heraus als geplant. Doch er nahm seine Worte nicht zurück.
„Manchmal würde ich dir gerne wie früher ein wenig Verstand einprügeln, mein Freund.“ Finn verschränkte die Arme über der Brust. „Um deine Frage trotzdem zu beantworten: Ich kenne Marisa nicht gut genug, um mir eine Meinung zu erlauben, deshalb neige ich dazu, deinem Urteil zu vertrauen. Du kennst sie am besten, und wenn du sagst, sie hat nichts mit den Entführern zu tun und dass du ihr dein Leben schuldest, dann glaube ich das. Die Frage ist, was machen wir jetzt mit ihr?“
Sämtliche Muskeln spannten sich in Coyles Körper an, trotzdem spürte er den Schmerz in seinem Innern. „Wir lassen sie in ihre Welt zurückkehren.“
Finns Augenbrauen hoben sich. „Allein?“
„Sie würde sich schon nach zehn Metern verlaufen. Ich wollte Amber bitten, sie zur Straße zu begleiten.“
„Was ist, wenn sich die anderen nicht so einfach damit zufrieden geben und sie jagen, sobald sie nicht mehr unter deinem Schutz steht?“
Coyle sah ihn ernst an. „Daran habe ich auch schon gedacht. Und deshalb möchte ich dich bitten, sie zu beschützen. Ich würde es selbst tun, aber das gäbe wohl nur noch mehr Ärger, und davon abgesehen muss ich mich um die Leoparden kümmern.“ Er musste nicht noch einmal erwähnen, was mit Bowen passieren würde, wenn sie nicht bald eine Spur von ihm fanden. „Du bist der Einzige, dem ich vertraue, und ich weiß, dass du Marisa so schützt, wie ich es tun würde.“
Finn neigte den Kopf. „Ich werde Amber holen.“
Coyle fühlte sich erleichtert, nachdem er Marisa in guten Händen wusste. „Danke.“
Finn ging ein paar Schritte in Richtung Lager, drehte sich aber noch einmal um. „Weiß sie, wie viel sie dir bedeutet?“ Seine Stimme war so leise, dass Coyle ihn gerade noch verstehen konnte.
„Wenn sie es nicht weiß, ist es besser, sie erfährt es nicht.“
Finn schien anderer Meinung zu sein, doch er nickte nur und verschwand zwischen den Bäumen.
„Marisa.“
Ihre Schultern versteiften sich, als sie Coyles Stimme hörte. Er war so leise hereingekommen, dass sie ihn erst bemerkte, als er direkt hinter ihr stand. Trotzdem drehte sie sich nicht zu ihm um, damit er nicht in ihren Augen erkennen konnte, wie verletzt sie war. Sie konnte seine Wärme spüren, sein Duft kitzelte ihre Nase. Wie konnte sie sich in so kurzer Zeit so an ihn gewöhnt haben? Anscheinend waren sämtliche Selbsterhaltungsinstinkte abgeschaltet gewesen, anders konnte sie es sich nicht erklären. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass er sie berührte, wie er es schon so oft getan hatte, doch er rührte sich nicht. Marisa schloss die Augen, als ihr klar wurde, dass ihrer beider Schonfrist abgelaufen war. Nun gut, damit würde sie sich abfinden müssen. Heftig stieß sie den angehaltenen Atem aus und trat zur Seite.
„Ich habe Ambers Kleidung auf den Stuhl gelegt, es tut mir leid, dass ich sie nicht mehr waschen konnte.“ Vor allem wünschte sie sich, sie hätte nicht wieder ihre dreckigen zerfetzten Sachen anziehen müssen.
„Das wird Amber nichts ausmachen. Du hättest sie auch
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