Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
gedrängt hat.«
Einen Moment herrschte Stille. »Nein. Aber ich hatte zwei zusätzliche Männer die Straße aus größerer Entfernung beobachten lassen. Vielleicht haben sie eingegriffen.«
»Vielleicht? Wo sind sie jetzt?«
Lopez räusperte sich. »Sie haben sich nicht wieder gemeldet.«
»Wie viele Männer stehen Ihnen noch zur Verfügung?«
»Zwei. Ich kann aber auch mehr Männer aktivieren, wir müssten nur warten, bis sie … «
Lee unterbrach ihn. »Dafür habe ich keine Zeit. Die Reporterin liegt übrigens mit schweren Verletzungen im University Medical Center in Las Vegas.« Und ihr Begleiter, vermutlich ein Wandler, war verschwunden, aber das behielt Lee für sich.
»Dann fahre ich hin und … «
»Nicht nötig. Ich war bereits dort, aber ich habe mich dafür entschieden, mich lieber auf jemand anders zu konzentrieren. Die Reporterin läuft uns nicht weg – und selbst wenn, kann ich sie jederzeit wiederfinden. Etwas anderes ist jetzt wichtiger, und ich brauche dafür Ihre Unterstützung.« Wenn Lopez mit seinen Männern nicht gerade in der Nähe gewesen wäre, hätte er ihn nicht eingesetzt, denn bei der letzten Aufgabe hatten sie eindeutig versagt. Sollte es in Stammheimers Haus noch Informationen und Beweise gegeben haben, waren sie jetzt für ihn verloren. Aber Lee hatte keine Wahl, wenn er verhindern wollte, dass ihm sein Opfer diesmal wieder entkam.
»Natürlich. Wo sollen wir hinkommen?«
Lee nannte ihm die Adresse des Motels in einem Vorort von Las Vegas. »Ich möchte, dass Sie und Ihre Männer mindestens fünfhundert Meter Abstand halten, bis ich dort bin. Und enttäuschen Sie mich diesmal besser nicht!« Ohne auf eine Antwort zu warten, beendete er das Gespräch.
Nachdenklich tippte er mit dem Handy gegen sein Kinn. Es war offensichtlich, dass die Berglöwenwandler Hilfe bekommen hatten. Im Krankenhaus war ihm vor der Tür zum Zimmer der Reporterin klar geworden, dass sie beschützt wurde und er beinahe in eine Falle gelaufen wäre. Deshalb hatte er ihr Zimmer nicht betreten, sondern die Unruhe auf dem Gang genutzt, um ungesehen zu verschwinden. Jetzt zählte es, den Druck zu erhöhen und seinen Gegenspieler herauszulocken. Und zwar zu seinen eigenen Bedingungen. Hoffentlich behielt er diesmal die Oberhand, denn langsam gingen ihm die ständigen Misserfolge auf die Nerven. Er war es nicht gewohnt zu verlieren, und auf längere Sicht konnte er sich das auch nicht erlauben. Zu viel hing davon ab.
Er sah auf die Uhr und runzelte die Stirn. Eigentlich hätte Sanders sich inzwischen melden sollen, der der Autorin gefolgt war. Doch bisher hatte er keine Nachricht erhalten. Mit einem Schulterzucken verließ Lee die Hotellobby und stieg in seinen bereits vor der Tür wartenden Wagen. Normalerweise ließ er sich von einem Chauffeur fahren, aber diesmal zog er es vor, keinen Zeugen zu haben. Der Motor startete mit einem befriedigenden tiefen Grollen, und Lee lenkte die Limousine die luxuriöse Einfahrt des Hotels hinunter. Sein Herz klopfte schneller, und er wischte seine feuchten Finger an der Hose ab. Wenn alles gut ging, würde er in einigen Stunden ein Mittel in der Hand halten, um seinen Gegner zu vernichten.
26
Tenayas Bewusstsein schwamm langsam an die Oberfläche. Seine Augen blieben geschlossen, während er dem gleichmäßigen Klopfen seines Herzens lauschte. Die Erinnerung an die Geschehnisse kam in einer Lawine von Bildern zurück. Torik, der unerwartet vor ihm stand, einen hasserfüllten Ausdruck auf seinem Gesicht. Sein Versuch, seinem Sohn zu erklären, warum er damals gegangen war, und dessen wütende Flucht aus dem Haus. Caitlin, die versuchte, ihn aufzumuntern. Die Bedrohung durch den Fremden mit der Pistole. Schüsse, Torik in Berglöwenform, der sich auf den Verbrecher stürzte, sein eigener Versuch, ihn mit dem Stuhl abzulenken. Fast wie in Zeitlupe sah er wieder, wie das Messer in Caitlins Richtung schwenkte und er selbst sich, ohne nachzudenken, vor die Gefährtin seines Sohnes warf. Ein scharfer Schmerz, als die Klinge in seine Brust drang und er zu Boden stürzte. Caitlins besorgtes Gesicht über ihm und zuletzt Torik, der ihn beschwor durchzuhalten. Danach nur noch Schwärze.
Anscheinend lebte er noch, was beinahe eine Überraschung war, so schlecht wie er sich fühlte. Sein Brustkorb schmerzte, aber zumindest bekam er wieder Luft. Irgendetwas steckte in seinem Mund und blies in regelmäßigen Abständen Sauerstoff in seine Lunge. Sein Herz schlug schneller, als er
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