Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Caitlin sagte mir … sie wären Bekannte.«
Hazel wiegte den Kopf. »Dafür kamen sie mir sehr vertraut vor. Aber ich könnte mich auch täuschen. Torik scheut vor allem zurück, das Gefühle in ihm auslösen könnte.«
Tenaya zuckte schuldbewusst zusammen. Sie brauchte es nicht zu sagen, er wusste auch so, warum ihr Sohn keine Gefühle mehr zulassen wollte. Wenn er erst von seinem Vater und dann noch von seiner Gefährtin verlassen worden war, konnte er Toriks Verhalten absolut nachvollziehen. »Vielleicht ist es … besser, wenn er Caitlin nicht so nahe kommt. Sie ist Mensch und kann ihm nicht in die Wildnis folgen.«
Für eine Weile blickte Hazel ihn schweigend an. »Das kann sein. Als bekannte Autorin ist sie wahrscheinlich zu sehr an ihr Leben in der Zivilisation gebunden. Torik weiß das besser als jeder andere, und er wird wohl nicht zulassen, dass sie ihn verletzt. Aber ich wünschte, es wäre anders, und er könnte wieder glücklich sein.«
»Hazel.«
Unruhig bewegte sie sich auf dem Stuhl hin und her. »Was?«
»Ich weiß, dass nichts, was ich sage, die Vergangenheit … ungeschehen machen kann, aber ich möchte dir gerne erklären … warum ich nicht zurückgekommen bin.« Er konnte einfach nicht länger schweigen. Die Vergangenheit hing wie ein düsterer Abgrund zwischen ihnen und hinderte sie daran, ihr Leben fortzusetzen. Zumindest ihn, vielleicht hatte sich Hazel inzwischen ein neues Leben aufgebaut. Sosehr er ihr das wünschte, zog sich doch sein Magen bei dem Gedanken zusammen.
»Das brauchst du nicht. Es war offensichtlich, dass du nicht mehr im Lager und bei uns leben wolltest.« Hazel schien distanziert, doch er konnte den Schmerz in ihren Augen erkennen.
»Nein!« Seine Lunge zog sich zusammen, und er musste husten. Als der Anfall vorbei war, presste er eine Hand auf die schmerzende Wunde und bemühte sich, gleichmäßig zu atmen. »Ich habe euch mehr als alles andere geliebt. Wäre es nur um mich gegangen, hätte ich euch nie verlassen.« Hazels ungläubiger Blick tat ihm weh, aber er redete rasch weiter. »Du erinnerst dich an meine Eltern?«
Hazels Brauen schoben sich zusammen, Wut flammte in ihren Augen auf. »Natürlich. Ich hätte deinen Vater damals … «
Tenaya zuckte zusammen. »Nicht. Er war es nicht wert. Aber ich habe nie … verwunden, dass ich meine Mutter zurücklassen musste. Ich wusste, wie gewalttätig er war und dass er seine Wut … an ihr auslassen würde, wenn ich nicht mehr da war. Trotzdem bin ich mit dir gegangen. Ich wollte dich nicht verlieren und auch nicht … die Chance auf ein besseres, glücklicheres Leben.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Es hat mich innerlich zerrissen. Ich hatte eine Gefährtin und einen Sohn, die ich über alles liebte, aber das Schuldgefühl ist nie verschwunden. Im Gegenteil, mit den Jahren ist es immer stärker geworden. Ich begann mich zu fragen, womit ich dieses Leben überhaupt verdient hatte. Ich kam mir als einziger Mensch im Lager wie ein Außenstehender vor. Als würde mich die Gruppe nur dulden, weil du mich geliebt hast.«
Wütend setzte Hazel sich auf. »Das ist absoluter Unsinn! Jeder im Lager hat dich gemocht, und du hast die Gruppe bereichert.«
Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. »Das habe ich mir hinterher auch gesagt, aber zu der Zeit war es schon zu spät.«
»Du hättest jederzeit zurückkommen können.« Hazel sah zu Boden, ihre Schultern waren angespannt. Vermutlich hatte sie das nicht sagen wollen, aber ihm gab es ein wenig Hoffnung.
»Das konnte ich nicht, so gern ich es auch getan hätte. Ich wollte sehen, ob es meiner Mutter … gut ging, deshalb habe ich das Lager verlassen. Ich dachte, dass ich schnell wieder zurück sein würde.«
Hazels Kopf hob sich. »Was ist passiert?«
Tenaya atmete keuchend ein. Es fiel ihm schwer, Hazel zu gestehen, dass er nicht besser als Howi war – nein, sogar schlimmer, sein Vater hatte niemanden umgebracht. »Ich bin zum Haus meiner Eltern gegangen und habe gewartet, bis mein Vater weggefahren war. Meine Mutter war überrascht, mich zu sehen, aber auch glücklich.« Seine Stimme brach. »Sie sah schlimm aus, es war offensichtlich, dass Howi sie schlug. Bevor ich sie jedoch überzeugen konnte, mit mir zu kommen, kehrte mein Vater zurück. Ich habe es erst bemerkt, als er in die Küche stürmte und Mutter durch den Raum schleuderte. Sie stürzte über einen Stuhl und fiel zu Boden. Als ich ihr helfen
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