Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
es ein schöner Tag wird, an dem wir uns an Mummy erinnern und von ihr Abschied nehmen.«
Ich hatte eine Todesanzeige in die Lokalzeitungen setzen lassen und las diese jetzt. Sie schwarzweiß gesetzt zu sehen machte Kates Tod real und endgültig und jagte mir einen Schauer durch Mark und Bein.
GREENE Kate. Eine liebevolle Frau und wunderbare Mutter. Du wirst uns auf unseren Abenteuern durchs Leben immer begleiten. Wir werden unsere beste Freundin und Seelengefährtin unglaublich vermissen. Bis ans Ende der Welt. Dein liebender Ehemann Singe und die Unendlichkeitselfen Reef und Finn.
Kate hatte die Jungs in Lappland Elfen genannt und hängte dann noch das Wort »Unendlichkeit« dran, wie sie das auch zu tun pflegte, wenn sie mich ihrer Liebe versicherte. »Unendlich bis ans Ende der Welt«, sagte sie. Das war nicht zu toppen, also erwiderte ich immer: »Unendlich bis ans Ende der Welt.« Jetzt hatten die Jungs ihren passenden Spitznamen »Unendlichkeitselfen«.
Am nächsten Tag begleitete Christine mich zum Beerdigungsinstitut, um einen Sarg auszusuchen. Ich wollte Kate nicht in eine harte Holzkiste legen, und als der Bestatter uns einen schönen Sarg aus Seegras zeigte, waren Christine und ich uns sofort einig: »Das ist Katie … den nehmen wir.« Er war wie ein Picknickkorb geflochten, und Kate liebte Picknicks. Allein das Wort »Seegras« war mir sympathisch. Mein Sternzeichen sind die Fische und das von Kate ist Widder. Ich stellte mir vor, dass Fisch und Widder See und Gras miteinander vereinten.
Kate und ich hatten nicht über die Einzelheiten ihrer Beerdigung gesprochen. Das war einfach zu morbid, außerdem sagte sie, sie vertraue darauf, dass ich schon wüsste, was sie gewollt hätte. Eine der wenigen Anweisungen, die sie mir dazu gab, stand auf der Liste: »Hätte gern Zeichnungen (irgendwelche aus der Schule etc.), Fotos von den Jungs und Kleidung bei mir, Weihnachtskarten, Geburtstagskarten.«
Eigentlich wollte ich Kate im Beerdigungsinstitut gar nicht sehen. Ich wollte mich an sie erinnern, wie sie sich beim Bungee-Springen die Seele aus dem Leib schrie, und nicht, wie sie kalt und still dalag, aber ich hatte das Gefühl, ihr meine letzte Ehre erweisen zu müssen, und wollte ihr ja auch die gewünschten Gegenstände bringen.
Im entscheidenden Augenblick unterzog ich mich wohl einer Art von Gehirnwäsche. Anschauen konnte ich sie kaum, denn was ich sah, war nicht meine Kate, nicht wirklich. Deshalb ist dieses Bild auch verschwommen, als wollte ich einfach nicht zulassen, das Gesehene in mich aufzunehmen. Es war eine Kate-Replik. Eine Kopie meiner Kate. Eine tote Kate, die ich nicht wiedererkannte, weil ich den Funken in ihren Augen nicht sah.
Als Termin für die Beerdigung im Worle Crematorium war der 2. Februar, ein Dienstag, vereinbart worden. Der Tag rückte näher, und meine Gedanken drehten sich nur noch um Reef und Finn. Sie mussten natürlich dabei sein, aber ich war sehr besorgt, wie sie damit zurechtkämen. Ich hielt es für die beste Strategie, sie auf ihre Weise damit klarkommen zu lassen, sie jedoch immer im Auge zu behalten. Also habe ich ihnen erlaubt, dabei zu sein, während ich alles regelte, damit sie schon ein wenig Bescheid wussten, was sie erwartete. Und ich habe ihnen erklärt, dass sie in ihren schicken neuen Kleidern bestimmt »abgefahren« aussähen.
»Können wir zu Mummys Beerdigung die von Blue Man haben?«, erkundigte sich Reef, als er mitbekommen hatte, dass ich mit dem Pfarrer über die Musik sprach.
»Natürlich können wir das. Das würde ihr gefallen. Eine tolle Idee!«
Finn klatschte begeistert in seine kleinen Hände. Wir hatten erst vor wenigen Wochen in Amerika eine Aufführung der Blue Man Group in den Universal Studios gesehen, und Kate und die Jungs waren von ihrer theatralischen Comedyshow verzaubert gewesen. Die Künstler sahen mit ihren blauen Händen und Gesichtern wie Aliens aus, und ich glaube nicht, dass ich die Jungs jemals so lange habe still sitzen sehen. Sie klebten mit ihren Augen förmlich an der Bühne. Kate lachte so herzhaft, dass ihr die Seiten wehtaten. Es war fantastisch, sie so zu erleben, und ich wollte sie lachend in Erinnerung behalten, nicht schweigsam und reglos.
Am Tag der Beerdigung wimmelte es nur so von Leuten im Krematorium. Wohin ich auch sah, überall entdeckte ich Freunde und Verwandte, darunter auch Rettungsschwimmer und Sanitäter, Eltern von der Schule, Kumpels von der Polizei, Kollegen aus den Freizeitzentren, alte
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