Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
Fenster gesunken und sie schien tief und fest zu schlafen. Der Gedanke, dass Lee sie hätte erwischen und töten können, zuckte durch sein Gehirn. Beinahe bevor er es bemerkte, hatte er sich bereits in Bewegung gesetzt.
Auch wenn er Dawn kaum kannte und sie ihm das Leben ziemlich schwer machen konnte, wollte er nicht, dass ihr etwas passierte. Sie hatte alles dafür getan, Isabel zu finden, und verdiente es nicht, dass er sie so hinterging. Aber er musste den Wandlern Recht geben: Die Polizistin würde nie ohne irgendeinen Beweis in das Gebäude eindringen und vor allem würde sie versuchen, ihn daran zu hindern, wenn sie ihn erwischte. Caruso schlich zum Wagen, der durch einige Büsche halb verdeckt war. Vorsichtig beugte er sich hinunter und blickte in das Innere. Dawns Gesicht erschien ihm viel zu blass, die dunklen Augenringe stachen hervor. Dagegen waren die vollen Lippen beinahe farblos. Ihre kurzen dunkelbraunen Haare standen zu allen Seiten ab und er wäre am liebsten mit den Fingern durch die Strähnen gefahren, um sie ein wenig zu glätten.
Von dem seltsamen Gedanken überrascht, konzentrierte sich Caruso ausschließlich darauf herauszufinden, ob sie wirklich nur schlief. Sein Blick richtete sich auf ihren Brustkorb, und es dauerte nicht lange, bis er erleichtert erkannte, dass sie atmete. Für einen Moment beobachtete er die leichten Bewegungen, bis er sich ganz sicher war. Unerwartet richtete Dawn sich auf und starrte ihn durch das Fenster an. Caruso wollte sich außer Sicht ducken, doch die Polizistin war schneller. Sie riss die Tür auf und brachte ihn damit aus dem Gleichgewicht. Mit einem Fluch stürzte er zu Boden, wo er schmerzhaft landete. Für einen Moment blieb ihm die Luft weg. Als er sich aufrichten wollte, stellte sie ihren Fuß auf seinen Bauch.
»Oh nein, Sie bleiben schön hier.« Sie beugte sich vor und blickte ihm direkt in die Augen. »Was machen Sie in der Nähe meines Wagens?«
Genervt versuchte Caruso sich aufzusetzen, doch ohne Gewalt anzuwenden, war das nicht möglich. Und noch immer schreckte er davor zurück, Dawn wehzutun. So entschied er sich für die Wahrheit. »Ich wollte nachsehen, ob Sie noch leben.«
»Wieso sollte ich das nicht tun?« Ihre Augen verengten sich. »Oder wollten Sie dafür sorgen, dass nichts schiefgeht?«
Verwirrt sah er sie an. »Was meinen Sie damit?« Es dauerte einen Moment, bis er verstand, wovon sie sprach. »Nein, natürlich nicht! Wie können Sie glauben, dass ich Ihnen etwas tun würde?«
»Damit ich Sie nicht daran hindere, bei nächster Gelegenheit das Gebäude zu stürmen.« Sie deutete hinter sich.
Caruso atmete tief durch, um sich wieder zu beruhigen und zuckte zusammen, als seine Rippen schmerzend protestierten. »Das kann ich auch tun, ohne Sie zu verletzen, wenn ich das will.«
»Sie haben nur Glück, dass ich hier keine Machtbefugnisse habe, sonst hätte ich Sie schon längst festgenommen.« Sie rieb über ihre Schläfe und blies hart den Atem aus. »Ich bin zu müde für diesen Mist. Also, was wollen Sie?«
Das wusste er selbst nicht recht. Aber seit Harken ihm erzählt hatte, dass Dawn noch hier war, ließ ihm das keine Ruhe. Er musste einfach sicherstellen, dass es ihr gut ging. Während die anderen sich ausruhten oder sich leise miteinander unterhielten, hatte er das seltsame Bedürfnis nach menschlicher Gesellschaft verspürt. Die Wandler behandelten ihn zwar freundlich genug, aber das Misstrauen ihm gegenüber war deutlich spürbar. Und er konnte es ihnen nicht verdenken, nachdem was Lee und auch Jennings ihnen angetan hatten. Wäre alles anders gekommen, wenn er seinen Freund irgendwie überzeugt hätte, die Berglöwenwandler in Ruhe zu lassen? Sicher wäre Gary dann noch am Leben und auch der Berglöwe und die Adler, die im Kampf umgekommen waren. Aber an der Bedrohung durch Lee hätte sich nichts geändert. Er hätte sich einfach jemand anderen gesucht, der die Drecksarbeit für ihn erledigte.
Trotzdem trafen ihn Keiras Vorwürfe, weil sie größtenteils der Wahrheit entsprachen. Er hätte sich für eine Seite entscheiden müssen. Als die Adler unerwartet angriffen, war er noch auf der Seite der Menschen gewesen, auch wenn er nicht gewollt hatte, dass sie wehrlose Tiere abschossen. Aber dann waren die Berglöwen eingetroffen und er war von ihren Gefühlen überrollt worden. Die Wut, das Leid und die Schmerzen der Wandler waren in seinem Kopf zu einem Sturm angewachsen, dem er nichts entgegenzusetzen hatte. Auf allen
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