Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
»Und wo warst du, als wir vor zwei Jahren Hilfe brauchten?«
Es sah aus, als würde Harken nicht antworten, doch schließlich tat er es. »In Afrika.« Er rieb abwesend über seine Rippen. »Ich bin weder allwissend noch unfehlbar, noch kann ich Wunder bewirken. Ich weiß aber, dass wir diese Bedrohung nur überwinden können, wenn möglichst viele Wandler zusammenarbeiten. Unser Gegner scheint über große Mittel zu verfügen, und vor allem versteht er es, seine Spuren zu verwischen. Immer wenn ich denke, ich bin ihm ein Stück näher gekommen, lande ich wieder in einer Sackgasse. Deshalb muss ich wissen, wenn etwas passiert, damit ich die Spur aufnehmen kann, solange sie noch frisch ist.«
Coyle zuckte schuldbewusst zusammen. War Marisa in Gefahr geraten, weil er Harken vor ihrem Aufbruch nach Nevada nicht informiert hatte? Aber was hätte der Wandler alleine ausrichten können?
Sawyer blickte nachdenklich drein. »Wie viele haben sich der Sache schon angeschlossen?«
Harken zuckte mit keiner Wimper. »Ich habe gerade erst damit angefangen, mich einzelnen Gruppen zu zeigen, davor hielt ich es für besser, im Hintergrund zu bleiben und zu versuchen, den Drahtzieher über die von ihm angeheuerten Verbrecher zu finden. Aber das hat sich als Sackgasse erwiesen.«
Der Berglöwenmann wandte sich an Coyle. »Macht ihr da mit?«
Coyle hob die Schultern. »Das entscheidet unser Rat. Aber ich halte es auch für sinnvoll. Wir versuchen seit einiger Zeit selbst, mit anderen Gruppen Kontakt aufzunehmen, doch das ist schwierig. Bisher haben wir nur eine lockere Verbindung zu einer Adlergruppe, die jedoch äußerst skeptisch ist und sich vor allem nach einem Angriff bewaffneter Menschen noch weiter in die Wildnis zurückgezogen hat.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Und wir haben ein paar menschliche Freunde gewonnen.«
»Wartet hier.« Sawyer gab seinen Männern ein Zeichen und verwandelte sich. Zwei der Berglöwen folgten ihm, als er aus der Sicht verschwand, während die anderen weiterhin einen Kreis um Coyle und Harken bildeten.
Coyle sah Harken an. »Wage es nicht, jetzt unsichtbar zu werden und mich hier allein zu lassen!«
Harkens Mundwinkel hoben sich. »Das hatte ich nicht vor.«
»Gut.«
Nach einigen Minuten kehrte Sawyer zurück und verwandelte sich vor ihnen. »Okay, wir machen mit. Wenn ihr uns braucht, wisst ihr, wo ihr uns findet.«
Während der langen Fahrt nach Las Vegas fand Torik keine Erklärung dafür, warum er Caitlin mitgenommen hatte, anstatt sie in der Obhut von Shannon Hunters Militär-Freund zu lassen. Auch wenn er sie in Sicherheit wissen wollte, war es keine gute Idee, sie mit zu Marisa zu nehmen. Nicht nur, weil sie unterwegs angreifbarer waren und in Las Vegas weitere Gefahren lauerten, sondern vor allem weil Caitlin nicht erfahren durfte, wer oder vielmehr was sie waren. Was hinderte sie daran, noch ein Buch über die Wandler zu schreiben? Oder sogar an die Presse zu gehen und ihr Wissen als Werbung für ihr Buch zu benutzen?
Toriks Herz zog sich bei dem Gedanken zusammen. Etwas in ihm wehrte sich dagegen, zu glauben, dass Caitlin zu so etwas fähig wäre, doch sein Verstand erkannte die Möglichkeit an. Entschlossen biss er die Zähne zusammen. Er würde nicht zulassen, dass Caitlin seine Gruppe noch mehr in Gefahr brachte, als sie es sowieso schon getan hatte. Wenn er herausfand, dass sie die Wandler verraten wollte, würde er sie daran hindern, egal wie sehr er sich auch danach sehnte, sie noch einmal in den Armen zu halten.
»Du bist so still. Woran denkst du?« Caitlins Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
Er wandte seinen Blick nicht von der Straße ab. »Ich bin immer noch nicht sicher, dass es eine gute Idee war, dich mitzunehmen.« Im Gegenteil.
»Da kommt man sich doch gleich richtig erwünscht vor.« Etwas klang in ihrer Stimme mit, das ihn berührte.
Gegen seinen Willen sah Torik zu ihr hinüber. Mit einem angespannten Zug um den Mund blickte sie aus dem Seitenfenster. Keine Spur mehr von der selbstbewussten Verführerin, die ihn hinter der Kühlschranktür hervorgelockt hatte. Mit einem stummen Seufzer gestand Torik sich ein, dass er es nicht schaffte, Caitlin auf Abstand zu halten, auch wenn das wahrscheinlich am sinnvollsten gewesen wäre.
»Das hier ist kein fröhlicher Ausflug, Caitlin, erst recht nicht, wenn es sein könnte, dass immer noch jemand hinter dir her ist. Es wäre mir lieber, ich wüsste, dass du irgendwo in Sicherheit bist, damit ich
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