Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
sie nicht, wer oder was er war und ob er wirklich auf der Seite der Wandler stand. Er konnte sich scheinbar auch verwandeln, aber eigentlich wurde er unsichtbar, das war etwas völlig anderes, oder?
Marisa rieb über ihre schmerzende Schläfe. Sie musste erst mit Coyle und Finn darüber sprechen, sie wollte die Wandler auf keinen Fall in Gefahr bringen, indem sie dem falschen Mann – oder was immer er auch war – vertraute.
Zögernd schob sie den Zettel in ein Fach ihres Portemonnaies und steckte es in den Rucksack zurück. Der Gedanke, dass Harken vielleicht etwas hätte unternehmen können, wenn sie ihn gleich angerufen hätte, als sie von dem bevorstehenden Kampf erfahren hatte, schoss ihr durch den Kopf, doch sie schob ihn beiseite. Selbst dann wäre es wahrscheinlich schon zu spät gewesen. Harken war in San Franciso verschwunden, er hätte es nie im Leben in der kurzen Zeit bis in die Wildnis am Yosemite geschafft. Und außerdem, was hätte eine Person schon ausrichten können? Sie musste darauf vertrauen, dass die Berglöwen- und Adlerwandler einer möglichen Bedrohung begegnen konnten und siegreich waren. Alles andere war zu furchtbar, um überhaupt darüber nachzudenken.
27
Das Klingeln des Telefons ließ Lee in seiner Arbeit innehalten. Die Nummer auf dem Display war die von Jennings. Na endlich! Schon seit Stunden wartete er darauf, dass der Kerl sich meldete und ihm berichtete, dass die Berglöwengruppe wie geplant ausgeschaltet war.
Er hatte schon befürchtet, Jennings würde genauso unauffindbar verschwinden wie Gowan vor drei Monaten. Das wäre wirklich zu schade gewesen, denn der Unternehmer konnte ihm mit seinem Geld und seinen Kontakten noch ein wichtiger Verbündeter sein. Besonders, nachdem er angedeutet hatte, auch weitere Wandlergruppen jagen zu wollen. Wenn Lee ihn dazu bringen konnte, die Wandler nicht zu töten, sondern sie ihm für seine Zwecke zur Verfügung zu stellen, würde ihn das ein großes Stück voranbringen.
„Ja.“
Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende. „Wie … konnten …? Das … Falle! Alle …“ Die Stimme war wegen der Störungen kaum zu verstehen.
„Sind Sie das, Jennings? Reden Sie langsamer und deutlicher, ich kann Sie kaum verstehen.“
„Jennings ist tot. Alle sind tot.“ Plötzlich war die Leitung so klar, als säße der Mann neben ihm.
Hinter Lees Schläfen begann es zu pochen. „Das kann nicht sein, mit den Waffen hätten sie den Berglöwen haushoch überlegen sein müssen. Und wer sind Sie überhaupt?“ Konnte es sein, dass jemand versuchte, ihn hereinzulegen? Dann würde er nicht weit kommen, denn sein Telefon war nicht nachzuverfolgen, dafür hatte Lee gesorgt.
„Caruso. Ich bin … war ein Freund von Jennings. Und vielleicht wären wir den Berglöwen überlegen gewesen, aber da waren auch Adler, und um uns gegen beide zu verteidigen, waren wir zu wenige. Alle anderen sind tot, nur ich konnte fliehen.“ Der Schrecken war noch in der Stimme des Mannes zu hören.
Was für ein Weichei! „Sie wollen mir erzählen, dass Sie nicht imstande waren, ein paar Viecher abzuknallen? Ich dachte, Jennings wäre fähig, aber anscheinend habe ich mich geirrt und dem falschen Mann vertraut.“ Wie konnte ihm schon wieder so ein Fehler unterlaufen sein? Lee war sich so sicher gewesen, diesmal den richtigen Helfer gefunden zu haben. Aber noch mehr ärgerte ihn, dass er jetzt auch seine weitere Planung abändern musste. Vor allem musste endlich diese verfluchte Berglöwengruppe beseitigt werden, die ihm ständig dazwischenfunkte. Lee setzte sich aufrechter hin. Oder hatten sie Unterstützung von demjenigen bekommen, den er suchte, und waren deshalb in der Lage, sich immer wieder zu retten? Diese Möglichkeit war durchaus eine Überlegung wert.
„Ich habe Gary gesagt, dass er einen Fehler begeht, wenn er diese Wesen jagt, aber er wollte nicht auf mich hören. Sie haben seine Gedanken vergiftet, seine Schwachstelle ausgenutzt und ihn in den Tod getrieben. Wenn also jemand dem Falschen vertraut hat, dann war es Gary.“ Caruso holte zitternd Atem. „Sie hätten dort sterben sollen, nicht er!“
Lee lachte. „Glauben Sie wirklich, mich interessiert Ihre Meinung?“
„Sie wird Sie interessieren, wenn ich Sie gefunden habe, Lee oder wie Sie sonst auch heißen mögen.“ Carusos Stimme war so leise und klar, dass ihm unwillkürlich ein Schauder über den Rücken lief.
Ärgerlich hob Lee die Schultern und schüttelte die merkwürdige Stimmung
Weitere Kostenlose Bücher